WEZ-Chef Karl Stefan Preuß im Interview

Herr Preuß, wie bewerten Sie als Unternehmer die Corona-Lage? Die aktuelle Situation ist beherrschbar, sie ist aber weiterhin sehr ernst zu nehmen. Durch unser Gesundheitsmanagement konnten wir bislang Infektionen am Arbeitsplatz ausschließen, und es haben sich unserer Kenntnis nach auch keine Kunden in den Märkten infiziert. Zuletzt wurden aber vermehrt Beschäftigte als Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt. Unsere betriebsinterne Kontaktverfolgung ist aber auch auf den Umgang mit Mitarbeiterinfektionen vorbereitet. Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den täglich rund 50 000 Kunden. Wir unternehmen alles, um für bestmögliche Sicherheit in unseren Märkten zu sorgen, insbesondere mit der Umsetzung von Abstandswahrung, Maskenpflicht und Reinlichkeit. • Neuer WEZ-Markt in Stadthagen soll Ende November eröffnen • Darum sind am WEZ-Neubau in Stadthagen mehr Bäume als geplant gefällt worden Mussten Sie zum zweiten Lockdown Ihr Hygienekonzept noch einmal anpassen? Wir haben uns bereits im Februar mit dem Thema befasst, einen Krisenstab eingerichtet, Hygienekonzepte erarbeitet und frühzeitig Maßnahmen umgesetzt. Das hat alles nach wie vor Gültigkeit. Wie läuft aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit mit den Behörden? Die funktioniert gut. Ich bin auch zufrieden mit den Entscheidungen, die die Politik bislang getroffen hat. Als Unternehmer muss man professionell mit so einer Situation umgehen. Der Lebensmitteleinzelhandel ist in die Corona-Krise involviert, es gibt Licht und Schatten. Man muss aber klar sagen, dass es andere Branchen wie die Gastronomie oder die Kultur viel stärker trifft als uns. Ich bin insgesamt froh, dass ich in dieser Krise als Unternehmer in Deutschland und in keinem anderen Land tätig bin. Wie hat sich der WEZ-Umsatz in der Krise entwickelt? Wir verzeichnen eine durchschnittliche Umsatzsteigerung im hohen einstelligen Bereich, das ist natürlich erfreulich. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele zusätzliche Aufgaben und Auflagen, die erhebliche Kosten mit sich bringen. Wir haben in den vergangenen Monaten allein in das Sicherheitskonzept und die Hygieneausstattung unserer Märkte einen siebenstelligen Betrag investiert. Die wirtschaftliche Auswirkung aller Faktoren wird erst am Ende des Geschäftsjahres zu bewerten sein, aber hier geht Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit. Hat sich das Einkaufsverhalten der Kunden verändert? Ja, es ist ein deutlicher Wandel zu erkennen. Die Kunden kaufen seltener ein, dafür sind es dann aber größere Einkäufe. Der durchschnittliche Kassenbon ist um etwa 20 Prozent höher als vor der Corona-Krise. Wir vermuten, dass die Kunden nun vorbereiteter und zielstrebiger einkaufen, denn eigentlich lädt das Tragen einer Maske ja nicht zum Verweilen in einem Supermarkt ein. Haben sich auch die Stoßzeiten in den Märkten verändert? Freitag und Samstag sind nach wie vor die umsatzstärksten Tage. Es ist aber zu erkennen, dass bei den langen Öffnungszeiten von 7 bis 22 Uhr an sechs Tagen in der Woche Kunden vermehrt frühmorgens oder auch später am Abend einkaufen gehen, um womöglich einem großen Kundenandrang aus dem Weg zu gehen. Das ist für uns eigentlich kein Problem. Aber? Es macht die ohnehin schon komplexe Personalbesetzung noch etwas aufwendiger – wenn wir beispielsweise aktuell morgens zwei Mitarbeitende im Kassenbereich benötigen statt früher nur eine Person. Wir müssen aufgrund der wöchentlichen