Sülbecker Krug ringt mit Folgen der Pandemie: Abhol-Service als Trostpflaster

Das Prime Beef Entrecote (300 Gramm) aus Neuseeland? Oder das Tomahawk Steak aus Irland, also 1,2 Kilo gegen den großen Hunger? Oder vielleicht doch einen Klassiker: Wiener Schnitzel vom Kalb? Die Karte, die der Sülbecker Krug komponiert hat, liest sich eigentlich wie immer. Wer neuseeländisch, irisch oder österreichisch essen wollte, konnte (und kann) sich dazu allerdings nicht gemütlich in das Restaurant setzen. Statt dessen: Anfahrt, Übernahme des Essens, Bezahlung, Abfahrt, höchstens für einen Schnack mit den Wirtsleuten mag noch Zeit sein. Einnahme-Lücke hat sich angedeutet: Die Corona-Krise rüttelt den Sülbecker Krug derzeit mächtig durch, so wie alle anderen gastronomischen Betriebe. Auch der Abhol-Service ändert an der Feststellung nichts: Im Prinzip ist die Branche zum Erliegen gekommen. Das gilt auch für die gehobene Küche, wie sie der Sülbecker Krug pflegt. Was Inhaberin Astrid Lustfeld-Nordmeyer und ihre Berufskollegen besonders plagt, ist die Ungewissheit: Wann normalisiert sich das Geschäft? Welche wirtschaftlichen Spätfolgen wird das Virus Sars-CoV-2 auslösen? „Die Wiener Schnitzel, die jetzt nicht gegessen werden, werden im Sommer oder Herbst sicher nicht zusätzlich gegessen“, sagt die Gastronomin. Trotz Existenzängsten: Ratskeller Rodenberg backt für Bedürftige Die Einnahme-Lücke hatte sich schon in der Woche angedeutet, die der allgemeinen Schließung nahezu jedweder Gastronomie vorausging. „Erlaubt war der Betrieb zwischen 6 und 18 Uhr“, rekapituliert die Sülbecker-Krug-Chefin, „schon das half uns nicht, weil so etwas wie Mittagstisch bei uns auf dem Land kaum eine Rolle spielt.“ Kontakt zu Kunden soll nicht abreißen: Dann verfügte die Landesregierung die Schließung der Gastronomie, mit dem Außer-Haus-Verkauf als Mini-Schlupfloch. „Der Take-Away-Service ist vor allem wichtig, um den Kontakt zu den Kunden nicht abreißen zu lassen“, sagt die Sülbeckerin. Fast alle Stammgäste bestellten sich was für zu Hause, auch um den Gastronomen Mut zu machen. „Wirtschaftlich gesehen ist das Außer-Haus-Geschäft nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.“ Dies gilt nicht nur für den Sülbecker Krug, sondern für alle Betriebe. Kurzarbeit als Lösung? Lustfeld-Nordmeyer könnte sich vorstellen, dass das Coronavirus noch tiefere Löcher in die Kassen der Restaurants reißt, als das die Finanzkrise von 2008 hinbekommen hat. Seinerzeit hatte sie den Krug gerade zusammen mit ihrem Mann übernommen, der auch heute als Chefkoch die Küche führt. Beispiel: Alle Messen in Hannover, die Häusern wie dem Sülbecker Krug Übernachtungs- und Restaurantgäste bringen, sind für dieses Jahr abgesagt oder verschoben. Erntehelfer aus Osteuropa sind da – aber es sind weniger als erwartet Der Betrieb behilft sich mit Kurzarbeit für einen Teil des Personals, um die Lücke zu überbrücken. Ansonsten gilt: Es wird beträchtlicher Anstrengungen in der langfristige Finanzplanung bedürfen, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern, die Corona mit sich bringt. Auch dieses Problem plagt den Sülbecker Krug nicht exklusiv. von Arne Boecker Der Sülbecker Krug ist ein Haus mit Geschichte und voller Geschichten. Erstmals erwähnt wurde er 1635. Damals fungierte er als Ausspann für Postkutschen, die über den Helweg ratterten. Aus jener Zeit stammen auch die ersten Zeugnisse über die Schankgenehmigung für den Sülbecker Krug. Es ist natürlich nicht mehr als ein schlimmer Zufall, aber vor genau 75 Jahren, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, war die Existenz des Krugs schon einmal bedroht. Am 5. April 1945 um 12 Uhr mittags legten britische Jagdflieger das Gebäude in Schutt und Asche. „Das war ein Fachwerkhaus, daneben stand damals der Saal, wo heute der Krug ist“, sagt Astrid Lustfeld-Nordmeyer. Im Holzfußboden des Restaurants wurden Teile des zerbombten Fachwerks von nebenan verbaut. Astrid Lustfeld-Nordmeyers Vater Gerd, im April 1945 fünf Jahre alt, und seine siebenjährige Schwester Helga überlebte das Inferno, weil die Großmutter sie kurz vor der tödlichen Attacke zum Bäcker Sandvoss schickte. Sülbecker schnappten die beiden Kinder und brachten sie in den Bunker, der in der Kirschenallee stand. Der Volltreffer auf den Sülbecker Krug war kein Zufall. In Nienstädt waren Flugabwehrkanonen stationiert, untergebracht waren die Soldaten im Krug. Um 5 Uhr an jenem Apriltag 1945 hatten sie begonnen, Gräben zu ziehen. Das bemerkten britische Flieger, die an diesem Tag eigentlich die Weserbrücken bei Minden zerstören sollten. Die 33 Toten, die der Luftangriff forderte, liegen auf dem Sülbecker Friedhof. Die alphabetische Liste reicht von dem Gefreiten Gerhard Engelbertz, der 39 Jahre alt wurde, bis zum Feldwebel Fritz Zschille, der mit 38 Jahren starb. ab

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