So viele enttäuschte Zuschauer nach einem 96-Spiel gab es lange nicht. Die Kulisse stimmte gegen Werder Bremen, die Unterstützung für die Mannschaft war erstklassig, die Leistung in der ersten Halbzeit auch. Eigentlich konnte nichts schiefgehen mit dem ersten Sieg nach 15 Spielen. Und doch klappte es wieder nicht für Hannover 96.
Das Unentschieden gegen Werder Bremen fühlte sich am drittletzten Spieltag wie der Abstieg an. Doch der Kampf um den Klassenerhalt ist in dieser Saison anders als in den vergangenen Jahren. Verrückter. Kurioser. Unglaublicher. Das enge Getümmel von sechs Vereinen und die direkten Duelle mehrerer Abstiegskandidaten öffnen 96 Hintertürchen und machen Hoffnung, dass es am 23. Mai doch ein Happy End gibt für die „Roten“. Zwei Spieltage vor Schluss ist unmöglich Scheinendes noch möglich für 96: Zwei Unentschieden können – schwer zu glauben, aber wahr – zum direkten Klassenerhalt führen.
Sogar mit einem Remis gegen Augsburg und einer Heimniederlage gegen Freiburg wäre zumindest der Relegationsplatz möglich. Glauben Sie nicht? Doch, das geht: Dafür müssten Stuttgart und Paderborn nächste Woche verlieren und am letzten Spieltag gegeneinander unentschieden spielen.
Es ist legitim, aus solchen Rechenspielen Zuversicht zu schöpfen. Hannover 96 ist in der Rückrunde von einer Eigendynamik des Misserfolgs erfasst worden. Sie hat eine Mannschaft, die fahrlässig zusammengestellt wurde, aber trotzdem gut genug für Platz 12 bis 14 sein müsste, kräftig durchgeschüttelt.
So unerklärlich, wie der hannoversche Absturz auf den ersten Blick erscheint, ist er nicht. Wer wie 96 bei den beiden wichtigsten Personalien – Trainer und Sportdirektor – danebenliegt, muss die Quittung bekommen. Nach drei Spielen mit dem neuen Trainer Michael Frontzeck ist für jeden sichtbar, was für ein Irrtum 96 mit Tayfun Korkut unterlaufen ist. Viel zu lange haben die Verantwortlichen zugeschaut, wie Korkut mit einer Mischung aus Sturheit und Selbstüberschätzung aus 96 eine Kopie vom FC Barcelona machen wollte. Unter Frontzeck spielt 96 wieder wie 96: mutiger, offensiver, einfacher. Leider hat er das Pech, das Korkut ebenfalls hatte, übernommen.
Doch Fortuna hat die „Roten“ noch nicht aufgegeben. Das ist die gute Nachricht für die letzten zwei Spiele.