Rinteln: So läuft das Homeschooling bei den weiterführenden Schulen

Seit einigen Wochen findet die Schule für die meisten Rintelner zu Hause statt. Nur Abschlussklassen und Grundschüler dürfen im Wechselmodell, also abwechselnd in geteilten Klassen, zur Schule kommen.Nach den neuesten Verordnungen wird dies noch mindestens bis Anfang März so bleiben. Doch wie sieht das Distanzlernen an den weiterführenden Schulen aus? Und ist die Qualität des Homeschoolings mit der des Präsenzunterrichts vergleichbar? So läuft es am Gymnasium Ernestinum: Am setzt man „seit vielen Jahren“ auf den Schulserver „IServ“. „Ich bin sehr zufrieden, es funktioniert gut“, sagt Schulleiter André Sawade. Im Gegensatz zum ersten Lockdown im Frühjahr „verliere“ man dieses Mal keinen Schüler. Das liege zum einen daran, dass die Situation nicht mehr neu für die Schüler sei, zum anderen habe man die Erfahrungen aus dem Frühjahr ausgewertet. „Das hat ganz viel gebracht.“ So habe man 15 Schüler, denen die technische Voraussetzung für die Teilnahme am Distanzlernen gefehlt habe, mit einem Gerät aus der Schule ausgestattet. Bei der Gestaltung der Stunden seien die Lehrer am Ernestinum recht frei. Es gebe Lehrer, die ihren Unterricht per Videokonferenz abhielten. „Das ist dann, als würde man im Klassenzimmer sitzen.“ Andere würden die Möglichkeiten der Technik ausnutzen und beispielsweise kleine Projekte gestalten, bei denen die Schüler auch im Internet recherchieren oder Videos drehen sollen. „Das macht jeder, wie es zu ihm und seinen Schülern passt“, so Sawade. Es habe seiner Meinung nach auch keinen Sinn, einen Lehrer zu einer Video-Konferenz zu zwingen, der damit absolut nichts anfangen könne. Besonders in den Fremdsprachen, in denen das Sprechen durch das Distanzlernen etwas zu kurz komme, sei die moderne Technik ein gutes Hilfsmittel. So ließen einige Lehrer ihre Schüler gesprochene Texte in einer Audio-Datei aufnehmen und anschließend hochladen. Und wenn ein Lehrer mal „nur“ ein Arbeitsblatt ausgibt, findet Sawade das auch nicht schlimm. „Das darf man nicht pauschal verteufeln“, sagt er. „Manche Schüler sind auch froh, wenn sie mal einfach ein Arbeitsblatt machen können, das sie anschließend fotografieren und wegschicken.“ Besonders stolz ist Sawade auf die Zeugniskonferenzen, die in diesen Tagen stattfinden – ausschließlich digital. Lehrkräfte sowie Schüler- und Elternvertreter nehmen von zu Hause aus an der Konferenz teil. „Das ist eine echte Innovation, und darauf können wir richtig stolz sein.“ Bis zu 16 Konferenzen pro Tag finden statt. „Es geht um unsere Gesundheit. Anders geht es im Moment nicht“, findet Sawade. So läuft es an den Berufsbildenden Schulen (BBS) an der Dauestraße: Auch an den findet der Unterricht vollständig übers Internet statt, man greift auf das Programm „Microsoft Teams“ zurück. In der Regel befänden sich dabei außer den Schülern auch die Lehrkräfte während des Unterrichts daheim, berichtet Eike Blohm, Abteilungsleiter der beruflichen Gymnasien und der Berufsfachschule Wirtschaft. „So wollen wir unseren Beitrag zu möglichst viel Homeoffice leisten.“ Lehrkräfte und Schüler, denen dafür die Voraussetzungen fehlen, können sich in der Schule in sogenannte „Study Rooms“ zurückziehen und von dort aus am Distanzlernen teilnehmen. Dies werde zurzeit aber nicht nachgefragt. