Ladenmieten im Corona-Lockdown: So gehen Händler und Vermieter in Stadthagen damit um

Der Einzelhandel in Stadthagen geht durch schwere Zeiten. Auch wenn die Einnahmen geringer werden, muss die Miete für die Ladenflächen weiter bezahlt werden. Peter Hauß gehört eine Immobilie in der Innenstadt, in der ein gastronomischer Betrieb untergebracht ist. Bereits während des Frühjahrslockdowns hat Hauß diesem nach eigener Darstellung zwei Kaltmieten erlassen. „Wir werden auch diesmal eine Lösung finden.“ Ein Gespräch mit den Betroffenen sei bereits abgemacht. Auf den Staat will der Verpächter sich nicht verlassen. Keul für faire Verhandlungen: Den Eintritt in faire Verhandlungen empfiehlt Betroffenen auch die aus Rinteln stammende Grünen-Bundestagsabgeordnete Katja Keul. „Vor allem dort, wo die staatlichen Hilfen nicht ausreichen.“ Keul macht aber auch darauf aufmerksam, dass Pächter und Gewerbetreibende nicht allein für die Kosten aufkommen müssen, sondern die Eigentümer und Verpächter daran zu beteiligen seien – und dass Geschäfte dies notfalls auch gerichtlich erstreiten können. Ist eine Immobilie als Gewerbemietobjekt vermietet oder verpachtet, stelle die pandemiebedingte Schließung meist einen sogenannten „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ dar, denn der eigentliche Zweck, zu dem das Objekt gemietet wurde, kann nicht mehr erfüllt werden. Lesen Sie auch: Umgestaltung des ZOB: Das sind die Pläne für den Viehmarkt In der Konsequenz müssen sich Vermieter und Mieter beziehungsweise Verpächter und Pächter über eine Vertragsanpassung für die Dauer der Pandemie einigen, so Keul. „Am Ende kann die Aufteilung auch gerichtlich entschieden werden.“ Zunächst sollten aber immer einvernehmliche Lösungen angestrebt werden. Bereits im ersten Corona-Paket hätten die Grünen das Thema im Rechtsausschuss eingebracht, „als es dort zunächst nur um einen Kündigungsschutz ging“. Keul begrüßt, „dass inzwischen auch die Justizministerin für eine ausdrückliche Klarstellung im Gesetz gesorgt habe“. Eigentlich gälten diese Rechtsgrundsätze auch unabhängig von der Pandemie. Es wäre nicht zu rechtfertigen, wenn Eigentümer und Vermieter ohne Einbußen blieben, während Gastwirte und Gewerbetreibende mit Unterstützung der öffentlichen Hand für die vollen Kosten aufzukommen hätten. Mieten oft einzige Einkünfte: Die Stadthäger Eigentümerin Birgit Schilling weist darauf hin, dass Mieten für einige Vermieter die einzigen Einkünfte seien. „Da ist es schwer, einfach mal drei Monate auszusetzen.“ Sie hält die Situation für zu komplex, um einseitig Stellung zu beziehen. Das bestätigt – aus der anderen Perspektive – Anette Bürgel, Mitinhaberin des traditionsreichen Fachgeschäfts Betten Meier. Sie möchte nicht um eine Anpassung bitten. „Im Moment können wir das noch stemmen. Für die Vermieter ist es ja auch keine leichte Zeit. Es ist ein Geben und Nehmen.“ Auch wenn die aktuelle Lage nicht einfach sei, befände Betten Meier sich noch nicht in akuter Not. Zumindest ein wenig entspannter ist die Situation für Vermieter wie Christian Scheffer. Die Räume in seinen Immobilien sind an Geschäfte vermietet, die nicht schließen müssen, wie zum Beispiel Supermärkte. Ebenfalls interessant: Spagat zwischen Job und Familie: Stadthäger berichten aus ihrem Alltag mit Corona „Mieter ist ja auch nicht gleich Mieter“, sagt Vermieterin Schilling. Zu ihren zählt ein Schuhgeschäft, einer großen Kette zugehörig. „Natürlich fliegen auch denen jetzt die Umsätze um die Ohren.“ Grundsätzlich seien bekannte Branchenriesen aber etwas anderes als das Ehepaar mit dem kleinen Geschäft in der Innenstadt. Gesetzlich würden diese dann aber in einen Topf geworfen. „Was ich ja auch wieder verstehen kann, sonst gibt es zig Ausnahmen und Sonderregelungen und man wird nie fertig“, sagt Schilling. Im ersten Lockdown hatte insbesondere der Sportartikel-Gigant Adidas Negativschlagzeilen gemacht. Dieser hatte angekündigt, für seine geschlossenen Geschäfte wegen ausbleibender Umsätze keine Miete mehr zu zahlen. Wie Hauß will auch Schilling den direkten Kontakt suchen. „Beim ersten Mal haben wir auch eine Lösung gefunden“, sagt sie. „Das wird auch diesmal klappen.“ Auch interessant: Inklusionsfirma in der Krise: PLSW-Großküche Pari pro Job macht dickes Minus Sybille Schulz, Geschäftsführerin des Papier- und Geschenkladens Die Kartenwelt in der Obernstraße, der seit Mitte Dezember nur noch für den integrierten Paketshop geöffnet und für den Verkauf geschlossen ist, hat sich direkt zu Lockdownbeginn mit ihrem Vermieter in Verbindung gesetzt: „Der hat mir dann gleich eine Stundung um ein Drittel angeboten. Wenn der Betrieb wieder läuft, zahle ich das zurück.“ Auch im ersten Lockdown im März habe sie sich mit ihm zusammengesetzt. „Ich hoffe, dass auch meine Kollegen gut durch diese Zeit kommen. Mehr Leerstände brauchen wir in der Stadt nicht.“ Weniger Kunden trotz Öffnung: Der Weinfachhandel Tröpfchen und Co darf auch im Lockdown öffnen, verzeichnet aber deutlich weniger Kunden als in den Wochen zuvor. Aktuell bestehe bei ihm noch kein akuter Handlungsbedarf, aber im Frühjahr habe er sich schnell mit dem Vermieter auf eine Anpassung der Miete verständigt, sagt Dieter Wagner, der Betreiber des Geschäfts. „Unser Vermieter ist sehr kooperativ, wir haben ein gutes Verhältnis. Wenn der Lockdown nochmal verlängert wird, würde ich vielleicht nochmal das Gespräch suchen.“ Weil so wenige Menschen in der Stadt seien, überlege er aktuell, wie im Frühjahr die Öffnungszeiten zu reduzieren und nur noch an Markttagen zu öffnen. Von Lars Grimpe und Jan-Christoph Prüfer