Einjähriger läuft auf B 65 in Stadthagen zu - Radfahrer verhindert Tragödie

Um ein Haar wäre der kleine Bennet in den Verkehr geraten. Allein der Sog der großen Lkw hätte das Kleinkind auf die Straße ziehen können, meint Gottwald. „Ich mache mir so große Vorwürfe, dass ich diesen einen Moment nicht aufgepasst habe.“ Dass der Vorfall gut ausging, verdanke sie und ihre Familie in erster Linie einem unbekannten Radfahrer. Schutzengel kommt vorbeigeradelt: Der „Schutzengel“, wie ihn Gottwald nennt, kam genau in diesem Moment der Unachtsamkeit am Grundstück der Familie vorbeigefahren. Er sah das Kind und stellte sich quer vor den Jungen, damit er nicht weiter Richtung Straße läuft. „Wenn er in diesem Moment nicht da gewesen wäre...“, da bricht sie den Satz ab. „Ihn hat der Himmel geschickt“, sagt die 36-jährige Mutter von drei Kindern. Ihr Sohn habe den Mann nur mit großen Augen angesehen. Gottwald berichtet, dass sie am besagten Tag mit Bennet auf ihrem Grundstück stand. Sie hatte vergessen, das Tor zu schließen. „Ich habe die Post durchgesehen und in diesem Moment hatte ich meinen Sohn nicht im Blick.“ Diese Unaufmerksamkeit habe fast zu einer Tragödie geführt. In dem Moment, als Gottwald die gefährliche Situation realisierte, sei sie zu ihrem Sohn gerannt und habe ihn auf den Arm genommen. „Dem Fahrradfahrer habe ich immer wieder keuchend ‚danke, danke‘ zugerufen. Ich stand unter Schock, konnte nichts anderes sagen.“ Verfolgungsjagd durch Schaumburg: 16-Jähriger flüchtet mit 160 km/h vor der Polizei Familie mit Schwert bedroht: Stadthäger muss in Entzug Ladendieb in Bückeburg gefasst und vor dem Haftrichter Der Mann sei rasch davon gefahren. Sehr bemerkenswert findet Gottwald auch nach ein paar Tagen Abstand, dass der Radfahrer sehr verständnisvoll reagiert habe. „Er war total freundlich und hat mir in keiner Weise Vorwürfe gemacht.“ Er sei davon gefahren und habe nur gesagt: „Kein Problem.“ Und schon war er verschwunden. An dem Tag konnte sie zunächst mit niemanden aus der Familie oder mit Freunden über den Vorfall sprechen. Zu groß waren die eigenen Vorwürfe und das schlechte Gewissen. Erst am Abend habe sie den Mut gefasst, mit ihrem Mann zu sprechen und am nächsten Tag mit ihren Eltern. Diesen 2. März wird Gottwald nicht vergessen: Im Familien-Kalender steht nun der Vermerk: „Bennets Schutzengel-Tag.“ Wenig Radfahrer oder Fußgänger unterwegs: In den vergangenen Tagen habe sie häufig die Straße und den Radweg vor ihrem Haus an der Bundesstraße 65 beobachtet und festgestellt, wie wenig Radfahrer oder Fußgänger dort unterwegs sind. „Es ist einfach ein unfassbares Glück und Zufall, dass am Dienstag genau im richtigen Moment der Mann zur Stelle war.“ Das lässt die 36-Jährige demütig werden, sagt sie und spricht von einer glücklichen Fügung, vielleicht auch durch Gott. Gerne möchte sie in Ruhe dem Mann, den sie wegen einer Mütze kaum erkannt hat, danken. Außerdem appelliert sie an alle Menschen, einzugreifen und aufmerksam zu sein. „Viele wären vorbeigefahren, hätten sich nicht getraut, zu handeln.“ Gottwald vermutet, dass Menschen Angst haben könnten, von Eltern zurückgewiesen zu werden. Vorwürfe wie „Fassen Sie mein Kind nicht an“ hören zu müssen. Ihre Devise aber lautet – spätestens seit Dienstag: „Lieber ein Mal zu viel als zu wenig helfen.“ Corina Gottwald würde sich gerne bei Bennets Schutzengel bedanken. Die SN stellen gern den Kontakt her: sn@madsack.de. Von Jennifer Minke-Beil