Sport ist beim Präsenzunterricht Pflicht - Eltern in Stadthagen besorgt wegen Infektionsrisiko

Wie Angelika Hasemann, Direktorin des Stadthäger Ratsgymnasiums, erklärt, habe sie deswegen vereinzelt Anrufe von besorgten Eltern erhalten. Einer davon war Matthias Schrade. Der Vater einer angehenden Abiturientin hat sich auch an das Kultusministerium gewandt, da er das Pochen auf den Sportunterricht für eine „Fehlentscheidung“ hält: „Selbst bei penibelster Einhaltung der ,Corona-Vorgaben‘ wird die Durchführung von Sportunterricht in geschlossenen Räumen ein erhebliches Infektionsrisiko darstellen. Das Risiko für Schüler*innen und Lehrkräfte halte ich für unverantwortlich.“ Darüber hinaus berge die Entscheidung auch ein erhebliches Haftungsrisiko. Sollte der Sportunterricht irgendwann als „Superspreading-Veranstaltung“ identifiziert werden, werde sofort die Schuldfrage aufgerufen werden. „Insofern erachte ich es hier auch für geboten, sich präventiv schützend vor die Lehrkräfte zu stellen und den Sportunterricht während des Lockdowns auszusetzen“, sagt Schrade. Kein Körperkontakt und viel Lüften: Direktorin Hasemann kann die Sorge der Eltern zwar verstehen, es habe jedoch noch keinerlei Beschwerden gegeben, dass die Regeln im Sportunterricht nicht eingehalten worden seien. Und diese seien seitenweise im Rahmenhygieneplan Corona für Schulen hinterlegt. „Dort ist genau aufgeführt, welche Sportart wie ausgeführt werden darf.“ So dürften Schüler keinen Körperkontakt haben und der Abstand sei – weil keine Masken getragen werden – auf zwei Meter erhöht. Zudem müsse alle 20 Minuten gelüftet werden. Szenario B ohne Präsenzpflicht: Nachvollziehbar oder Nachteil für Schüler? Kommentar: Ja, nein, vielleicht - Das unentschlossene Ministerium Tonne bleibt dabei: „Schulen sind keine Treiber der Pandemie“ Tatsächlich habe seine Tochter auch erzählt, dass alle Vorgaben eingehalten werden, betont Schrade, der dem Ratsgymnasium eine „tolle Arbeit“ bescheinigt: „Was die Lehrer dort unter diesen Umständen leisten, ist aller Ehre wert.“ Er sei auch ein Befürworter des Präsenzunterrichts für Abschlussklassen, „aber überall soll möglichst auf Kontakte verzichtet werden und Herr Tonne gibt Turnunterricht“, sagt Schrade kopfschüttelnd. Denn auf engem Raum in den Umkleiden könnten sich – trotz Masken – sicherlich Aerosole verbreiten, ebenso in einer Turnhalle, trotz eines Abstands von zwei Metern. Dies sei ein unnötiges Risiko. Letztes Bewegungsangebot für Kinder und Jugendliche: Am Donnerstag – nach einer Woche – hat Schrade eine Antwort vom Kultusministerium erhalten. In der E-Mail heißt es, dass Sport und Bewegung „wesentliche Bestandteile ganzheitlicher schulischer Bildung“ seien. „Angesichts der Corona-Pandemie, in der außerschulische Sportangebote schwerer erreichbar sind, gilt das umso mehr. Dem Sportunterricht kommt als oft einzig verbliebenes Bewegungsangebot für Kinder und Jugendliche besondere Bedeutung zu.“ Das Ministerium verweist auch auf die mit dem Landesgesundheitsamt erarbeiteten Infektionsschutzmaßnahmen, die für die festen Schülergruppen gelten. Die erklärt Direktorin Hasemann: „Das Problem sind die Mannschaftssportarten. Beim Fußballtraining finden beispielsweise keine Spiele statt, aber die Schüler können das Toreschießen üben oder sich Pässe zuspielen.“ Schule kein Superspreader: Bisher ist das Ratsgymnasium von der Corona-Pandemie weitestgehend verschont geblieben. Die Schüler der Abschlussklassen hätten im vergangenen Jahr nur eine einzige Woche im Homeschooling verbringen müssen, als die Schule im Szenario B war: „Hier hat sich die Schule nicht als Superspreader gezeigt“, so Hasemann. Und auch für Vater Schrade ist es keine Option, seine Tochter drei Monate vor den Abiturprüfungen zu Hause zu lassen. Er hoffe eher, dass das Kultusministerium seine Meinung noch einmal überdenkt. Von Mira Colic