Schulentwicklungsplan in Rinteln: Das sind die wichtigsten Anforderungen und Wünsche

Die Stadt Rinteln hat nun einen Schulentwicklungsplan, doch der kommt nicht bei jedem gut an. Erstellt hat den Plan Diplom-Geografin Anja Reinermann-Matatko. Wir haben mit ihr über die wichtigsten Anforderungen und Besonderheiten gesprochen. Frau Reinermann-Matatko, was sind heute die wichtigsten Anforderungen an Grundschulen? Da muss man differenzieren. In Rinteln hatte die Stadt als Schulträger einen „Äußeren Schulentwicklungsplan“ beauftragt. Darin geht es um die äußeren Voraussetzungen, die geschaffen werden müssen, damit der Schulalltag funktionieren kann. Beispielsweise die Anzahl der benötigten Räume und deren Ausstattung. Die Pädagogik der Zukunft hängt aber auch ganz stark von der inneren Schulentwicklungsplanung ab. Und was beinhaltet die? Darin geht es um das Schulkonzept. Wie möchte die Schule sich aufstellen? Welches pädagogische Konzept möchte sie verfolgen? Ein Beispiel dafür wäre der jahrgangsübergreifende Unterricht. Um solch ein Konzept zu erstellen, arbeiten wir in und mit der Schule. Diese Form der Schulentwicklungsplanung ist allerdings nicht Aufgabe des Schulträgers, sondern die der Schulen; diese melden sich bei uns, wenn sie ihr pädagogisches Konzept verändern oder optimieren möchten. Betrachtet man beide Bereiche, was sind dann heute die wichtigsten Anforderungen an Schulen? Das ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. In Niedersachsen ist es sicherlich die Inklusion, die hier dezentral umgesetzt werden soll. Es ist wahrscheinlich die größte Herausforderung, die Schule so darzustellen und den Unterricht so zu gestalten, dass alle dieselbe Chance haben, erfolgreich am Unterricht teilzunehmen. Lesen Sie auch: Grundschulen in Rinteln: Möge die Diskussion beginnen Gibt es da im Hinblick auf die äußere Schulentwicklung Besonderheiten? In den Schulen gibt es immer häufiger den Wunsch nach Gruppenräumen, die flexibel genutzt werden können. Darin können sich beispielsweise Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung zurückziehen, wenn es ihnen im Klassenverband zu viel wird. Sie können aber auch genutzt werden, um freies Lernen in Kleingruppen zu ermöglichen. Gerade in Klassen mit Inklusionskindern werden diese Räume gerne genutzt, um mit dem betroffenen Kind auch mal in Ruhe arbeiten zu können. Ist Rinteln diesbezüglich gut aufgestellt? Bisher sind Gruppenräume reine Wünsche der Schule. Es gibt in den meisten Bundesländern keine rechtlichen Vorgaben, also keine Raumprogramme, die Gruppenräume vorschreiben. Ich denke auch nicht, dass es diese so schnell geben wird, weil es finanziell für die Schulträger enorme Konsequenzen hätte, diese Räume in den Bestandsgebäuden zu schaffen. Bei Neubauten ist dies anders: Hier wird versucht, die neuen pädagogischen Ansätze auch baulich abzubilden. Beim Schulentwicklungsplan in Rinteln haben wir Gruppenräume berücksichtigt und uns bemüht, bei allen Grundschulen die gleiche Messlatte anzulegen. Aus ihrer Erfahrung, was kann man noch tun, damit die Inklusion an Schulen gelingen kann? Studien haben gezeigt, dass die Beziehung zwischen Lehrkraft und Kind einen sehr großen Einfluss auf den Lernerfolg von Kindern hat. Gerade im Grundschulbereich hängt es sehr an der konkreten Lehrkraft, daran, ob das Zusammenspiel zwischen Lehrkraft und Kind stimmt. Ich kenne