Wie die Deutsche Glasfaser Gemeinden vertraglich an sich bindet

Dieser Zeitung liegt einer der Verträge vor, die die Deutsche Glasfaser mit den Gemeinden Hespe, Helpsen, Nienstädt und Seggebruch abschließen wollen, die allesamt zur Samtgemeinde Nienstädt zählen. Voraussetzung: Die Deutsche Glasfaser GmbH (DG) ködert genug Kunden. Beispiel Seggebruch: Vertragspartner wären ausweislich des zehnseitigen Vertrags die Deutsche Glasfaser Wholesale GmbH (mit Sitz im westfälischen Borken), für die Gemeinde soll Bürgermeister Jörn Wittkugel das Dokument unterschrieben (Hespe: Bürgermeister Uwe Grone, Helpsen: Bürgermeister Manfred Kesselring, Nienstädt: Bürgermeister Gerhard Widdel, alle SPD). Dämpfer für Deutsche Glasfaser: Unternehmen darf DSL-Ausbaugebiete nicht versorgen Der Geschäftszweck besteht darin, „Glasfaserinfrastruktur in der Ausbauvariante ‚Fibre to the home‘ (Ftth) [...] auszubauen und zu betreiben“. Der Fachbegriff „Fibre to the home“ enthält den Clou des DG-Angebots: Das Unternehmen knüpft ein Glasfaser-Netz, das bis in die Häuser reicht. Die Telekom hingegen hat 2018 und 2019 zwar ihr Netz auch auf Glasfaser umgestellt, aber nur „Fiber to the curb“ (Fttc). Das bedeutet: Die schnelle Glasfaser liegt bis zum Verteilerkasten („curb“), die „letzte Meile“ bis zu den Häusern besteht jedoch aus Kupferleitungen, die das Netz langsamer und anfälliger machen. So schafft die Telekom im besten Fall ein Viertel jener Geschwindigkeit zum Übertragen von Daten, die die Konkurrenz anbietet. Die DG garantiert nämlich ein Gigabyte, also 1000 Megabyte. Die Deutsche Glasfaser hat von der Bundesnetzagentur das „Wegerecht“ für Deutschland übertragen bekommen. Sie darf also auf „öffentlichen Verkehrswegen Glasfaserleitungen und Leerrohrsysteme“ verlegen. „Konkreten Einzelmaßnahmen“ müssen die Kommunen als „Wegebaulastträger“ zustimmen, deswegen die Verträge. Sie laufen über 30 Jahre. Die jeweiligen Ausbaugebiete sind den Verträgen als Anlagen beigefügt. „Die Entscheidung zum Umfang des Ausbaus liegt allein bei der Deutsche Glasfaser“, heißt es auf Seite 3. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Vermarktungsphase („Nachfragebündelung“), die derzeit in den Samtgemeinden Nienstädt, Sachsenhagen und Nenndorf läuft (siehe Kasten). Deutsche Glasfaser darf ihr Gigabyte-fähiges Netz an Dritte vermieten und verkaufen: Besonderen Wert legt die Deutsche Glasfaser darauf, dass die Kommune ihr eine Fläche verkauft oder verpachtet, auf der sie einen „Point of presence“ (Pop) errichten kann; gemeint ist eine 15 Quadratmeter große Technikzentrale. Dies sei eine „unbedingte Voraussetzung für den geplanten Ausbau“, heißt es auf Seite 4. Betrieben wird der „Pop“ von der Deutsche Glasfaser Asset I GmbH. Den Gemeinden fließt ein Pachtzins zu. Die Deutsche Glasfaser darf ihr Gigabyte-fähiges Netz an Dritte vermieten, sogar auch verkaufen – so bestimmt es der Vertrag mit den Kommunen. Dieser „Dritte“ soll „in alle Rechte und Pflichten...aus diesem Vertrag eintreten“ können. Die DG selbst darf ihn „jederzeit außerordentlich ....] kündigen, wenn erschwerte Trassenbedingungen zu erheblich höheren Erschließungskosten führen, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt waren“. Zwei Wochen nachdem die Leitungen verbuddelt sind, beraumen die Deutsche Glasfaser, deren Generalunternehmer und die Kommune „eine gemeinsame Begehung“ an. Sollten sich die Vertragspartner nicht einig werden, ob die Arbeiten ordentlich ausgeführt worden sind, wird ein Gutachter hinzugezogen. von Arne Boecker Die Deutsche Glasfaser (DG) dringt mit ihrer Gigabyte-Offerte in eine Nische des Marktes, die die Telekom eröffnet hat. 2018 und 2019 hatte das Unternehmen sein Netz von Kupfer auf Glasfaser beschleunigt („Vectoring“). Das letzte Stück zwischen Verteilerkasten und Haus ist allerdings weiter aus Kupfer (siehe Bericht). Während die DG die Modernisierung des Netzes allein stemmt, hatte die Telekom für den Kraftakt staatliche Zuschüsse bekommen. Sie ist zwar seit Jahren an der Börse notiert, der Bund hält direkt oder indirekt (über die Kreditanstalt für Wiederaufbau) aber 32 Prozent an dem Unternehmen. Das Telekom-„Vectoring“ war seinerzeit in Kooperation mit Landkreis und Kommunen gelaufen. Die Förderung bekam man, weil eine „Abfrage bei den etablierten Netzbetreibern, ob diese in den nächsten drei Jahren einen Eigenausbau durchführen“ würden, ergebnislos geblieben war - so erklärt Landrat Jörg Farr die Ausgangslage. „Zusammen mit den Kommunen“, so Farr, habe man sich „aufgrund der Kosteneffizienz“ für das Telekom-Modell entschieden, das die Glasfaserifizierung bis zum Verteilerkasten vorsieht. „Diese Methode spart Zeit und Geld“, sagt Farr. Sie sei außerdem „für die meisten Privathaushalte, aber auch für das Gewerbe für die nächsten zehn Jahre sicher ausreichend“. „Letztlich“ müssten allerdings alle Gebäude mit einem Glasfaseranschluss versorgt werden, ergänzt Farr. Für die Kommunen sei es „nicht unbedingt von Nachteil“, dass ein Unternehmen jetzt in diese Richtung gehe, sagt Farr (gemeint ist die Deutsche Glasfaser). Man habe sich im Landkreis Schaumburg seinerzeit aber auch deswegen „auf den schrittweisen Breitbandausbau verständigt,“ weil nicht abzusehen gewesen sei, „wie sich Markt und Technik entwickeln“. ab Weil die Wege über Land weit sein können, ist der Ausbau des Breitbandnetzes außerhalb der Metropolen eine heikle Sache. Um die Wirtschaftlichkeit zu sichern, arbeitet die Deutsche Glasfaser mit „Nachfragebündelungen“. Das heißt: Wenn in einem Gebiet 40 Prozent der Hauhalte ihr Angebot nutzen, baut die DG aus. Unterhalb dieser Marke zieht sie sich zurück. Nachfragebündelungen laufen aktuell in der Samtgemeinde Sachsenhagen (bis zum heutigen Samstag) und in der Samtgemeinde Nienstädt (bis zum 3. Oktober). Der Stand der Dinge nach Angaben der DG: Auhagen: 37 Prozent; Sachsenhagen: 36 Prozent; Wölpinghausen: 36 Prozent; Hagenburg: 35 Prozent; Helpsen: 31 Prozent; Hespe: 31 Prozent; Seggebruch: 26 Prozent; Nienstädt: 25 Prozent.