Für 5,4 Millionen Euro: Samtgemeinde Sachsenhagen verkauft ihr Klärwerk

Als der Rat der Samtgemeinde Sachsenhagen Tagesordnungspunkt 5 hinter sich gebracht hatte, griff der Vorsitzende Heiko Bothe (CDU) tief in den Topf, in dem er Pathos aufbewahrt. „Das war historisch“, kommentierte er. Bothe war kaum zu stoppen: Soeben habe man wahrscheinlich „den wichtigsten Beschluss des ganzen Jahres gefasst“. Die Wortwahl war jedoch durchaus angemessen: Der Rat hat das Vermögen der Samtgemeinde am Montagabend um 5,4 Millionen Euro vermehrt. Dafür gehören Klärwerk und Kanalnetz jetzt jedoch nicht mehr der Kommune, sondern dem Wasserverband Nordschaumburg. Argumente für Verkauf: "Effizientere, günstigere, fachlich saubere Arbeit": In seiner Einführung listete Samtgemeindebürgermeister Jörn Wedemeier die Pro-Verkauf-Argumente auf. Der Abwasserbetrieb könne unter dem Dach des Wasserverbands Nordschaumburg „effizienter, kostengünstiger und trotzdem fachlich sauber“ arbeiten. Hintergrund: Der Wasserverband mit Sitz in Lindhorst hat mit dem Klärwerk im Auetal seit 2005 schon eine Anlage im Portefeuille. „Es wird künftig möglich sein, mit einem einzigen Bereitschaftsdienst für beide Werke auszukommen“, sagte Wedemeier; Laborarbeit könne man sich wohl auch teilen. Dem Verkauf gingen zwei Jahre lang kontroverse Diskussionen voran... Der Verkauf des Abwasserbetriebs hatte in der Samtgemeinde über fast zwei Jahre kontroverse Diskussionen ausgelöst, deren Nachhall auch in der jetzigen Sitzung noch zu vernehmen war. Erweiterung verschoben: Technische Leiterin verlässt Stadthäger Klärwerk Wasserverband Nordschaumburg - Im Herbst heißt es: Wasser, marsch! Wasserverband Nordschaumburg steht gut da Im Herbst 2018 war der Grundsatzbeschluss gefallen, mit dem Wasserverband zu verhandeln. Die Bremer Wirtschaftsprüfer Göken, Pollak und Partner lieferten ein Gutachten, in dem sie als Verkaufspreis 4,5 Millionen Euro vorschlugen. Als Bürgermeister Jörn Wedemeier im September des vergangenen Jahres jedoch mit dieser Summe vor den Rat der Samtgemeinde trat, fiel der Verkauf durch. Die Gruppe CDU/Wählergemeinschaft sowie die Grünen hatten Bedenken: Einige wollten schlicht mehr Geld sehen, andere plagten grundsätzliche Sorgen....und die Diskussionen flammen jetzt kurzzeitig wieder auf: „Es war gut, dass wir auf die Bremse getreten sind“, sagte CDU/WGS-Sprecher Klaus-Dieter Drewes. Er bezog sich darauf, dass die Samtgemeinde jetzt schließlich „eine Million Euro mehr“ bekomme als im Göken-Pollak-Gutachten gestanden habe. Es war gut, dass wir auf die Bremse getreten sind. Klaus-Dieter Drewes , Sprecher der CDU/WGS Der SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Golembiewski erinnerte Drewes daran, dass der Samtgemeinderat zeitgleich zu dem Auftrag, mit dem Wasserverband Nordschaumburg wegen der Kaufsumme nachzuverhandeln, den Wasserpreis erhöht hatte – von 2,90 auf 3,10 Euro pro Kubikmeter. „Nur deswegen ist der Preis für den Abwasserbetrieb gestiegen“, sagte er und spitzte sein Argument weiter zu: „Wir haben also dem Bürger in die Tasche gegriffen, um eine höhere Summe zu erzielen.“ CDU/WGS-Sprecher Drewes hielt dagegen, die Preiserhöhung summiere sich bei weitem nicht auf eine Million Euro: „Wir sollten die Grundprinzipien der Mathematik beachten.“ Argumente gegen Verkauf: Jetzt kommunaler Besitz, später kein Einfluss mehr auf Gebühren: Einige Ratsmitglieder äußerten prinzipielle Bedenken dagegen, kommunalen Besitz zu verkaufen. Dieses Lager umschloss CDU-Mann Dieter Eidtmann („Ich bin in diesen Fragen konservativ“) bis zu Grünen-Sprecherin Monika Tautz („Wir geben die Aufsicht über die Gebühren aus der Hand“). Mit 17 von 24 Ratsmitgliedern fand der Verkauf jedoch eine große Mehrheit. Wir geben die Aufsicht über die Gebühren aus der Hand. Monika Tautz , Sprecherin der Grünen im Samtgemeinderat Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass die Samtgemeinde ihren Abwasserbetrieb nicht an einen privaten Investor abgibt, sondern an ein Unternehmen, das Kommunen dirigieren: fünf Samtgemeinden (darunter Sachsenhagen), zwei Städte und eine Gemeinde. Samtgemeinde sichert sich ab Vorsteher des Verbands ist im Ehrenamt Jörn Wedemeier, Bürgermeister der Samtgemeinde Sachsenhagen. Mit dem Verkauf von Klärwerk und Kanalnetz verdoppelt sich das Stimmgewicht der Samtgemeinde in der Verbandsversammlung. Schließlich verhandelte die Samtgemeinde noch eine weitere Absicherung in den Kaufvertrag hinein, um zu verhindern, dass sich dunkle Finanzgroßmächte ihres Abwassernetzes bemächtigen. Sollte der Wasserverband die Anlagen wieder loswerden wollen, haben die Sachsenhäger ein Vorkaufsrecht. Von Arne Boecker

Wasserverband schlägt zu - Für 5,4 Millionen Euro: Samtgemeinde Sachsenhagen verkauft ihr Klärwerk