Wolf in Rinteln: Schwierige Spurensuche

Die Meldung hatte Ende vergangenen Jahres für einige Aufregung und zumindest auch für Diskussionsstoff gesorgt: Im Exter Feld und am Heinekamp, also nah der Innenstadt, seien zu verschiedenen Zeitpunkten mehrere Wölfe beobachtet worden. Von fünf Wölfen war die Rede. Der Möllenbecker Landwirt Anthony Lee, auch stellvertretender Vorsitzender des Landvolks Weserbergland, hatte von diesen Sichtungen „aus glaubwürdiger Quelle“ berichtet. Ein Wolf soll demnach sogar einmal die Pionier-Brücke nahe der Tagespflege „Am Bären“ betreten haben. „Jetzt gibt es den Beweis“, sagt Lee. Er verweist auf die Rintelnerin Michaela Müller-Lindemann, die ehrenamtlich als sogenannte Rissbegleiterin tätig ist. Ein Rissbegleiter hält nach möglichen Spuren von Wölfen Ausschau, zum Beispiel nach Abdrücken von Pfoten im Schlamm, sogenannten Trittsiegeln. Oder nach entsprechenden Spuren an gerissenen Wildtieren. Im Gespräch mit dieser Zeitung sagt Müller-Lindemann, dass jetzt tatsächlich der Beweis dafür vorliege, dass Wölfe im Exter Feld zumindest durchgekommen seien. Sie habe Trittsiegel gefunden und an einem gerissenen Rehbock im Feld DNA-Spuren, also Genproben, entnommen. Rissbegleiter bekommen entsprechende Sets zur Verfügung gestellt, um im Verdachtsfall Fell oder Zähne zu sichern. Diese können dann an ein Institut geschickt werden, das diese Spuren analysiert. Entsprechende Schulungen gibt es durch den deutlich wolfskritischen Verein „Wölfe vs. Land – Bürgerschutz vor Großraubtieren“. Der Verein arbeitet hierbei eng mit dem Institut „ForGen“ zusammen, einem Institut für Forensische Genetik und Rechtsmedizin in Hamburg. Die ForGen-Analyse hat in den Augen von Michaela Müller-Lindemann eindeutig bewiesen, dass ein oder mehrere Wölfe im Exter Feld Ende Dezember den jungen Rehbock gerissen haben. Aus dem Gutachten – das Müller-Lindemann der Redaktion lediglich mit geschwärzten Stellen zur Verfügung stellt – geht hervor, dass Spuren zweier Vertreter der Canidae festgestellt wurden, also der Hunde-Familie. Mindestens einer davon sei männlich gewesen. Die Stelle sei auf einem Feld am Heinekamp gewesen, 300 Meter in Richtung B238, vor der Unterführung, wo es Büsche und Bäume gebe, so Müller-Lindemann. Als Pflegekraft habe sie zum Glück Ahnung gehabt, wie man zuverlässige DNA-Proben nehme. Viele Spuren seien nicht mehr am Tierkadaver gewesen, sagt die Rintelnerin, doch sie wisse, „worauf es ankommt“. Bestätigen kann die angeblichen Wolfsspuren jedoch bislang keine offizielle Stelle. Da die DNA nur zu einem Angehörigen der Canidae zurückverfolgt werden kann, „kann das auch ein Hund oder Fuchs gewesen sein“, sagt Schaumburgs Wolfsberater Florian Brandes. Es könnte auch ein Wolf gewesen sein – doch die gesicherten Spuren seien nicht aussagekräftig genug gewesen, um dies zweifelsfrei sagen zu können. „Bislang gibt es nur die Gerüchte“, sagt Brandes. Es sei unwahrscheinlich, dass sich Wölfe dort länger aufhalten würden, ohne dass sie öfters gesichtet würden. Müller-Lindemann hingegen behauptet, dort öfters schon Wölfe gesehen zu haben. Bei Wolfssichtungen sind die Wolfsberater die ersten Ansprechpartner. Diese ordnen die Informationen ein und geben sie an das Wolfsbüro in Hannover weiter. Weil Wolfsberater qua ihres Amtes viele Wolfssichtungen sowie angebliche Wolfsspuren nicht bestätigen können, wenn es die Beweislage – Fotos, Videos, Genproben – nicht eindeutig hergibt, sind sie unter Rissbegleitern nicht unbedingt beliebt. Gutachten werden daher manchmal gar nicht oder nur geschwärzt herausgegeben. Umso emsiger ist der Austausch der Rissbegleiter in Chatgruppen und sozialen Netzwerken. Anthony Lee sowie Michaela Müller-Lindemann glauben jedoch, dass sie einen Wolf oder Wölfe auf Rintelner Gebiet nachweisen können. Lee hat an seinem Betrieb in Möllenbeck Wildtierkameras aufgestellt, Müller-Lindemann habe sich nach einem Ortstermin mit einem Wolfsberater ebenfalls Wildkameras ausgeliehen. „Man sieht hier inzwischen Wölfe am helllichten Tag“, sagt sie. Sie arbeitet in der Nähe des Heinekamps. Nun hat sie noch eine verdächtige Losungsprobe eingesammelt und ins Hamburger Institut geschickt, erzählt sie: „Die Hinweise mehren sich.“ Unter anderem habe ein „befreundeter Jäger“ nachts ein Video aufgenommen, dass „mit sehr großer Wahrscheinlichkeit“ einen Wolf zeige. Das habe sie auch an den Wolfsberater weitergeleitet, im sogenannten Wolfsmonitoring tauche es jedoch noch nicht auf. In ihren sowie Lees Augen gehe es nicht darum, Panik zu verbreiten, sondern darum, die Bevölkerung und Landwirte auf die Anwesenheit des Wolfes aufmerksam zu machen. „Wir wollen Fördergeld, um Schutzmaßnahmen ergreifen zu können“, sagt Müller-Lindemann. von Marieluise Denecke Hat ein Wolf ein 30-Kilo-Kalb auf einer Weide bei Strücken gerissen? Wolfsberater sagt: Wölfe bei Rinteln „unwahrscheinlich“