Dass früher viele Rodenberg-Postkarten versandt wurden, ist eine Hilfe für Historiker

Die Annahme, dass Postkarten mit zum Schmunzeln anregenden Motiven eine neumodische Erscheinung sind, ist ein Fehlschluss. Zwar beherrschten in erster Linie Aufnahmen von Landschaft, Natur und Architektur die Auswahl. Es gab aber auch – um ein Beispiel zu nennen – ein Schriftstück mit Feriengrüßen von „schreibfaulen Leuten“. „Die Schreibfaulheit ist riesengroß. Und hier ist stets was andres los. Drum schnell ein Gruß der kurz und sinnig! Man sieht durchaus: am Leben bin ich!“, ist auf der Karte zu lesen. Zwischen Motiven wie der Jugendherberge und „Am Kolk“ sind dort Stichworte für den Schreiber vorgegeben. Zu den Punkten Unterkunft, Verpflegung, Durst und Wetter ist jeweils ein „gut“ notiert worden, bei Stimmung hat der Autor „glänzend“ eingetragen, bei Geld: „reicht aus“. Wann die Karte versendet wurde, ist allerdings unbekannt. "Klein Venedig" und Mühle beliebt: Als begehrtes Foto-Objekt für Postkarten galt augenscheinlich die Windmühle. Im Fundus der Museumslandschaft findet sich beispielsweise ein Exemplar von 1921. Das Bild zeigt abgesehen vom Rodenberger Wahrzeichen auch den gläsernen Pavillon, der damals im Südosten der Anlage stand. Ein weiteres beliebtes Postkartenmotiv war die Rodenberger Aue mit dem Siedlungsbereich „Klein Venedig“ und dem Kirchdamm am anderen Ufer. Diverse Ansichtskarten stellen die Veränderungen im Zeitverlauf dar. Auf einem Briefstück von 1924 ist beispielsweise noch der breitere Kirchdamm dargestellt. Dieser wurde wegen des dadurch entstehenden Engpasses der Rodenberger Aue bei Hochwassersituationen um 1948 auf das heutige schmale Maß zurückgebaut, wie es einer Notiz der Museumslandschaft zu entnehmen ist. Wie sich das Stadtbild über die Jahrzehnte und Jahrhunderte verändert hat, zeigen auch die Aufnahmen der Langen Straße eindrücklich. Anhaltspunkte dafür, aus welchem Jahrzehnt sie stammen, liefern bei manchen Aufnahmen auch die am Straßenrand geparkten Autos. Auf einem Bild ist beispielsweise ein „Brezelkäfer“ vor der neu erbauten Sparkassenfiliale zu sehen. Eine Karte ging nach Algesdorf: Eine der ältesten Postkarten ist jene aus dem Jahr 1902 – wobei es auch mehrere Exemplare aus den 1890er Jahren gibt. Ins Auge fallen beim genannten Motiv ein hölzerner Anhänger, der wohl von Pferden gezogen wurde, sowie mehrere Markisen vor Eingangstüren. Diese waren offenbar nicht immer im Trend, sie tauchen im Zeitverlauf aber immer wieder auf. Häufig durch Deutschland und die Welt geschickt worden sind auch die Bürgerschule, die heutige Julius-Rodenberg-Schule, sowie das Amtsgericht, in dem heute das Rathaus untergebracht ist. Auf einem Bild von 1923 lässt sich auch das dort damals aufgestellte Kriegerdenkmal erkennen. Viele aus Rodenberg versendete Karten sind über den Tresen des 1906 erbauten Postamtes gegangen – zumindest bis zu dessen Abriss in den 1970er Jahren. Das Kaiserliche Postamt befand sich am Amtsplatz, wo heute die Volksbank steht. Es gab sogar auch Ansichtskarten mit der Post als Motiv. Auf einem jener Exemplare lässt sich eine etwas verwunderliche Entdeckung machen: Offenbar wurden Postkarten auch als Grüße auf kürzester Distanz versandt: Eine Karte ging nämlich im Jahr 1919 nach Algesdorf. Eingesehen werden können alle Postkarten in den digitalen Versionen des Museums, die über die Internetseite des Vereins zu finden ist. Die Adresse lautet www.museumslandschaft-rodenberg.de. von Andrea Göttling Mehr postalische Lokalhistorie: In Ohndorf besteht bis heute eine Tradition örtlicher Postkarten-Gestaltung Teure Grüße aus Nenndorf: Warum die Kurstadt besonders viele Karten vorweisen kann