Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg: Wer wird neuer Superintendent?

Auf den ersten Blick sehen sie sich gar nicht so unähnlich, die beiden Kandidaten für die Nachfolge von Andreas Kühne-Glaser im Amt des Superintendenten im Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg. Doch ihre Predigten, mit denen sie sich in je eigenen Gottesdiensten in der Nikolaikirche vorstellten, konnten unterschiedlicher kaum sein. Während Christian Schefe als sorgfältiger Analytiker an den Predigttext „Hochzeit von Kana“ heranging, nahm Stephan Vasel die Geschichte aus dem Johannes-Evangelium zum Anlass, über Gott und die Welt zu sprechen. Die Hochzeit von Kanaan ist eine eigenartige Erzählung, deren Grundinhalt fast jeder kennt: Jesus, Gast auf dem Fest, erfährt, dass der Wein zur Neige geht, und sorgt für Nachschub, indem er kurzerhand Wasser in Wein verwandelt. Schefe hat ein Weinglas dabei und rechnet – „ich liebe Zahlen“ – aus, dass jeder Hochzeitsgast nun weitere 60 Gläser austrinken könnte. Vasel dagegen bringt ein Foto des opulenten Gemäldes von Paolo Veronese zum Anschauen mit, das die Hochzeit in ihrer Prächtigkeit zeigt. So ausschweifend das Gemälde unterschiedliche Szenen des Festgeschehens einfängt, so vielfältig sind auch die Assoziationen Vasels zur Geschichte. Er spricht vom Weihnachten in Corona-Zeit und den Unwägbarkeiten, denen die Menschen während der Pandemie ausgesetzt seien. Lesen Sie auch: Kloster Möllenebeck: In der Jugendherberge herrscht das große Aufräumen Er kommt auf die Pest in Rinteln zu sprechen, auch auf sein eigenes Verhältnis zur Nikolaikirche, und er macht Josua Stegmanns Lied „Ach bleib mit deiner Gnade“ zu einem gesungenen Teil seiner Predigt. Erst in der zweiten Hälfte kommt er auf das Wundergeschehen in Kana zu sprechen. Schefe dagegen reizt der genaue Blick auf den Text. „Ein Wunder spricht nicht für sich selbst, sondern muss eingeordnet werden“, sagt er. Er weist darauf hin, dass die Braut – eigentlich doch Hauptperson einer Hochzeit – in der Geschichte nicht erwähnt werde, dafür aber Jesus‘ Mutter, die ihren Sohn auf den fehlenden Wein aufmerksam mache und die harsche Antwort erhalte: „Was habe ich mit euch zu schaffen, Frau.“ Daran zeige sich, dass Jesus mehr sei als bloß Sohn, nämlich eins mit Gott. Maria aber sei menschlich und die Hochzeit insgesamt ein Bild für die Begegnung zwischen Gott und Mensch. Ebenfalls interessant: Superintendent Andreas Kühne-Glaser geht in Rente Beide Kandidaten heben auf jeweils eigene Weise hervor, dass die Hochzeitsgeschichte dafür stehe, wie Jesus sich unter die Menschen mische, an ihrem Leid und ihrer Freude teilhabe und dazu auffordere, aufmerksam dafür zu sein, wo man von anderen gebraucht werde und wo man selbst Trost brauche. „Die Geschichte steht in der Mitte zwischen Schöpfung und Auferstehung“, so Schefe. Die Hochzeit symbolisiere den Beginn der Beziehung zwischen Christus und den Menschen. Und Vasel: „Lebt in dieser Welt, lasst Wunder auf euch zukommen, feiert Feste.“ Wahl am 10. Februar: Ob Christian Schefe oder Stephan Vasel neuer Superintendent wird, entscheidet am 10. Februar die Wahlkommission des Kirchenkreises. Wer beim Gottesdienst dabei war oder die Videoaufnahmen auf dem Youtube-Kanal des Kirchenkreises ansieht, kann zu dem Schluss kommen: Schefe steht, zumindest was die Art der Ansprache der Gemeinde betrifft, eher für einen Theologen, der vertraute Formen wahrt und sich als Vermittler zwischen Gottes Wort, Kirche und Gemeinschaft der Gläubigen sieht. Begegnungen zu suchen und zu ermöglichen, das sei die Verantwortung der Kirche in der Gesellschaft. Vasel gibt sich recht locker, bezieht die eigene Person und die persönlichen Erfahrungen in seine Ansprache ein und scheut sich nicht vor einem Plauderton, der Nähe zur Gemeinde schafft. Das Christentum sei nicht einseitig in das Leid verliebt, Aufgabe der Kirche sei es, die Feste so zu feiern, dass „Gottes Herrlichkeit“ darin aufscheine. Theologische Leitung: Zu den Aufgaben eines Superintendenten gehört nicht nur die Ausrichtung von Gottesdiensten, sondern in erster Linie die theologische und öffentlichkeitswirksame Leitung des Kirchenkreises und die Dienstaufsicht über die Mitarbeiter. Beide Kandidaten konnten den Wahlausschuss in diesen Bereichen bisher durch ihre Arbeit als stellvertretende Superintendenten überzeugen. Man darf auf den Entscheidungstag am 10. Februar gespannt sein. Von Cornelia Kurth