Kinderbetreuung: Samtgemeinde Sachsenhagen will der Krippen-Krise vorbeugen

Ein ebenso wichtiges wie grundlegendes Thema haben die Mitglieder dreier Ratsausschüsse aus Sachsenhagen und Hagenburg am Mittwochabend gewälzt. „Gesamtkonzept der Kindertagesbetreuung in der Samtgemeinde“ war der Tagesordnungspunkt betitelt. Am Ende der Diskussion stand kein fertiges Konzept, aber die Argumente für die eine oder andere Vorgehensweise liegen jetzt auf dem Tisch. Eine 13-seitige, informative und faktenstarke Vorlage hatte die Verwaltung der Samtgemeinde um Bürgermeister Jörn Wedemeier und Kita-Fachmann Roland Reichert gefertigt, um den Kommunalpolitikern eine Basis für künftige Weichenstellungen zu liefern. Samtgemeinde leistet bei Kinderbetreuung mehr, als sie müsste: Die Sachsenhägerin Rolandies Sass (SPD) leitete die Dreier-Sitzung, an der die Sozialausschüsse aus Sachsenhagen und Hagenburg sowie der Jugendausschuss aus Hagenburg teilnahmen. „Welche Kinderbetreuung wollen wir?“, fragte sie. Sass spielte darauf an, dass die Samtgemeinde den Rechtsanspruch auf die Betreuung ihrer Kinder in vielen Bereichen nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt. Wedemeier hatte dazu eine Zahl parat: „Der Rechtsanspruch umfasst vier Stunden Betreuung pro Tag“, rechnete er: „Wenn wir unser Angebot darauf zurückschrauben, gewinnen wir eine Million Euro pro Jahr.“ Angebot erhalten oder auf das Vorgeschriebene reduzieren? Dies ist eine der Fragen, für die die Politik Lösungen finden muss. Der Platzbedarf steigt - insbesondere im Krippen-Bereich: Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass das Hochrechnen künftiger Bedarfe wacklig sei; mehrfach fiel das Wort von der „Glaskugel“, in die man schaue. Klar ist: „Ein Fehlbedarf besteht an Krippen-Plätzen, wie die aktuellen Wartelisten für die Hagenburger Krippen und die Sachsenhäger Krippen-Gruppen zeigen“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. 111 Plätze gibt es derzeit, mittelfristig wird man wohl 140 brauchen, auch weil in Sachsenhagen, Hagenburg und auch Auhagen Bauplätze wie Pilze aus dem Boden ploppen. Der steigende Bedarf an Plätzen für ein bis drei Jahre alte Kinder erfordert also „eine möglichst kurzfristig realisierbare Erweiterung des Angebots“, gibt die Verwaltung die Richtung vor. Kitas in der Samtgemeinde Sachsenhagen sind voll Neubau oder Umbau? Ball liegt jetzt bei der Verwaltung: In der Diskussion zeichneten sich zwei Denkschulen ab, um das Problem zu lösen. Die einen, Sachsenhagens Bürgermeister Ralf Hantke (SPD) vorneweg, wollen eine neue Krippe bauen, die anderen – Hagenburgs Bürgermeister Dieter Eidtmann (CDU) mittenmang – wollen Zeit zum Überlegen und Planen gewinnen, indem sie bestehende Gebäude so umbauen, dass Platz für kleine und sehr kleine Mädchen und Jungen gewonnen wird. Mehrere Redner legten Wert auf die Feststellung, dass sie nur für sich, nicht aber ihre Fraktion sprechen. Bis die Linien festgelegt sind, wird jetzt die Verwaltung ran müssen: Sie bekam den Auftrag, die Verfügbarkeit von Gebäuden zu prüfen, mit deren Hilfe sich die Lücken im Raumangebot stopfen lassen. Das war eine ungewöhnliche Sitzung! Ratsmitglieder aus Sachsenhagen und Hagenburg hockten sich zusammen, um die künftige Krippen-Krise zu diskutieren. Sie taten dies auf hohem Niveau. Nur gelegentlich stichelte mal ein Sachsenhäger Richtung Hagenburg, worauf ein Hagenburger zurückziepte. Dass beide Kommunen die neue Krippe - so sie denn kommt - auf ihrem Gebiet sehen wollen, ist legitim. Die Politik in der Samtgemeinde Sachsenhagen ist stolz auf das reiche Angebot, das sie Eltern unterbreiten kann. Dieser „Luxus“ hat jedoch einen Preis. Diese Zahl kennt nur eine Richtung: aufwärts. Es wird kluge Lösungen brauchen, um einerseits die gestiegenen Ansprüche der Eltern nicht zu enttäuschen, andererseits die „Kinderbetreuung“ finanzierbar zu halten. So lehrreich und anregend der Abend in der Aula der Sachsenhäger Grundschule auch war, im Prinzip haben die Ausschüsse den Schwarzen Peter an die Verwaltung weitergegeben. Sie soll jetzt recherchieren, ob einen Neubau vermeiden kann, wer vorhandene Häuser umbaut. Dann sind wieder die Räte dran: Sie werden nachweisen müssen, dass sie nicht nur klug schnacken, sondern auch scharf entscheiden können. Von Arne Boecker