Nenndorf/Rodenberg: Weniger Einbrüche und häusliche Gewalt angezeigt

Dass derzeit weniger Einbrüche in Wohnungen und Geschäfte verübt werden, ist nicht weiter verwunderlich. Denn die Menschen sind mehr zuhause als sonst, außerdem bleiben Läden geschlossen und deren Kassen daher leer. Zahlen kann Jürgen Henze, Sprecher des Nenndorfer Kommissariats, nicht nennen. Aber auf jeden Fall sei der Rückgang der Taten überdurchschnittlich stark. Und das in zwei Kommunen, in denen mehrere Orte wegen ihrer Nähe zur Autobahn als lukrative Ziele von Einbrecherbanden gelten. Allerdings schränkt Henze ein, dass selbst geschlossene Geschäfte noch von Tätern heimgesucht werden könnten. Beispielsweise Boutiquen, deren Ware später im Internet verkauft würde. Dennoch sei es in Nenndorf und Rodenberg derzeit auffällig ruhig. Nur vereinzelt werden der Polizei Einbrüche oder Einbruchsversuche gemeldet. Bäckertüten sollen für weniger Gewalt werben: Auch Delikte wie Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung nehmen die Ordnungshüter aktuell zumindest „gefühlt“ seltener zu Protokoll. Und was überraschend klingt: Häusliche Gewalt wird momentan seltener angezeigt. Henze jedoch glaubt nicht, dass die durch den Lockdown erzwungene Nähe in den eigenen vier Wänden, zu mehr familiärer Harmonie geführt hat. Eher das Gegenteil sei zu erwarten gewesen. Daher will Henze eine Aktion starten, die der Prävention dienen soll. Wenn alles klappt, werden Bäckereien bald mit Brötchentüten beliefert, die den Aufdruck „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ nebst Telefonnummern von Beratungsstellen und Polizei tragen. Dies soll Opfer ermutigen, sich dort zu melden. Lesen Sie auch: Weniger häusliche Gewalt trotz Lockdown? Beratungsstellen skeptisch Hilfe nur schwer zu holen : Einen tatsächlichen Rückgang häuslicher Gewalt hält auch Awo-Kreisgeschäftsführerin Heidemarie Hanauske für eine trügerische Annahme. Zwar sei die Nachfrage bei der Beratungs- und Interventionsstelle (BISS) eher unauffällig und weise dieselben Wellenbewegungen auf wie in anderen Jahren. Es sei aber eher zu vermuten, dass viele Frauen kaum eine Chance haben, Hilfe zu holen, weil deren Männer Corona-bedingt ständig zuhause sind. Wie Henze geht auch Hanauske als Folge des Lockdowns nicht von einem zunehmenden Frieden in den betroffenen Familien aus. Speziell Mütter seien eher überlastet, weil sie zusätzlich mit dem Homeschooling zu kämpfen haben. Das schlechte Wetter ermutige auch nicht gerade zu Aufenthalten im Freien, was die Frustration steigere. Dies komme gegenüber dem ersten Lockdown erschwerend hinzu. Weiterhin viel Betrug: In manchen Bereichen hat die Polizei aber auch mehr oder gleichbleibend viel zu tun. Unverändert hoch ist das Aufkommen an Betrugsfällen – besonders im Internet. Hinzu kommen die Kontrollen der Corona-Beschränkungen. Die registrierten Verstöße sind Henze zufolge aber nicht sonderlich zahlreich. In den vergangenen drei Wochen kam es ungewöhnlich häufig zu Alkohol- und Drogendelikten im Straßenverkehr. Ob eine echte Tendenz vorliegt und ein Zusammenhang mit der Pandemie besteht, mochte Henze indes nicht abschätzen. von Guido Scholl