Sachsenhäger Aue soll Regenwasser aus neuen Baugebieten schlucken

Damit der Bach den Zustrom verkraften kann, soll er verbreitert werden. Gleichzeitig will die Gemeinde die Aue ökologisch aufwerten. Das Baugebiet Lindenweg-West ist komplett mit Häusern belegt, das Baugebiet Auf der Dahne zur Hälfte. „Die restlichen Grundstücke in Düdinghausen sind aber auch schon verkauft“, sagt Kurt Blume, Auhagens stellvertretender Bürgermeister. In beiden Fällen könnte die Gemeinde Rückhaltebecken für das Regenwassers bauen, schließlich will niemand, dass die Neubürger nasse Füße kriegen. Beide Gebiete sind jedoch zu klein dafür. Die Alternative: Gräben. Für „Lindenweg-West“ hat die Gemeinde einen zur Aue anlegen lassen (in Absprache mit der Stadt Sachsenhagen, auf deren Gebiet der Lindenweg liegt). Aus „Auf der Dahne“ führt bereits einer zur Aue. Ufer sollen aufgeweitet werden: Die Sachsenhäger Aue muss aber ertüchtigt werden, damit sie das Mehr-Wasser verkraftet. Dazu soll sie an beiden Ufern „aufgeweitet“ werden, wie Fachleute das nennen. „Wir schaffen mit diesen zusätzlichen Flächen quasi ein natürliches Regenwasser-Rückhaltebecken“, erklärt Blume. „Retention“ heißt es, wenn Hochwasser auf diese Weise verhindert wird. Den Eingriff wollen Politik und Verwaltung nutzen, um ein Stück der Aue zu renaturieren. Dazu will man Blänken anlegen, also Tümpelchen, deren Wasserstand schwankt; Wasservögel lieben Blänken (das Wort leitet sich von der schimmernden Oberfläche ab). Hinzu sollen Kiesbänke und Totholz kommen. Der Bach sucht sich dann einen neuen Weg, wohl kaum schnurgerade, sondern mäandernd. Das ist der Stand der Neubaugebiete in Auhagen und Sachsenhagen Auhagen geht voran: Kalte Wärme für 25 Häuser Eine solche Maßnahme gab es schon einmal. 2008 hatten Landkreis (Untere Wasserbehörde) und Gemeinde an anderer Stelle ein Stück der Aue wieder näher an die Natur gerückt. Im Zuge der Bewirtschaftung der angrenzenden Weiden und Wiesen waren zuvor Tümpel und Blänken verfüllt worden, so dass das Aue-Hochwasser nicht mehr ausweichen konnte. Man ließ auf 3000 Quadratmetern bis zu zwei Meter Boden abtragen. Ein „Puffer“ von fünf bis zehn Metern Breite zur nächsten Weide blieb erhalten. Auch seinerzeit war der Auslöser des Eingriffs gewesen, Retentionsflächen für den Zufluss von Regenwasser aus einem Baugebiet zu schaffen, in dem kein Rückhaltebecken gebaut wird. Gerade Wasserläufe im Dritten Reich: Kurt Blume, seit mehr als einem halben Jahrhundert in der Kommunalpolitik, hat beobachtet, dass sich der Blick auf Bäche wie die Aue mehrfach geändert hat. „Erst schätzte man krumme Bäche, weil sie das Wasser hielten, das die Bauern zum Wirtschaften brauchten, dann wurde der begradigte Bach zum Ideal, weil er leichter zu pflegen war.“ Vor allem zu Zeiten des Nationalsozialismus zogen überall im Land Reichsarbeitsdienstler Wasserläufe glatt. Heute, schließt Blume den Kreis, sind wieder „wild mäandernde Bäche gefragt, weil das gut für die Natur ist“. Für die Renaturierung könnte die Gemeinde Zuschüsse vom Land oder der Europäischen Gemeinschaft bekommen, bis zu 90 Prozent der anfallenden Kosten. Zunächst muss die Verwaltung jedoch mit den Eigentümern jener Grundstücke verhandeln, die für Retention und Renaturierung gebraucht werden. Was immer die Auhäger mit der Aue anstellen: Genehmigen muss die Maßnahmen die Untere Wasserbehörde. Von Arne Boecker