SN-Serie „Türen im Advent“: Ehemaliges Polizeigebäude in Obernkirchen soll Platz für Kunst und Kultur werden

Seit bald knapp vier Jahren ist kein Notruf mehr bei der ehemaligen Polizeistation in der Rathenaustraße 11 eingegangen. Logisch, denn eben solange steht der typische Behördenbau aus der wilhelminischen Zeit im Stil des Historismus leer. Die Ordnungshüter sind längst an den Marktplatz gezogen. Nun ja, gänzlich leer steht die alte Polizeistation dann doch nicht. Darjush Davar, Kurator und Musiker, hat die Räumlichkeiten angemietet, Eigentümer ist die Wehmeyer Wohnbau GmbH. Was Davar plant? Einen kreativen Raum für Kultur und Musik – mit einem juristischen Anstrich. Früher wurden dort Straffälle verhandelt Denn bevor die Polizei in der Rathenaustraße saß, wurden dort Kriminalfälle verhandelt. Das Amtsgericht der Bergstadt hatte seit dem Erbauungsjahr 1911 seinen Sitz in genau jenem Gebäude und war damals auch für das Auetal zuständig. Die Geschichte des Gerichts in der Bergstadt endete jedoch schon 1974 – im Zuge der Gebietsreform wurden die Gerichtsbezirke Bückeburg und Obernkirchen zum heute noch existierenden Amtsgericht in der Fürstentadt zusammengelegt. Noch heute zeugt der Gerichtssaal im Obergeschoss von der juristischen Vergangenheit des Gebäudes. Steigt man die Treppenstufen des sich im Originalzustand befindenden Treppenhauses hinauf, fallen die verzierten Holztüren direkt auf. Gleich zwei dieser Türen führen in den Saal: eine für das Publikum, eine für den Angeklagten. Eine dritte Tür, direkt hinter dem Richterstuhl, führt in das Richterzimmer. Hier beriet er sich, hier fielen die Entscheidungen. Auch die Wände, die Decke, die Lampen und die „Absperrung“ des richterlichen Bereichs samt Tür deuten die ehemalige Nutzung des Raumes an. Dazu kommt eine Zelle, die dem Saal direkt gegenüber liegt – durch ein Guckloch hatten die Beamten die Angeklagten immer im Blick. Ausstellungen und Lesungen möglich Darjush Davar möchte dem alten Gebäude gemeinsam mit seiner Frau Gudrun-Sophie Frommhage-Davar wieder Leben einhauchen. Sie hat ihr Atelier im Erdgeschoss, er spielt oben Schlagzeug. Sobald es die Corona-Beschränkungen irgendwann zulassen, hat Davar Pläne: „Hier kann musiziert werden, auch Lesungen sind denkbar“, sagt er, während er sich im Gerichtssaal umsieht. Die Räumlichkeiten seien perfekt, auch Ausstellungen hält Davar für möglich. Es scheint so, als würde die Rathenaustraße 11 aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen. Die Vergangenheit des Gebäudes möchte Davar dabei nicht vergessen, sondern sie in seine Vorstellungen einweben. Übrigens: so ganz ist der juristische Geist noch nicht aus dem alten Gemäuer gewichen. Vor knapp einem Monat erhielt Davar in der Rathenaustraße fälschlicherweise Post – von der Staatsanwaltschaft Braunschweig. von Malick Volkmann • Tür 1: Sicher aufgehoben: Das sind die Gewahrsamszellen der Polizei in Stadthagen • Tür 2: Das ist das Heeßer Bahnwärterhäuschen mit Steuertechnik von 1961 • Tür 3: Museumslandschaft gibt Einblicke auf Dachböden von Museum und Mühle • Tür 4: In Rinteln steht ein Archivhäuschen voller Geheimnisse • Tür 5: Der Blick in die Integrierte Regionalleitstelle Schaumburg/Nienburg • Tür 7: Altes Polizeigebäude soll Platz für Kunst und Kultur werden • Tür 8: Diese Türen in der Kirche in Sachsenhagen öffnen sich nur alle 30 Jahre • Tür 9: Internationales Hubschrauberausbildungszentrum in Bückeburg: Wo Soldaten (und andere) das Fliegen lernen • Tür 10: Für ein volles WEZ-Lager sorgen Menschen, Maschinen und mobile Datenerfassung • Tür 11: Mit der Geldbombe zur Sparkasse: Ein Blick in den Panzerschrank • Tür 12: Das Rätsel des vergessenen Kellers unter dem ehemaligen Bahnhof Wiedensahl • Tür 13: Wasserwerk in Obernkirchen: Hier entsteht das Trinkwasser der Bergstadt • Tür 14: Der Sprecher-Turm des SV Nienstädt 09: Wo sich dänische Nationalspieler Bier besorgten