Schulen, die die Klasseneinteilung erst machen, nachdem sie Beratungsgespräche mit den betroffenen Familien gehabt und die Kinder kennengelernt haben. Dann können sie einschätzen, welches Kind zu welchem Lehrer passt und darauf Rücksicht nehmen. Wie sehen Sie die Perspektive für die Rintelner Grundschulen? Es war ein starker Wunsch aus Rinteln, alle Schulstandorte zu erhalten. Von der Schülerzahl passt es in den kommenden Jahren auch für alle. Für die Grundschulen Exten/Krankenhagen gäbe es natürlich auch die Möglichkeit, statt der vorgeschlagenen Erweiterung in Krankenhagen an einem anderen Ort etwas Modernes, Neues zu bauen. Solche Schritte sollte man allerdings nur gehen, wenn sie auch von den Schulen und der Bevölkerung vor Ort gewünscht werden. Solange dies nicht der Fall ist, sollten die Standorte wie im Schulentwicklungsplan beschrieben erhalten bleiben. Würde ein Neubau denn Vorteile für die Schulen bringen? Es hängt ganz viel von den Menschen in der Schule ab. Ich kenne Schulen, die top ausgestattet sind, tolle Räume haben und dennoch Anmeldezahlen, die hinter den Erwartungen zurückbleiben. Da gibt es dann ein anderes Problem. Andererseits gibt es auch Schulen, wo man auf den ersten Blick von den Räumen entsetzt ist, Schüler und Eltern aber dennoch begeistert von der Schule sind, was dann oft an einem besonders engagierten Kollegium liegt. Ideal ist es natürlich, wenn eine Schule tolle Räume und tolles Personal hat. Haben sich die Anforderungen an Schulen durch die Corona-Pandemie geändert? Es ist noch zu früh für diesbezügliche Erkenntnisse. Im Nachgang wird man sich dazu natürlich Gedanken machen müssen. Vielleicht überlegt man dann, ob eine neunte Klasse tatsächlich jeden Tag zum Präsenzunterricht kommen muss. Oder ob es Sinn macht, Aufgaben auch beim Präsenzunterricht digital abzugeben, weil es die Korrektur durch die Lehrkräfte vereinfacht. Es wurde in den vergangenen Monaten aber doch deutlich, dass die technische Voraussetzung für digitalen Unterricht vielerorts nicht gegeben ist. Die Ausstattung der Schulen beispielsweise mit WLAN ist Sache des Schulträgers, allerdings nicht Gegenstand des Schulentwicklungsplans gewesen. Ja, das ist ein Punkt, an dem viele Schulen scheitern. Deutschland hat viel Aufholbedarf in Sachen Digitalisierung, und das zeigt sich auch im schulischen Bereich sehr deutlich und nicht erst seit der Pandemie. Die Pandemie hat die Schwächen jedoch für alle sicht- und spürbar gemacht. Man hört immer wieder, dass Gelder aus dem Digitalpakt nicht abgerufen werden. Wieso nicht? Rinteln ist gerade dabei, Gelder zu beantragen. Das Antragsverfahren ist aber wirklich nicht einfach. Da müssen beispielsweise genaue Kenntnisse über die technischen Voraussetzungen vorhanden sein, da diese im Antrag abgefragt werden. Zudem ändern sich die Möglichkeiten und Voraussetzungen immer wieder. Die Stadt Garbsen hat extra einen Medienplaner eingestellt, der sich auch um die Beantragung von Geldern aus dem Digitalpakt kümmert. Bei kleineren Kommunen wie Rinteln soll das Verwaltungspersonal diese zusätzliche Aufgabe nebenbei übernehmen – das ist tatsächlich schwierig, denn die ansonsten anstehenden Arbeiten müssen ja nach wie vor erledigt werden. Man muss nicht immer Verwaltungen verteidigen, in diesem Punkt würde ich es aufgrund meiner Erfahrungen mit den Digitalpakt-Anträgen aber tun. von Jessica Rodenbeck