Rinteln: Darum protestieren Landwirte gegen die Insektenschutz-Gesetze

Besserer Insektenschutz und Erhalt der Artenvielfalt, dafür soll ein kürzlich im Kabinett beschlossene Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz sorgen. Kaum ein Bürger wird damit nicht einverstanden sein, es sei denn, er ist – Landwirt. „Dabei ist der Grundgedanke natürlich richtig“, sagt Landwirt und Landberater Lars Meier aus Engern. „Und doch, wie so oft, wurde im Vorfeld nicht vernünftig mit uns gesprochen. Genau deshalb kennt man uns nur noch als Nörgler, man sieht nicht, was berechtigt ist an unseren Bedenken.“ Kein finanzieller Ausgleich: Das Grundproblem: Für die Einhaltung der Verbote und Gebote eines Bundesgesetzes kann es (natürlich) keine Gelder geben. Gesetz ist Gesetz. Hier liegt der entscheidende Unterschied zu den Vereinbarungen auf Landesebene im „Niedersächsischen Weg“, die von Politik, Umwelt- und Landwirtschaftsverbänden gemeinsam ausgehandelt wurden. Sie stellen den freiwilligen Vertrags-Naturschutz in den Vordergrund, als gesetzliche Basis dafür, dass es einen finanziellen Ausgleich für die Umsetzung zusätzlicher Auflagen geben kann. Mehr zum Thema: Landtag beschließt mehr Artenschutz – was der Niedersächsische Weg konkret bedeutet Auch mehrere Rintelner Landwirte sind von den Gesetzesänderungen betroffen, nämlich dann, wenn sie Land bewirtschaften, das entweder in Naturschutzgebieten liegt oder – da sind die Regeln nicht ganz so streng – zu den sogenannten FFH-Gebieten gehört, zu den gemeinsamen europäischen Schutzgebieten mit entsprechenden Schutz-Richtlinien. Der Brandsmeier-Hof in Krankenhagen gehört ebenso dazu, wie etwa die Landwirtschaft von Carl-Heinz Baum in Steinbergen oder von Heinz Hohmeier in Ahe. Land geht verloren: Keiner dieser Landwirte hat etwas gegen den Naturschutz einzuwenden. Wie auch bereits bei der Aushandlung des „Niedersächsischen Wegs“ geht es ihnen in erster Linie darum, wie die finanzielle Seite der naturschützenden Maßnahmen geregelt wird. Die Vorgabe etwa, nun nicht mehr nur einen Meter, sondern fünf bis zehn Meter breite Gewässerrandstreifen weder zu düngen noch zu spritzen, führt zwangsläufig zu Ertragseinbußen. Wer gleicht jetzt wie diesen Verlust aus? Manchem Landwirt geht durch die neuen Verbote ein nicht unerheblicher Anteil seines Landes für den Ackerbau verloren. Carl-Heinz Baum zum Beispiel bewirtschaftet jede Menge Land, das an Wasserläufen liegt. „Ich würde 25 Prozent meiner Fläche für die Landwirtschaft verlieren. Das ist in meinen Augen eine kalte Enteignung“, sagt er. Spritzen nicht immer zu vermeiden: Kirsten Schaper vom Brandsmeier-Hof sieht es in Bezug auf ihre Wiesen am Hang des Naturschutzgebietes Kameslandschaft nicht viel anders. Dort ernten sie das Futter für ihre Milchkühe. Gespritzt werde dort nur selten, so Kirsten Schaper, trotzdem sei es alle paar Jahre unvermeidlich, gegen das giftige Jakobskreuzkraut vorzugehen, wenn es nicht überhandnehmen und das Viehfutter auf Dauer unbrauchbar machen soll. Die neue Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung aber verbiete jegliche Herbizide in Naturschutzgebieten. Lesen Sie auch: Steigen die Bauern beim Niedersächsischen Weg zu mehr Naturschutz aus? Heinz Hohmeier hält sich mit seinem Bio-Betrieb sowieso schon an verschärfte Auflagen. Dennoch ist er gegen eine Gesetzgebung, die grundsätzlich mit Verboten arbeite und damit unverhältnismäßig Eigentumsverhältnisse eingreife. „Spritzmittel, das hört sich erst mal wild und gefährlich an. Aber krankmachende Pflanzen müssen behandelt werden, wenn sie sich nicht ausbreiten sollen und dann ganze Chargen verworfen werden müssen.“ Ständig neue Verordnungen: Ob die Gesetzesänderungen tatsächlich finanziell allein zulasten der mittelständischen Landwirtschaft gehen werden, lässt sich aus den Gesetzestexten nicht wirklich herauslesen. „Es sind schon gewisse Ausnahme-Möglichkeiten zum Beispiel bei den Gewässerrandstreifen vorhanden“, sagt dazu Henning Brünjes, Geschäftsführer des Landvolks Weserbergland. Doch die Frage, ob insgesamt die Förderfähigkeit von zuvor freiwilligen Naturschutzmaßnahmen erhaltbar bleibe, sei bisher ungeklärt und offensichtlich nicht bis zum Bund durchgedrungen. „Unser Verband hat da große Zweifel“, sagt er. „Bisher ist kein finanzieller Ausgleich für die betroffenen Landwirte vorgesehen.“ Auch er sieht es so wie Landberater Lars Meier: „Wir stehen als diejenigen da, die sich ständig aufregen. Aber es gibt für uns auch einen Aufreger nach dem anderen, letztes Jahr der Niedersächsische Weg, der nun plötzlich vom Bund gedeckelt wird – und was kommt wohl noch von der EU?“ Landwirte könnten wegen ständig neuer Verordnungen kaum mehr planen. „Überall gibt es offene Baustellen, die für die miese Stimmung im Berufsstand sorgen.“ von Cornelia Kurth