Schaumburg: Beratungsbedarf von Frauen und Mädchen in der Corona-Krise steigt

Erzwungene Nähe, existenzielle Sorgen: Die Corona-Krise führt dazu, dass mehr Frauen und Mädchen in ihren Familien unter psychischer und körperlicher Gewalt leiden. Umso wichtiger ist es den Mitarbeiterinnen des Mädchen- und Frauenberatungszentrums Basta in Stadthagen, auch während der Pandemie erste Anlaufstelle für Betroffene zu sein. Der Bedarf ist groß, sagt Diplom-Pädagogin Inge Wehking. 873 einzelne Beratungsgespräche in 154 Beratungsfällen hat das Basta-Team im vergangenen Jahr durchgeführt. Trotz Corona-bedingter Einschränkungen und geringerer Beratungskapazitäten als 2019 sind die Zahlen 2020 im Vergleich zu den Vorjahren fast gleich geblieben. „Das spricht für einen tatsächlichen Anstieg der Anliegen von gewaltbetroffenen Ratsuchenden“, erklärt Wehking. Zudem haben die Beraterinnen Frauen und Mädchen häufiger durch suizidale Krisen begleitet. Auf engen Raum beieinander: Das Jahr 2020 sei geprägt gewesen von emotionalen Problemen und der Verschärfung zwischenmenschlicher Konfliktsituationen in Beziehungen, Familien oder Heimeinrichtungen. Wegen des Lockdowns und der Corona-Beschränkungen steige das Stressaufkommen. Wirtschaftliche Probleme durch Kurzarbeit oder durch den Verlust des Arbeitsplatzes, die Herausforderungen von Homeoffice und Homeschooling und die Tatsache, dass in den Familien nun alle Mitglieder auf engem Raum beieinander sind, lasse auch das Aggressionspotenzial ansteigen. „Das betrifft vor allem Familien, in denen es schon verschiedene Formen häuslicher Gewalt gibt“, führt Wehking aus. Anstieg nach Lockerungen erwartet: Corona wirke wie ein Brennglas, verschärfe die Situation zusätzlich. „Die Nerven liegen in vielen Familien blank“, betont auch Wehkings Mitstreiterin Claudia Walderbach. Gefühle von Einsamkeit und Isolation könnten Ängste und Depressionen auslösen oder verstärken, sodass sich auch Frauen, die zuvor keinen Beratungsbedarf mehr hatten, erneut bei Basta gemeldet hätten. Lesen Sie auch: Weniger häusliche Gewalt trotz Lockdown? Beratungsstellen skeptisch Die Beraterinnen rechnen zudem mit einem deutlichen Anstieg von Neuanfragen, wenn der aktuelle Lockdown gelockert wird. Das habe die Erfahrung nach dem Frühjahrslockdown gezeigt. Der Grund: Die Kontaktaufnahme zu einer Beratungsstelle ist erschwert, wenn sie nicht mehr unbeobachtet von der Familie oder dem sonstigen Umfeld stattfinden kann. Das Beratungszentrum Basta in Stadthagen ist Montag von 14 bis 16 Uhr, Mittwoch von 16 bis 18 Uhr, Donnerstag von 11 bis 12 Uhr und Freitag von 15 bis 16 Uhr unter der Telefonnummer (0 57 21) 9 10 48 zu erreichen. Weitere Koordinierungs- und Beratungsstellen für Betroffene in ganz Niedersachsen finden Sie hier. von Katharina Grimpe