Rintelner KHL-Schüler fordern Querschnitts-Abi

Sie haben, gemeinsam mit zahlreichen weiteren Schulen aus Niedersachsen, jetzt einen offenen Brief geschrieben. Der ging an die Mitglieder des Ausschusses für Schule und Bildung des niedersächsischen Landtages, an Kultusminister Grant Henrik Tonne sowie an die Pressestelle des Kultusministeriums. Darin fordern die Schüler das sogenannte Durchschnittsabitur für ihren Jahrgang ein. Heißt: Die Abschlussnote eines Schülers wird aus dem Schnitt aller bislang erbrachten Abitur-Leistungen ermittelt. Nur, wer freiwillig seine Noten aufbessern möchte, kann Prüfungen ablegen. Für diese Lösung hatte sich auch der Schulleitungsverband Niedersachsen ausgesprochen. Wir haben lange Zeit überlegt, ob und wie wir uns äußern wollen. Tim Hais , Schüler Der offene Brief geht unter anderem zurück auf den 19-jährigen Tim Hais aus dem Extertal, Schüler des Wirtschaftsgymnasiums der KHL Rinteln. „Wir haben lange Zeit überlegt, ob und wie wir uns äußern wollen“, erklärt Hais im Gespräch. Schließlich habe Hais begonnen, das Schreiben zu formulieren. Eine Umfrage im Jahrgang mit namentlicher Abstimmung habe dann ergeben, dass 100 Prozent aller befragten Schüler das Durchschnittsabitur befürworten. Den offenen Brief unterstützen unter anderem die Abschlussklassen der Berufsschulen in Rinteln und Stadthagen, IGS Stadthagen, IGS Garbsen, BBS Osterholz-Scharmbeck, BBSII Leer, BZTG Oldenburg, Robert-Koch-Gesamtschule Hildesheim, BBS2 Emden, BBS Ammerland, BBS Papenburg, Ludwig-Erhard-Gymnasium Salzgitter und Oberschule Soltau. Abiturjahrgang der IGS schreibt offenen Brief an Minister Mit Jahrgang 12 beginnt der Schulbetrieb am Adolfinum „Die Leute haben Angst“, begründet Hais die Initiative. Unter solchen Bedingungen wie den aktuellen habe noch kein Jahrgang Abschlussprüfungen schreiben müssen. Das gelte nicht nur für Abiturienten, sondern für Abschlussklassen aller Schulformen. Die psychische Belastung sei enorm. Außerdem seien die Lernbedingungen ganz andere als in den vergangenen Jahren: Lerngruppen dürfen sich nicht treffen, Nachhilfestunden mit persönlicher Anwesenheit gibt es nicht, Bibliotheken haben geschlossen, teilweise habe in den vergangenen Wochen nicht einmal der digitale Unterricht zu Hause funktioniert, kritisieren die Schüler. Keine Ruhe zum Lernen: Wenn am Montag der Unterricht wieder losgeht, bleibt noch eine Vorbereitungszeit von zwei Wochen bis zu den Prüfungen – doch auch dadurch könne das, was bislang nicht unterrichtet wurde, nicht nachgeholt werden. „Es wird außerdem vergessen, dass Schüler zu Hause oft keine Ruhe zum Lernen haben“, gibt Hais zu bedenken. Es gebe kleinere Geschwister, auf die man teilweise aufpassen müsse, wenn die Eltern arbeiten. Die wolle man keinem Gesundheitsrisiko aussetzen, falls man sich in der Schule anstecke. Wer hingegen die Wahl hat, freiwillig Prüfungen zu schreiben, der gehe auch das gesundheitliche Risiko freiwillig ein. Abschlussklasse an der KHL wird gesplittet: „Wochenlang hat es geheißen: Bleibt zu Hause“, so Hais. Nun heißt es, dass ab Montag der Unterricht wieder losgeht, allerdings ganz anders als üblich. Die Abschlussklasse an der KHL wird gesplittet, ein Teil wird montags und mittwochs unterrichtet, ein Teil dienstags und donnerstags. Trotzdem werde Gedränge auf den Fluren herrschen, sagt Hais. Die hygienischen Bedingungen an den meisten Schulen seien außerdem nicht ausreichend, Seife und Papiertücher Mangelware. Die Schüler der KHL bezweifeln, dass die Maskenpflicht und Abstandsregeln an den Schulen ausreichend kontrolliert werden. Die Schüler kritisieren die Schulöffnungen als verfrüht, die Prüfungen als unnötigen Stressfaktor: „Die Infektionszahlen steigen, und es gibt immer noch keinen Impfstoff“, verdeutlicht Hais. Prüfung verändert Note nicht entscheidend: Er weist auch das Argument des Kultusministeriums zurück, dass nur durch Prüfungen das Abitur ein vollwertiger Abschluss werde: Zwei Drittel der Abiturnote stehe sowieso schon fest, so Hais, „Abiturprüfungen verändern den Notendurchschnitt nicht entscheidend.“ Mit ihrem Protest sind die niedersächsischen Schüler nicht allein: Seit Wochen kritisieren etwa beinahe 200 Sprecher von Berliner Schulen die Prüfungen. Der offene Brief wurde am Mittwoch verschickt. Eine erste Antwort hat Hais schon erhalten: „Willst du kein vernünftiges Abi?“, schrieb Dr. Karl-Ludwig von Danwitz zurück, alles in Kleinbuchstaben. Er sitzt für die CDU im niedersächsischen Landtag. Von Marieluise Denecke

Corona-Krise - Rintelner KHL-Schüler fordern Querschnitts-Abi