Lauenau: Vermeintliche Frauen-Kundgebung war in Wahrheit eine Corona-Demo

Angekündigt hatte sich eine Gruppe um die Aktivisten Eva Rosen und Alexandra Motschmann, die sich als Sprecherinnen der in diesem Jahr gegründeten Parteien Wir2020 und Die Basis ausgaben. Es solle für Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit geworben werben. Diese Schlagworte fielen auf dem Parkplatz der Eishalle Lauenau auch viele Male – ebenso wie der Appell, ausschließlich gewaltfrei zu protestieren. Doch geschah dies ausschließlich im Kontext zu Corona-skeptischen Aussagen. Fast nur das Thema Corona: Die meisten der Zuhörer störten sich aber offenbar nicht an dem Widerspruch. Lediglich zwei Besucher – augenscheinlich Vater und Sohn, die mit roten Windlichtern erschienen waren – verließen den Parkplatz, als die zweite Rednerin am Mikro stand und ebenfalls ausschließlich von Corona sprach. Diese Zeitung erkundigte sich bereits während der ersten Rede bei Rosen, die die Kundgebung angemeldet hatte, ob es den ganzen Abend um dieses Thema gehen würde. Antwort: „Nein, wir haben unterschiedliche Redner.“ Lesen Sie auch: Warum die Eishalle in Lauenau geschlossen bleibt Allerdings begab sich nur eine davon – sie wurde als Mia angekündigt – auf anderes Terrain, indem sie sieben Forderungen an Bürgermeister verlas, wie diese ihre Kommunen führen sollten. Sie wolle diese Thesen „wie Martin Luther“ an die Türen der Rathäuser heften. Rosen selbst betonte, dass sie Corona nicht leugne, die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus aber als überzogen empfinde. Sie begründete dies mit wirtschaftlichen Einschnitten, an Einsamkeit leidenden Menschen und angeblichen Schäden bei Kindern durch Maskentragen. Verkehrsknoten sollen blockiert werden: Die Aussagen blieben schwammig. An vielen Stellen erwiesen sich angebliche Fakten als fragwürdig oder rundweg verkehrt. Mehrfach wurde wahlweise behauptet, in Deutschland herrsche bereits eine Diktatur oder es werde gerade eine solche aufgebaut. Die Polizei, die „gleichgeschalteten Staatsmedien“ (Rosen), die Regierung und die Kirche wurden scharf kritisiert. Rosen unterstrich zudem, dass ihre Haltung nichts mit Verschwörungstheorien zu tun habe. „Die gibt es auch gar nicht, weil sie ja alle wahr werden“, folgerte die Aktivistin. Der Polizist aus Hannover, der wegen seiner Auftritte auf Anti-Corona-Demonstrationen vom Dienst suspendiert worden ist, kündigte eine „konzertierte Aktion“ an, bei der in ganz Europa der Verkehr lahmgelegt werden solle, indem wichtige Knotenpunkte blockiert würden. Dies solle „friedlich“ geschehen – und zwar zwischen dem 20. und dem 31. Dezember. Der suspendierte Beamte sprach zudem davon, dass Deutschland Hilfe von „Alliierten“ benötige, ohne zu spezifizieren, wen er damit meinte. Derselbe Begriff tauchte bei einem Redner namens Klaus auf. Das Grundgesetz sei „von den Alliierten beschlossen“ worden, gehörte zu seinen Behauptungen. Außerdem sagte er, die IRA habe in Niedersachsen Attentate verübt. Kurz zuvor hatte er aber auch die RAF erwähnt. "Klaus" war ferner der Ansicht, dass es bessere Wege gebe, das Coronavirus zu bekämpfen. Konkret wurde er nicht. Publikum aus "bürgerlichem Spektrum": Die Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg sicherte den Ort der Kundgebung mit ihrer 15-köpfigen Verfügungseinheit ab, um zu beobachten, ob sich auch gewaltbereite Gruppierungen unter die Teilnehmer mischen würden. Dies war aber nicht der Fall. Auch sahen die Beamten keine verfassungsfeindlichen Zeichen. Polizeisprecher Axel Bergmann sagte, das Publikum entstamme „dem bürgerlichen Spektrum“. Die Rodenberger Verwaltung war mit fünf Mitarbeitern vertreten. Die Redner blieben nach Bergmanns Urteil im Rahmen des Erlaubten. Der Deckmantel der Frauenbus-Tour hinterlässt aber auch bei ihm einen Beigeschmack – er spricht von einer Mogelpackung. Die Polizei hatte allerdings nach vorherigen Auftritten der Gruppe – unter anderem in Kassel – bereits gewusst, was wirklich geplant war. Daher das recht große Aufgebot in Lauenau. Vom Zuschauerandrang zeigte sich nicht nur Bergmann überrascht. Auch die Eröffnungsrednerin war verblüfft und sagte, es seien mehr Besucher da als zuvor in Lübeck. Der Frauenbus ist eine Imitation des Corona-Info-Busses von Pandemie-Skeptiker Bodo Schiffmann, der damit auch durch Deutschland reist. Der Arzt ist eine der bekanntesten Figuren der Querdenker-Szene. Am 23. November startete Eva Rosen per Videobotschaft einen Spendenaufruf, weil sie ihrerseits mit einigen weiteren Aktivistinnen eine Tour starten wolle, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Beide Fahrzeuge sind schwarz. Der Frauenbus trägt über der vorderen Stoßstange den Namen „Jean d‘Arc“ – offenbar in Anlehnung an die französische Freiheitskämpferin Jeanne d‘Arc. Vor dem Bürgerentscheid: So verhärtet sind die Fronten im Streit um die Herbertusstube Die Mallorca-Party im Sägewerk musste wegen Corona dreimal verschoben werden Warum die Kulturinitiative Lauenau trotz Pandemie optimistisch in die Zukunft schaut Von Guido Scholl