Superintendent Andreas Kühne-Glaser geht in Rente

So gelassen Andreas Kühne-Glaser (64) dabei wirkt, im Gespräch merkt man doch, dass es ein großer Schritt ist, die Verantwortung für das kirchliche Leben im Kirchenkreis hinter sich zu lassen. Jetzt heißt die Herausforderung: „Ich muss mich, ich darf mich neu erfinden.“ Superintendent zu sein - sein Neffe fragte mal, ob das bedeute, der Onkel sei ein „Super-Pastor“ - das sei so, wie zwei Hüte zu tragen. Auf der einen Seite ist man tatsächlich noch ein Pastor, ein Seelsorger, der Gottesdienste hält, tauft, verheiratet und beerdigt. Auf der anderen Seite steht man einem ganzen Kirchenkreis vor, mit all den finanziellen, inhaltlichen, personellen und organisatorischen Fragen, die damit verbunden sind. Die Hauptaufgabe: Konflikte lösen: „Es gab eigentlich nie eine Zeit, wo ich diese Verantwortung nicht gespürt hätte“, so Kühne-Glaser. „Ich war eine Art Konfliktmanager. Das ist ja die Hauptaufgabe - Konflikte lösen.“ Ob in den kirchlichen Kitas oder in der Diakonie, ob gegenüber den Ehrenamtlichen oder in den Kirchenvorständen - in insgesamt 21 Kirchengemeinden war er der „Chef“, der Autorität beweisen musste und dabei gleichzeitig ein Mensch sein wollte, mit dem man wagt, offen und vertrauensvoll zu reden. „Ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen“, meint er. Zugleich könne er nur begrüßen, dass bald ein neuer, jüngerer Superintendent an seine Stelle treten wird. „Ich komme ja aus einer Generation, die gewohnt ist, vieles alleine zu machen.“ Was zukünftig noch stärker gefragt sein werde, sei Teamarbeit, Vernetzung mit anderen Institutionen, und die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen. Umzug nach Ronnenberg: Ein bisschen wehmütig blickt er sich schon um im Konferenzraum des schönen, repräsentativen Gebäudes der Superintendentur in der Schlingstraße. In den letzten 16 Jahren war das sein Haus, wo er mit seiner Familie lebte. Jetzt sind er und seine Frau in das Dörfchen Bente bei Ronnenberg umgezogen, relativ weit weg von seinem bisherigen Wirkungskreis. Was noch bevorsteht: Das Fest zu seiner Verabschiedung, das wegen der Pandemie verschoben wurde und nun an Himmelfahrt 2021 in einem Gottesdienst an der Weser geplant ist. Auch interessant: Samtgemeinderat Sachsenhagen spendet Sitzungsgelder an DRK Schaumburg „Es hat was, nicht mehr der Superintendent zu sein, sondern einfach ein Bürger“, sagt er. Und: „Ich weiß noch gar nicht, was passieren wird.“ „Ich habe etwas von einem Nomaden“: Genau das scheint jetzt besonders spannend zu sein. Zwar sei der Beruf des Geistlichen für ihn der schönste Beruf der Welt. Doch gab es für Andreas Kühne-Glaser auch eine Zeit, in der er durch Europa tramte, in einer Rockband spielte oder Autos nach Jordanien überführte. An solche Abenteuer anschließen wird er jetzt wohl nicht. „Aber ich habe ganz große Lust darauf, Fahrrad zu fahren, zu fotografieren, Klavier zu spielen und mit meiner Frau zu wandern“, sagt er. Das klingt zunächst erstaunlich harmlos und ist in seinen Augen doch ein ganz eigenes Abenteuer. „Ich bin nun in der Situation, wo ich noch niemand bin und herausbekommen werde: ‚wer bin ich jetzt?‘“ Vieles hinter sich zu lassen, sei er allerdings durch seinen beruflichen Werdegang gewohnt. „Ich habe etwas von einem Nomaden“, meint er. Und zitiert den biblischen Satz: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ von Cornelia Kurth