Rinteln: Flaschenpost aus 1802 in den Mauern des Ratskellers gefunden

Flaschenpost ist etwas aus der Mode geraten. Früher war sie dagegen recht beliebt und reiste nicht nur über Flüsse und Meere, sondern auch durch die Zeiten.Bei Grundsteinlegungen, bei Grenzsteinsetzungen, aber auch bei kleineren Baumaßnahmen kamen die Flaschenpost immer mal wieder als Behältnis für Briefe und Notizen zum Einsatz. Als im November 1937 im Ratskeller Umbauten vorgenommen wurden, durchbrach man auch die Mauer vom Eingangsflur nach rechts in den tiefer gelegenen alten Ratskellerraum, der heute als kleiner Gastraum mit Bar genutzt wird. Dabei fiel den Arbeitern eine bemerkenswerte alte Flasche in die Hände, die dort vor langer Zeit eingemauert worden sein musste. Sie war verkorkt, und in ihrem Innern befand sich – bestens erhalten – eine Nachricht aus dem Jahr 1802. Studienrat Friedrich-Wilhelm Ande, damals ehrenamtlicher Stadtarchivar, nahm ihn in Verwahrung und legte ihn mit einer Notiz versehen im Stadtarchiv ab. Der Inhalt des Briefes lautet: „Sollte dieses mal gefunden werden, so glaube, dass der dieses schrieb ein Ehrlicher man war, der mehr guds that, als er thun sollte und ein besser Schieksahl verdiente, als hier Pächter zu sein. – Mein Nahme ist Carl Friedrich Bornemann gebürdig aus Lehe bei Bremen. Meine Frau Doris Bünte gebürdig aus Minden. Ich habe bis jetzt 3 Kinder, 2 Söhne und 1 Tochter, meine Pachtung ist 12 Jahre, ich gebe jährlich 310 helle in gelte, die L’dor, 18 mg agio – ich bin alt 39 Jahre, meine frau 32. Der vorsitzende Bürgermeister ist rat Graebe, ein guder Man, der Roggen kostet 1 rl. 18 mg. Übrigens ist hier jetzt schlechte Zeit jetzt und wünsche das kein von den meinigen mein Geschäfte anträten möge, ich würde sorgen, dass selbe was lernen, so können Sie in der Welt besser als in Rinteln ihr Glück suchen. Geschrieben den 30. Januar 1802.“ Krise auch in Rinteln: Der Brief lässt den Leser etwas ratlos zurück. Führte hier eine Bierlaune die Feder – oder echte Not und Reue? Der Ratskeller war damals in Rinteln immerhin das beste Lokal am Platze, die Not müsste zumindest relativ gewesen sein. Tatsache ist, dass um 1800 die Zahl der Soldaten der Rintelner Garnison rapide schrumpfte und die Universität nur mehr einige Dutzend Studenten hatte. Das napoleonische Frankreich hatte den Westen des Reiches besetzt und zum Teil annektiert. Deutschland war politisch heillos zersplittert und militärisch geschlagen. Hinzu kam, dass die Kriegs- und Krisenzeiten eine spürbare Teuerung mit sich brachten und auch die Teuerung war schlecht fürs Geschäft. Sohn wird Gastwirt: Ein Blick in die Akten des Stadtarchives zeigt, das sich Bornemann später trotz weiterer Krisenjahre mit seinem Gastwirt-Dasein noch abgefunden hat. Nach zähen Verhandlungen fand sich der Rat bereit, die Pacht zu senken, und auch wenn die Stadt später im Biedermeier wirtschaftlich in einen regelrechten Dornröschenschlaf versank, scheint er wohl ein leidlich gutes Auskommen gehabt zu haben. Dass er allerdings noch mehr als vierzig Jahre, und zwar bis zu seinem Tod 1843, Gastwirt im Ratskeller bleiben würde, hätte sich Bornemann wohl nicht träumen lassen. Auch einer seiner Söhne wurde noch Gastwirt in Rinteln, der 1801 geborene Johann Hermann Bornemann übernahm 1843 den größten Konkurrenten des Ratskellers, das Hotel Stadt Bremen an der Weserstraße, an dessen Stelle heute das Textilkaufhaus Bruno Kleine steht. Quelle: StaR Rep 1 XXXVIII 31