Standorte nicht lückenlos erfasst: Rinteln zählt immer mehr Defibrillatoren

Helmuth Künneke Ortsbürgermeister von Todenmann hat vorgeschlagen, die Gelder für die Altenbetreuung stattdessen für Defis auszugeben. Altenfeiern oder Fahrten könnten derzeit, Corona bedingt, ohnehin nicht stattfinden. Auch in Steinbergen hat man Bedarf angemeldet. Defibrillatoren waren auch ein Thema der letzten Finanzausschusssitzung des Rintelner Rates. Vorschlag hier: Alle Dorfgemeinschaftshäuser und Feuerwehrgerätehäuser in der Stadt sollten mit diesen Geräten ausgerüstet werden. Abstimmung ergibt Patt: Antrag abgelehnt: Die Abstimmung ergab ein Patt. Antrag abgelehnt. Grundsätzlich gebe es für die Stadt keine Verpflichtung diese Geräte anzuschaffen, das sei eine freiwillige Leistung schilderte Kämmerer Jörg Schmieding auf Anfrage. In Rinteln hängt diese computergesteuerte Medizintechnik inzwischen in vielen, zumindest zeitweise öffentlich zugänglichen Räumen. Wie beispielsweise im Bürgerbüro, in der Bücherei, im Hallenbad. Wenn man es allerdings genau wissen will, hat man ein Problem. Bei der Stadt gibt es keine lückenlose Erfassung aller Standorte. Keine Garantie für Vollständigkeit : Auch Anja Gewald, Pressesprecherin des Landkreises Schaumburg musste passen. Der Landkreis habe zwar ein Kataster für sogenannte automatisierte externe Defibrillatoren (AED) erstellt, doch für dessen Vollständigkeit könne sie nicht garantieren. Es gebe ja keine Meldepflicht. Man habe allerdings die Kommunalverwaltungen angeschrieben zu melden, in welchen öffentlichen Gebäuden AEDs vorhanden sind. Idee sei hier, wer einen Notfall meldet, den könne die Rettungsleitstelle dann sofort den Weg zum nächsten AED weisen. Zum Weiterlesen: Neue Corona-Regeln für Schaumburg treten in Kraft – alle Lockerungen im Überblick Dann gibt es die App „Definetz“. Dort sind zwar viele Rintelner Firmen aufgelistet, wie beispielsweise Sparkasse, Ratskeller und Doktorsee, die so ein Gerät besitzen. Doch wer genau wissen will, wo sich das Defi auf dem Gelände befindet, kommt auch nicht weiter, sondern muss vor Ort nachfragen. Optimaler Ort für Defibrillator schwer zu bestimmen: Ein heimischer Mediziner zweifelt zwar nicht an der Wirksamkeit dieser Technologie, allerdings daran, ob es Sinn macht, flächendeckend Defis aufzuhängen. Seinen Namen wollte er lieber nicht in der Zeitung lesen. Denn Skeptiker seien bei diesem Thema gegenwärtig wohl nicht gefragt. Der Mediziner gibt zu bedenken, dass man nicht vorhersagen könne, wo jemand einen plötzlichen Herztod erleidet. Damit sei der optimale Ort für einen Defibrillator schwer zu bestimmen. Unter dem Aspekt der Wahrscheinlichkeit mache es Sinn, Defibrillatoren dort aufzuhängen, wo täglich Tausende von Menschen unterwegs sind, also in Bahnhöfen, Flughäfen, Sportstadien, in belebten Fußgängerzonen. Zweiter Aspekt: Gerade in einer Kleinstadt wie Rinteln seien Notarzt und Rettungssanitäter fast überall schneller bei einem Patienten, schneller als Passanten einen Defibrillator entdeckt und in Gang gesetzt haben. Hemmschwelle für Nutzung ist groß: Das psychologische Problem für Laien sollte man hier auch nicht unterschätzen, die Hemmschwelle, in einer Notsituation sofort ohne zu Zögern zielgerichtet tätig zu werden. Oft sei das Problem, dass Nothelfer erst nach einem Defi suchen, statt unverzüglich mit konventionellen Wiederbelebungsmaßnahmen zu beginnen, wie man sie in jedem Erste-Hilfe-Kurs lernt. Steffen Dalek, einer der Leiter der DRK-Rettungswache in Rinteln erklärte in einem Telefongespräch, er halte es für sinnvoll, vorher Daten zu ermitteln, wo ein solches Gerät angebracht werden kann, wo es Sinn macht, wo nicht. Dalek schilderte, in Hameln habe man zunächst Defis mit einem automatischen Notruf gekoppelt. Den Versuch aber wieder abgebrochen, weil es mehrfach zu Missbrauch gekommen sei. Frage: Wie oft ist in den letzten Jahren nach ihrer Kenntnis in Rinteln ein Defibrillator von Laien eingesetzt worden? Antwort: „Selten“. Auch im Ärzteblatt kann man nachlesen, dass Defibrillatoren sehr selten benutzt werden. Nach Aussagen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) sollte ein Defi-Schock optimal zwei Minuten nach Erkennen der Situation abgegeben werden. Zwei Minuten für Hilfe: Zwei Minuten, in denen ein zufällig vorbeikommender Helfer ein Gerät finden, den Patienten halb entkleiden und das Gerät in Aktion bringen muss. Die Defibrillation durch Laien ersetzt ohnehin nicht die Aufgaben des Rettungsdienstes. Sie verkürzt nur die Zeitspanne und erhöht dadurch die Überlebenswahrscheinlichkeit. Ein Defi beendet Herzflimmern. Schlimmer machen kann man es nicht. Hat jemand, der zusammengebrochen ist, keine Herzattacke, sondern ein anderes medizinisches Problem und man setzt unwissend einen Defi an passiert: Nichts! Das AED verabreicht keinen Schock. von Hans Weimann