Jazz-Musiker Phillip Dornbusch aus Stadthagen will die Welt verbessern

Das Ziel seiner Musik formuliert der gebürtige Stadthäger Phillip Dornbusch bescheiden: Die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen. „Ich möchte mit meiner Musik bestimmte Probleme ins Bewusstsein rufen“, erklärt der 26-jährige Tenorsaxofonist, der heute in Berlin lebt. „Mourning“ etwa sei entstanden, als 2019 das Schiff „Sea-Watch 3“ mit vielen Flüchtlingen an Bord in Italien festgesetzt wurde. „Das hat mich sehr bewegt, und aus diesen Gefühlen heraus ist das Stück entstanden“, sagt Dornbusch. „Wenn wir es live spielen, stelle ich mir vor, dass sich das Publikum mit der Geschichte auseinandersetzt.“ Auf diese Weise wolle er dazu beitragen, „dass sich Dinge in eine andere Richtung bewegen“. Musikalisch das Rad neu erfinden will er nicht, sagt Dornbusch. „Coltrane bleibt unerreicht, ebenso wie Lester Young oder aus der jüngeren Generation Chris Speed.“ Die Erforschung des Moments: Interview mit Timo Vollbrecht Auch von „starken Kollegen“ wie Niels Klein – unter dessen Leitung Dornbusch seit 2018 im Bundesjugendjazzorchester den Saxofonsatz bereichert – hat der aus Schaumburg stammende Musiker sich inspirieren lassen. Weiterhin Einfluss auf seinen eigenen Klang hatte das Können von Philipp Gropper, Pablo Held und Uli Kempendorff, und ebenso das von Lehrern wie Peter Weniger, Greg Cohen, Julia Hülsmann, Jörg Achim Keller, Marc Müllbauer, Gregoire Peters und Sebastian Gille, die Dornbusch alle im Laufe des Studiums am Jazzinstitut Berlin kennenlernte. „Sie haben mir Wege gezeigt, die ich aber bewusst alleine gehen will.“ Dornbusch spielt nicht nach Schema F. Er will ausprobieren, Wiederholungen vermeiden. So kommt es vor, dass ein und dasselbe Stück regelmäßig anders klingt, in Tonart, Rhythmus und harmonischen Variationen. „Untheoretisch“ nennt der Mittzwanziger seine Herangehensweise. „Ich schreibe lieber aus Stimmungen heraus.“ Statt von Noten lässt er sich von Gefühl und und Tagesform leiten. Für diesen Ansatz braucht es flexible Gleichgesinnte, die ihr Instrument exzellent beherrschen. „Projektor“ zusammenzustellen, hat entsprechend etwas gedauert. Das Quintett besteht aus Pianistin Johanna Summer, Gitarrist Johannes Mann, Bassisten Roger Kintopf und Drummer Philip Dornbusch, den namentlich kurioserweise nur ein „l“ vom Mann am Tenorsaxofon trennt. Konzert in Stadthagen geplant: Bei „Reflex“ handelt es sich um Ausgabe 86 der bekannten Reihe „Jazz thing Next Generation“. Innerhalb dieser ist es vielleicht der erste Eintrag, der nicht mit fertigen Konzepten an den Start geht. Dornbusch komponiert zwar mit Noten, schreibt Parts exakt auf, um den Grundgedanken des jeweiligen Stücks zu verfestigen – lässt aber mindestens genauso viel offen. Der Saxofonist spricht gern vom „Charakter der Musik“, ermuntert seine Mitstreiter zum völlig freien Spiel wie zu unvorhersehbaren Solos. „Ich zeichne den Plan für ein Haus“, sagt Dornbusch. „Den Rest dürfen die anderen mit all ihrer Kreativität hinzufügen.“ Im März geht es, sofern die Situation es erlaubt, auf Tour. Geplant ist dann auch ein Konzert in der Heimat, nämlich im Kulturzentrum Alte Polizei in Stadthagen. Von Jan-Christoph Prüfer