Betriebszeit von 100 Stunden jede Position mit bis zu drei Mitarbeitern besetzen, kriegen das aber gut hin, da wir auch technisch bei der Personaleinsatzplanung gut aufgestellt sind. Mit welchen Gefühlen blicken Sie als Unternehmer auf die Weihnachtszeit? Das wird in diesem Jahr eine besondere Herausforderung, da Heiligabend auf einen Donnerstag fällt, die Geschäfte anschließend drei Tage geschlossen sind und sich die Kunden mit Lebensmitteln eindecken werden. Das wird ein personeller Kraftakt, zumal wir ja immer die Corona-Beschränkungen im Auge behalten und kontrollieren müssen. Werden Sie an den Eingängen wie bereits im Frühjahr wieder Sicherheitspersonal aufstellen? Ja, das ist für die nächsten Wochen und speziell für die Zeit vor Weihnachten geplant, damit wir gewährleisten können, dass die Zugangsbeschränkungen eingehalten werden. Wir testen in Hausberge außerdem gerade eine digitale Kundenerfassung – dort zeigt eine Ampel am Eingang an, wie stark der Markt ausgelastet ist. Auch an anderen Standorten möchten wir solche Ampeln schnellstmöglich installieren. Und Sie nutzen ja noch andere Möglichkeiten. Das stimmt. Es gibt die Vorgabe, dass jeder Kunde den Markt nur mit einem Einkaufswagen betreten darf. Zwischenzeitlich gab es auch die Anweisung, dass wirklich nur ein Kunde pro Einkaufswagen Zutritt bekam – das könnte auch in Zukunft wieder so sein. Wir appellieren bereits jetzt wieder an die Menschen, den Einkauf möglichst ohne Begleitung zu erledigen. Wie gehen die Kunden mit den Einschränkungen und Regeln um? Gibt es Verstöße und Ärger? Der Großteil hat Vertrauen in unser Sicherheitskonzept, ist einsichtig und akzeptiert die Regeln. Ausnahmen gibt es immer. Letztens betrat ein Kunde den Markt an der Ringstraße in Minden ohne Maske und wollte einfach nur seine Vorstellung von Freiheitsrecht demonstrieren – in diesem Fall haben wir die Polizei gerufen und ihm Hausverbot erteilt. Laut Aussage des Marktleiters gibt es im Schnitt ein bis drei Fälle am Tag, in denen das Personal einschreiten muss. Das ist für die Mitarbeiter immer eine schwierige Situation, da braucht es Fingerspitzengefühl, um die richtige Entscheidung zu treffen. Es gibt begründete Einzelfälle, in denen ein Kunde ohne Maske einkaufen darf. Wir können diese Kunden von reinen „Ärgermachern“ aber ganz gut unterscheiden. Wie gut zieht das Mitarbeiter-Team mit? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen auf der Verkaufsfläche und im Kundenkontakt ausnahmslos einen Mund-Nase-Schutz. Das ist zwar eine zusätzliche Belastung, die Mitarbeiter unterschiedlich empfinden, aber es ist zumutbar und erforderlich. Ich bin froh und dankbar, dass die Kolleginnen und Kollegen unsere Erwartungen und Vorschriften verlässlich umsetzen. Befürchten Sie bald weitere „Hamsterkäufe“? Es gab zuletzt wieder eine verstärkte Nachfrage nach bestimmten Produkten, beispielsweise Toilettenpapier. Das ist aber mit dem Ansturm im ersten Lockdown nicht zu vergleichen – und das bleibt auch hoffentlich so. Ich kann nur sagen: Die Warenversorgung ist sichergestellt! Können Sie als Chef eigentlich nach Feierabend abschalten? Da ich mein Leben vollständig auf meine Arbeit und meine Familie konzentriere, gelingt mir das an den kurzen Abenden und am Sonntag dennoch. Unternehmerische und gesellschaftliche Verantwortung muss man genießen können – und das kann ich. Die Karl Preuß GmbH & Co ist größter selbstständiger Einzelhändler der Edeka Minden Hannover und einer der größten Einzelhändler der nationalen Edeka-Gruppe. Interview: mt