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr habe man an den BBS noch den Anspruch gehabt, den gewohnten Unterricht schlicht digital abzubilden. „Der Unterricht an sich hatte sich nicht verändert“, beschreibt Blohm. Das sehe im zweiten Lockdown ganz anders aus. Mittlerweile sei man dazu übergangen, eine 90-minütige Schulstunde aufzuteilen. Der Lehrer macht eine etwa 30-minütige Videokonferenz mit der ganzen Klasse, anschließend bearbeiten die Schüler eine zuvor erläuterte Aufgabenstellung – allein oder sogar in Gruppenarbeit. Dazu biete die Plattform „Breakout Rooms“, in denen sich Schülergruppen digital treffen können. Lesen Sie auch: Der Zehn-Punkte-Plan für Niedersachsens Schulen – und was daraus folgt „Ironischerweise ist die Gruppenarbeit jetzt sogar besser möglich als während der Präsenzphase vor dem Lockdown, während der wir strikt auf Abstände achten mussten“, so Blohm. Doch ist der Distanzunterricht tatsächlich mit dem Präsenzunterricht zu vergleichen? Blohm sieht das für den Standort Dauestraße, der auf wirtschaftliche Ausbildungsgänge ausgerichtet ist, zweigeteilt. „Wenn man die reine Stoffmenge betrachtet, braucht man beim Distanzunterricht ein wenig länger“, sagt er. Im Hinblick auf angewandte Methoden und Arbeitstechniken, wie beispielsweise Selbstorganisation, Zeitmanagement und technische Fähigkeiten, würden die Schüler während des Distanzlernens aber ganz viel „im Vorbeigehen“ mitnehmen. „Da machen wir deutlich schnellere Schritte.“ So läuft es an den Berufsbildenden Schulen an der Burgfeldsweide: Ein bisschen anders sieht es bei dem Standort der aus. Dort werden unter anderem die technischen Berufe ausgebildet, beispielsweise Industrie- und Zerspanungsmechaniker. Und für die bringt der Lockdown deutliche Einschnitte mit sich. Bei diesen Berufsbildern sei das Programmieren von Dreh- und Fräsmaschinen elementarer Bestandteil des Berufsschulunterrichtes. Und dieser falle nun zu einem großen Teil weg, sagt Björn König, Abteilungsleiter Metall-, Holz- und Fluggerätetechnik. Denn die Maschinen, die in der Berufsschule zur Verfügung stünden, könnten nicht einfach digital abgebildet werden, die Software dürfe aus Lizenzgründen nicht an die Schüler weitergegeben werden. Lesen Sie auch: Kommentar zu Niedersachsens Schulplan: Auf dem richtigen Kurs Die Lehrkräfte gäben ihr Bestes und auch die Schüler seien hoch motiviert, „aber wir können die Qualität eines Präsenzunterrichtes dennoch nicht erreichen, da wir einfach nicht die gleichen technischen Voraussetzungen haben wie in der Schule“, sagt König. Und das habe trotz aller Bemühungen Konsequenzen für die Schüler. „Eine Fahrschule kann es auch nicht ohne Fahrschulauto geben“, verdeutlicht er. So läuft es an der IGS Rinteln: An der wird der Unterricht den Voraussetzungen im Elternhaus der Schüler angepasst. „Wir haben Kinder, die zu Hause einen perfekt ausgestatteten Arbeitsplatz vorfinden, andere haben weder Endgerät noch Festnetzanschluss“, sagt Schulleiter Torsten Rudolf. Um die Voraussetzungen für die Schüler einheitlicher gestalten zu können, hat der Landkreis die Anschaffung von technischer Unterstützung in Form von 40 iPads zugesagt. Sobald diese eintreffen, sollen sie an die Schüler ausgeliehen werden. Zurzeit erhalte noch rund ein Drittel der Schüler die Aufgaben ganz analog in Briefumschlägen zum Abholen. Andere nehmen am digitalen Unterricht teil, für den auch die IGS auf „Microsoft Teams“ zurückgreift. Kann der Unterricht bei so unterschiedlichen Voraussetzungen für alle Schüler die gleiche Qualität haben? „Inhaltlich schon“, sagt der Schulleiter. Doch es sei ein Unterschied, ob man den Lehrer im virtuellen Klassenzimmer vor sich sehe und am Unterricht teilnehme oder allein vor den Aufgaben sitze und Fragen nur per Telefon klären könne. „Meine Lehrkräfte sind sehr engagiert, alle Schüler zu erreichen“, sagt Rudolf. Die Effektivität in Form von Lernerfolg, der bei den Schülern ankomme, müsse jedoch später ausgewertet werden. „Ein echter Präsenzunterricht ist durch nichts zu ersetzen.“ von Jessica Rodenbeck