Nenndorf: Geflüchteter hat keine Chance auf Bewährung

Ist der Angeklagte psychisch krank? Hat er ein Drogenproblem? Oder liegt hinter dem Afghanen eine Flucht mit traumatischen Erlebnissen? „Das wird nicht ganz deutlich“, sagt ein Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe. Fest steht für den Mann vom Jugendamt jedoch dies: „Der Angeklagte hat Probleme, sich in der Gesellschaft zu integrieren. Ich sehe keine Möglichkeit für Bewährung. Alle pädagogischen Mittel sind ausgeschöpft.“ Auch die Jugendanstalt, wo der 20-Jährige zurzeit einsitzt, stellt ihm kein gutes Zeugnis aus. Gegenüber den Bediensteten, so heißt es, trete der Gefangene provozierend auf, es gebe „häufig Konflikte“. Hin und wieder wirft er Kotbeutel aus dem Fenster. Ein Jahr ohne Bewährung: Angeklagter zieht Rechtsmittel zurück: In einem Berufungsverfahren vor dem Landgericht in Bückeburg hat der Angeklagte jetzt sein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Jugendschöffengerichtes Stadthagen zurückgezogen, das ihn im Januar zu einem Jahr Jugendstrafe ohne Bewährung verurteilt hatte. Zuvor hatten die Berufungsrichter signalisiert, dass die Sozialprognose ungünstig sei, die Chance auf Bewährung deshalb gering. Auf das Konto des 20-Jährigen gehen Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung sowie eine Reihe von Einbrüchen und Fahrraddiebstählen, begangen zum großen Teil in Bad Nenndorf und Haste. Der Angeklagte braucht eine intensive Betreuung oder Begleitung – vielleicht auch psychiatrisch oder zumindest psychologisch. Peter Rohde , Vorsitzender der 1. Großen Jugendkammer am Landgericht Bückeburg Das Problem ist jetzt nur verschoben, denn im Oktober kommt der Heranwachsende, der als „einfach strukturiert“ gilt und schon zweimal in der Psychiatrie war, auf freien Fuß. „Diese zwei Monate sollten genutzt werden, um therapeutisch etwas anzuleiern“, schlägt Richter Peter Rohde vor, Vorsitzender der 1. Großen Jugendkammer am Landgericht. Rohde ist überzeugt: „Der Angeklagte braucht eine intensive Betreuung oder Begleitung – vielleicht auch psychiatrisch oder zumindest psychologisch.“ Der Betreuer des jungen Mannes will sich darum kümmern. Langes Straftatenregister - weitere Taten nur eine Frage der Zeit? Weitere Straftaten könnten sonst nur eine Frage der Zeit sein – Taten wie diese: Vier Mal innerhalb von zwei Monaten war der Heranwachsende im Sommer 2019 in einen Imbiss an der Nenndorfer Bahnhofstraße eingebrochen. Die Beute: 50 Euro in bar, 25 Getränkedosen, eine Überwachungskamera. Zweimal verschwand er ohne Beute, weil der Betreiber die Taten beobachtet beziehungsweise gefilmt hatte. Auf frischer Tat ertappt: Polizei nimmt Wiederholungstäter in Haste fest Drei Einbrüche in zwei Wochen in Nenndorfer Imbiss - Besitzer stellt Täter selbst Am Bahnhof in Haste versuchte der Flüchtling im Oktober 2019, ein 1500 Euro teures Fahrrad zu stehlen, scheiterte aber an dem massiven Schloss. Am Bahnhof in Stadthagen hatte er im August 2018 zwei Fahrräder mitgehen lassen. In einer Stadthäger Wohngruppe, die er wegen seines aggressiven Verhaltens verlassen sollte, war der Asylbewerber im Mai 2018 einem Sozialarbeiter an die Gurgel gegangen und hatte das Opfer gegen die Wand gedrückt. Trotz Hausverbots tauchte er später noch einmal vor dem Gebäude auf und machte eine Geste, als wolle er jemandem den Hals durchschneiden. Unklarheit über das Alter : Unklar bleibt, ob für den Afghanen überhaupt Jugendgerichte zuständig sind. Er selbst gibt sein Alter mit 20 an. Kai Oliver Stumpe, Amtsrichter in Stadthagen, hält den Flüchtling jedoch für „deutlich älter“. Ab 21 Jahren werden Angeklagte juristisch als Erwachsene eingestuft. ly

Nenndorf: Geflüchteter hat keine Chance auf Bewährung - intensive Betreuung nötig