Tourismus und Corona: So geht es Obernkirchens Reisebüro

Wer denkt denn gerade an Urlaub? Diese Frage dürfte Ulrike da Costa Neto aktuell wohl häufiger hören. Da Costa Neto betreibt Obernkirchens einziges Reisebüro, „Cleopatras-Traum-Reisen“ in der Langen Straße. Doch aufgrund der Corona-Pandemie ist in diesen Zeiten wenig wie zuvor. Die meisten Reisen wurden abgesagt oder wegen Beschränkungen storniert. „Die Zahl der Buchungen ist um rund 90 Prozent eingebrochen“, sagt da Costa Neto, die ihr Geschäft wegen des Lockdowns – wie bis auf wenige Ausnahmen alle Einzelhändler – geschlossen hat. Dennoch buchen Menschen Reisen – und setzen vor allem auf den Sommer. Lesen Sie auch: Bestatter Nerge in Vehlen: „Wir haben mehr Covid-Tote befürchtet“ Da Costa Neto bekommt immer wieder Anfragen: „Ich halte niemanden ab, der unbedingt fliegen möchte“, erzählt da Costa Neto im Gespräch mit dieser Zeitung. Doch dazu raten, und da sei sie ehrlich, könne sie in der aktuellen Situation niemandem: „Man weiß ja nicht, was morgen ist.“ Doch in der Tat sprechen aktuell mehrere Gründe gegen eine Reise. Angefangen beim Auswärtigen Amt, das Reiseziele bei einer entsprechenden Gefahrenlage zum Risikogebiet erklären kann. Wer in ein solches Gebiet reisen möchte, tue dies auf eigene Gefahr inklusive einer oder mehrerer möglicher Quarantänen. Angst vor Stornierungen: Doch die coronabedingten Beschränkungen seien noch nicht alles: „Wer einen Urlaub bucht, freut sich ja auch darauf. Bei einer Stornierung ist die Enttäuschung oft groß“, berichtet da Costa Neto. Selbst, wenn der Kunde sein Geld zurückbekommt, fällt die Reise ersatzlos aus – und somit war auch die monatelange Vorfreude umsonst. Mit Stornierungen kennt sich die Inhaberin mittlerweile unfreiwillig gut aus. In den vergangenen Monaten habe sie viele Reisen für Kunden storniert, oder aber die Reisen wurden vom Reiseveranstalter abgesagt. Viele der Veranstalter haben Gutscheine für abgesagte Reisen angeboten, da Costa Neto erstattete die Gelder auf Wunsch stets zurück. Einige Kunden wollen offenbar trotzdem nicht auf ihren Urlaub verzichten: „Ich bin telefonisch und über meine Website erreichbar und buche die Reisen auch. Aber ich warne immer, dass die Entwicklung nicht absehbar ist“, rät die Inhaberin. Dennoch hat sie in diesem Jahr schon Reisen verkauft – trotz der Pandemie. Ebenfalls interessant: Feuerwehr Obernkirchen im Fokus Welche Ziele kommen da aktuell überhaupt in Frage? „Ich setze unter anderem auf Kuba, da es laut RKI nicht zu den Risikogebieten zählt. Danach wird es dann auch schon eng“, weiß da Costa Neto. Etwas größer sei die Nachfrage beim klassischen Sommerurlaub, zumal diese Buchungen weitgehend risikolos möglich sind. Viele Anbieter haben ihre Stornierungsbedingungen zu Gunsten der Kunden geändert. Die liebsten Ziele der Deutschen, wie Spanien oder Griechenland, seien auch 2021 beliebt. Das habe laut da Costa Neto auch mit der Pandemie zu tun: „Die Menschen fühlen sich in Europa sicherer, denke ich. Fernreisen sind noch weniger geworden“, berichtet sie. Reisesaison "unvorhersehbar": Aktuell sei die Reisesaison aber ohnehin völlig unvorhersehbar – zu offen die epidemiologische Lage in den Destinationen, zu ungewiss auch die Situation in Deutschland. Wie lange es dauert, bis der Tourismus seinen ursprünglichen Umfang wiedererreicht hat, stehe in den Sternen. Prognosen zu Veränderungen auf dem Markt wagt da Costa Neto zaghaft: „Sicherlich werden die Airlines die Preise anziehen. Ob die Hotels da mitgehen, kann ich aber nicht sagen.“ Doch fest steht: Sollten die Fluggesellschaften, und das wird von Experten erwartet, ihre Preise nach den Beschränkungen erhöhen, schlüge sich das auch in den Pauschalreise-Preisen nieder. Wenigstens bei den Hotels könne da Costa Neto vorsichtig Entwarnung geben: „Die Hoteliers haben mittlerweile aber wirklich umfassende Hygienekonzepte ausgearbeitet.“ Rücklagen gegen die Krise: Gar nicht ungewiss scheint die Zukunft von da Costa Netos Reisebüro: „Ich habe Rücklagen. Gemeinsam mit dem Geld aus den guten Vorjahren und den staatlichen Hilfen komme ich relativ gut durch die Zeit“, sagt sie. Dass innerhalb des elfjährigen Bestehens von „Cleopatras-Traum-Reisen“ eine Pandemie den negativen Höhepunkt bildet, habe natürlich niemand vorhersehen können. Doch nun, so da Costa Neto, gebe es nur eine Blickrichtung: nach vorne. „Ich hoffe, dass die Impfungen die Lage entspannen.“ Denn dann würden auch die touristischen Ziele wieder Stück für Stück zum Leben erwachen – und damit auch das einzige Reisebüro der Bergstadt am Leben erhalten. Von Malick Volkmann