Stadthagen: Rentnerin will Verwarngeld wegen Parkens in der Innenstadt nicht bezahlen

Zwischen 6 und 11, 14 und 15 sowie 18 und 19 Uhr darf die Stadthäger Fußgängerzone von „Lieferverkehr“ befahren werden. Dass sie als Kundin auch mit sperrigem Einkauf nicht dazugehört, hat eine Stadthäger Rentnerin erfahren. Für das Parken in unmittelbarer Nähe des Weinfachhandels „Tröpfchen und Co.“ an der Obernstraße soll sie 30 Euro Verwarngeld an die Bußgeldstelle des Landkreises zahlen. Das Problem: Einige Händler der Innenstadt haben ihren Kunden in der Vergangenheit offenbar gesagt, sie fielen unter die Lieferkehr-Regelung. Ordnungsamt muss selbst recherchieren: Einer von ihnen – dem Vernehmen nach aber nicht der einzige – war „Tröpfchen“-Inhaber Dieter Wagner. „Ich war aber auch fest davon ausgegangen, dass das so ist“, sagt er. Nachdem die 65-Jährige, die Glüh- und Weißwein bei ihm abholte, sich plötzlich mit der Polizei konfrontiert gesehen hatte, wurde Wagner unsicher und kontaktierte das hiesige Ordnungsamt. Dort, sagt er, musste man zur endgültigen Klärung selbst erstmal recherchieren. Eine exakte Definition von Lieferverkehr gibt es in der Straßenverkehrsordnung nämlich nicht. „Sein Inhalt ergibt sich aber aus dem Wortsinn und dem gängigen Sprachgebrauch“, heißt es in einem Urteil des Oberlandesgerichtes Thüringen von 2012. Danach könne „Lieferverkehr“ als „stichwortartige Umschreibung des zur Führung und Aufrechterhaltung eines Geschäfts- oder Gewerbebetriebes erforderlichen geschäftsmäßig – das heißt von Gewerbetreibenden und nicht von Privaten – durchgeführten Transports von Gegenständen, insbesondere Waren, von oder zu Gewerbetreibenden oder Kunden verstanden werden“. Nicht von Privatpersonen, nicht von Kundinnen wie der 65-Jährigen also. Für Dieter Wagner war das neu. Den Tipp, zu bestimmten Uhrzeiten könne man ruhig vor dem Geschäft parken, gibt er jetzt entsprechend nicht mehr. Ganz in Ordnung finde er das aber nicht. „Allein, wenn ich jetzt aus dem Fenster die Straße rauf und runter schaue, sehe ich zwei Autos, die sind bestimmt kein Lieferverkehr, und es ist nach 11 Uhr“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich verkaufe teils mehrere, schwere Weinkisten, wie sollen die Leute das machen? Und es ist ja auch noch nie was passiert.“ Gibt es ein generelles Problem? Auf die Frage, ob es in der Innenstadt ein generelles Problem mit der Lieferverkehr-Regelung gibt, heißt es aus dem Rathaus, das Ordnungsamt ahnde zwar Parkverstöße, stelle aber keine Zahlen nach Orten sortiert fest. Stadtsprecherin Bettina Burger ergänzt: „Verstöße gegen die Einhaltung der Lieferzeiten in der Fußgängerzone werden nicht von uns geahndet, sofern es sich um fließenden Verkehr handelt. Hier macht die Polizei ab und an Kontrollen.“ Die Kreisverwaltung wiederum ist nur für das Bußgeld zuständig, nachdem die Polizei einen Verstoß weitergeleitet hat, erklärt Pressebeauftragte Anja Gewald. Für die Stadthäger Rentnerin geht es um noch mehr, sagt sie, gerade in diesen Zeiten. „Ich versuche auch, den heimischen Handel zu unterstützen.“ Das Verwarnungsgeld will sie nicht akzeptieren und dagegen vorgehen. Stadtmarketing: Auto-Pläne für die Stadthäger Innenstadt erhalten Dämpfer Von Jan-Christoph Prüfer