Prozess um Vergewaltigung: Vorstrafen ähneln aktuellen Vorwürfen

Das Jugendschöffengericht Stadthagen hatte damals zwei Jahre Jugendstrafe verhängt, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung. Das Opfer: eine 15-Jährige, die im Jahr 2015 die Freundin des Mannes war. Aus Eifersucht hatte dieser dem Mädchen einmal einen Kopfstoß ins Gesicht versetzt. Die Folge war ein Nasenbeinbruch, der im Krankenhaus behandelt werden musste. Später brach er der Jugendlichen erneut die Nase, diesmal mit einem Schlag ins Gesicht. Außerdem hatte der Stadthäger eine glühende Zigarette auf dem Handrücken der Schülerin ausgedrückt, ihr ins Gesicht gespuckt, sie als „Hure“ beschimpft und ihr ins Kinn gebissen, bis es blutete. Mobiltelefon überwacht: Das Handy der Jugendlichen musste ständig mit dem Mobiltelefon ihres Freundes verbunden sein, damit dieser sie besser kontrollieren konnte – auch im Schulunterricht. Anfangs sei er „sehr liebevoll gewesen“, hatte sich die junge Frau im alten Prozess erinnert. „Nach vier Monaten fing es dann mit den Schlägen an.“ Kai Oliver Stumpe, Jugendrichter in Stadthagen, attestierte dem Angeklagten in jenem Verfahren „permanente Eifersucht“ und stellte fest, dass er bereits „massiv strafrechtlich in Erscheinung getreten“ sei. Wegen seines gestörten Sozialverhaltens habe er zudem mehrfach die Schule wechseln müssen. Das Jugendschöffengericht hatte die Strafe damals zunächst zur Bewährung ausgesetzt. Weil der Verurteilte jedoch gegen mehrere Auflagen verstieß, wurde diese widerrufen. Dreimal hatte er bei einem Anti-Gewalt-Kurs unentschuldigt gefehlt und darüber hinaus keine einzige von 200 Sozialstunden abgeleistet. Deshalb musste der Stadthäger dann doch ins Gefängnis. Geschlagen, gebissen, verprügelt: Im aktuellen Prozess vor der 1. Großen Strafkammer am Bückeburger Landgericht werden dem Angeklagten 16 Straftaten zur Last gelegt. Dreimal soll er eine junge Frau vergewaltigt haben, die 2018 seine Lebensgefährtin war. Außerdem wirft Staatsanwältin Karin Dubben ihm gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Sachbeschädigung vor. Unter anderem soll der Mann seine Lebensgefährtin geschlagen, gebissen, mit einem Ledergürtel verprügelt und nach einem Streit an den Haaren zurück in die Wohnung gezogen haben. Opfer kann vermutlich über Monate nicht aussagen: Nachdem das mutmaßliche Opfer als Zeugin vor Gericht zuletzt einen Zusammenbruch erlitten hatte und notärztlich behandelt werden musste, wird die Frau möglicherweise über Monate nicht in der Lage sein, ihre Aussage nachzuholen. Zurückzuführen ist dies auf eine Posttraumatische Belastungsstörung – diagnostiziert im Jahr 2019. „Aus meiner Sicht ist Frau (…) nicht vernehmungsfähig“, erklärte eine Psychiaterin. Wann sich das ändert, vermochte die Sachverständige nicht genau zu sagen: „Es kann sein, dass sie in sechs Wochen oder in einem halben Jahr darüber sprechen kann. Aber ich kann nicht in die Zukunft schauen.“ ly