Wegen Corona: Größere Nachfrage bei Tierheimen und Hundeschulen in Stadthagen

Viel Zeit - Keine Veranstaltungen: Das scheint auch der wichtigste Grund dafür zu sein, warum sich im Corona-Jahr immer mehr Menschen einen Hund zulegen. Kerstin Kassner, Leiterin des Tierheims in Stadthagen, berichtet, dass sie deutlich mehr Anfragen in den vergangenen Monaten bekommen hat als sonst üblich. Vermittelt habe sie indes nicht wirklich mehr Hunde als in den Vorjahren: „Wir haben den meisten Interessenten ausgeredet, sich einen Hund anzuschaffen.“ Bei zahlreichen Anfragen habe sie schnell herausgehört, dass der Wunsch halbherzig sei. Schon beim Thema Hundeführerschein, der seit 2013 Pflicht ist, seien viele überrascht gewesen, welche Auflagen sie bei einer Anschaffung erfüllen müssten. Hinzu käme die Hundesteuer. „Einsamkeit und Langweile sind nicht unbedingt die besten Absichten, um sich einen Hund anzuschaffen“, betont Kassner. Sie mache die Menschen stets darauf aufmerksam, dass Corona vorbeigehe. Der Hund jedoch sei auch noch viele Jahre darüber hinaus präsent und habe seine Bedürfnisse. Bedürfnisse nicht unterschätzen: Diese Bedürfnisse seien nicht zu unterschätzen, sagt auch Nicole Richter. Es reiche mit den meisten Hunden nicht aus, ein Mal am Tag eine Runde um dem Block zu gehen. Richter betreibt in Stadthagen die Hundeschule „Nicoles Pfötchen“ und hat wahrgenommen, dass dieses Jahr mehr Ersthundebesitzer bei ihr Kurse buchen möchten, um den notwendigen Sachkundenachweis zu erwerben. „Wer sich wirklich in der Corona-Zeit für einen Hund entscheidet, um der Einsamkeit zu entgehen, denkt viel zu kurz.“ Richter spricht in diesem Zusammenhang von einem „Bedürfnisfüller“. Auch interessant: Fünf Neuinfektionen: Corona-Inzidenzwert in Schaumburg sinkt auf 112,2 „Fragwürdig ist häufig auch der Anbieter, bei denen die Hunde gekauft werden“, moniert die Hunde-Expertin. Verkauft würden „wilde Mixe“, bei den es schwierig sei, die Rasse zu bestimmen. Immer wieder komme es vor, dass die Hundebesitzer nicht mit dem Tier klarkämen oder doch die Zeit fehle. Andere unterschätzten auch die Kosten, die ein Hund verursacht. Würden die Probleme zu groß, müsste das Tier weichen. „Aber die Hunde sind kein Wanderpokal“, meint Richter. Zeitfenster sinnvoll für Eingewöhnung genutzt: Aber es geht auch anders: „Es ist so schön mit einem Hund“, schwärmt Iris Drewes. Ihre Familie hat sich im Sommer einen Entlebucher Sennenhund angeschafft und ist richtig glücklich. „Wir wollen schon seit Jahren einen Hund haben. Durch Corona hat sich der Wunsch nun tatsächlich schneller erfüllt.“ Iris Drewes betont aber, dass sie sich von den Menschen abgrenzen möchte, die sich überstürzt einen Hund angeschafft haben. Auch interessant: Einbrecher steigen in Gartenlauben am Krummen Bach in Stadthagen ein Man werde schnell abgestempelt, einen Corona-Hund zu haben. In ihrer Familie sei aber ganz klar geregelt, wie die Betreuung auch nach der Pandemie sichergestellt sei. Der Hund müsse niemals viele Stunden am Stück alleine im Haus bleiben. Durch den Corona-bedingt verschobenen Sommerurlaub habe sich ein Zeitfenster ergeben, das sinnvoll für die Eingewöhnung des Hundewelpen genutzt werden konnte. Somit konnte der Traum vom eigenen Hund schneller wahr werden als geplant. Preise sind deutlich gestiegen: Doch der Weg zum Hund war nicht einfach, berichtet Drewes. „Das hat wirklich keinen Spaß gemacht.“ Immer wenn die Stadthägerin eine Anzeige entdeckt und sich bei der entsprechenden Person gemeldet habe, hörte sie den gleichen Satz: „Die Hunde sind schon alle verkauft.“ Auch die Preise seien ordentlich in die Höhe gegangen. Im Juli habe es dann aber doch noch geklappt, berichtet Drewes froh: „Der Verkauf ging zwar über Ebay, was oft kritisch gesehen wird. Aber wir haben uns sehr gut informiert.“ Zum Weiterlesen: Unbekannter schlägt Kind auf Schulhof in Bad Nenndorf ins Gesicht Sie und ihre Familie hätten sich das Muttertier angesehen, ebenso die Umstände der Unterbringung. Auch einen echten Hundekenner hatte sie beim Kennenlernen von Anni dabei. Am Ende habe es keine Zweifel mehr gegeben, dass der Entlebucher Sennenhund der richtige für die Drewes ist. „Die Erziehung und Eingewöhnung eines Welpen funktioniert definitiv nicht von heute auf morgen. Anni wird bei uns ziemlich verwöhnt“, so Drewes. Stadt erkennt „keinen signifikanten Anstieg“ an Hundehaltern: Die vermehrten Anfragen beim Tierheim und die vollen Kurse in der Hundeschule spiegeln sich in den Anmeldezahlen für Hunde bei der Stadt dagegen eher geringfügig wider. Die Verwaltung kann in diesem Jahr bei der Anzahl der Hunde und deren Halter „keinen signifikanten Anstieg“ erkennen. „1000 Hundehalter, mit insgesamt 1127 Hunden sind 2020 bei der Stadt gemeldet“, teilt Stadtsprecherin Bettina Burger auf Anfrage mit. Im Vergleich zum Vorjahr sind das aber immerhin 122 Hunde mehr. Auf 975 Hundehalter kamen insgesamt 1005 Hunde. Vor fünf Jahren waren bei der Stadt noch 942 Hundehalter gemeldet und 1043 Hunde. Keine Bußgelder für verspätete Anmeldung: Ob es darüber hinaus Hundehalter gibt, die ihr Tier nicht anmelden, um die Hundesteuer zu sparen, sei schwierig nachzuvollziehen. Zumindest seien keine Bußgelder verhängt worden, weil ein Hund zu spät oder gar nicht angemeldet worden ist. Die Hundesteuer richte sich nach der Anzahl der Hunde, nicht nach der Rasse oder Gefährlichkeit eines Hundes, informiert die Stadt. Die letzte Erhöhung bei der Hundesteuer sei 2017 für den zweiten Hund von 108 Euro auf 120 Euro beschlossen worden. Für den dritten und jeden weiteren Hund fallen 180 Euro (vorher: 144 Euro) Steuergelder an. von Jennifer Minke-Beil