Endlich einmal voranzugehen beim Fußball-Bundesligisten Hannover 96: In diesen Genuss kam am Mittwoch Carlitos. Der Langzeitverletzte hatte aber auch die kürzeste Anreise ins Trainingslager der „Roten“. Er kam direkt aus der portugiesischen Hauptstadt Lissabon, seiner Heimat, wo er das langwierige Rehabilitationstraining nach seinem Kreuzbandriss und darauf folgenden Knieproblemen absolvierte. Gut 300 Kilometer Autofahrt – so stand er im Robinson Club Quinta da Ria rund zwei Stunden vor seinen Teamkollegen auf der Matte, die von Hannover via Palma de Mallorca nach Faro geflogen waren und dort vom vorausgefahren Mannschaftsbus abgeholt wurden.
Ob Carlitos indes sportlich ein Vorreiter werden und endlich bei 96 seinen Ansprüchen gerecht werden kann, ist so schnell nicht zu beantworten. Nur wenn der Wiedereinstieg in die intensive Trainingsbelastung ohne eine erneute schmerzliche Reaktion des Knies gelingt, kann er das schaffen. Nach den Weihnachtstagen bei der Familie ist sein Motto für die Rückrundenvorbereitung deshalb klar: „Ich habe Verletzungen satt und freue mich total auf Fußball und Hannover. Wann ich wieder voll dabei sein werde, das hängt auch von den Ärzten ab. Aber mein Knie fühlt sich derzeit gut an“, sagte der Mittelfeldspieler.
Zur Begrüßung für Carlitos und den Rest des Teams sollte es an der Algarve eigentlich Wasser, Orangensaft und warme Worte vom Quinta-da-Ria-Chef Andreas Oltrogge geben. Doch das mit einer halben Stunde Verspätung eingetroffene Team hatte es eilig. Nach einem leichten Snack von Küchenchef Michael Mühlbauer ging es gleich weiter zur ersten Trainingseinheit noch am Abend unter Flutlicht.
Trainer Mirko Slomka hat viel vor mit dem Team in elf Tagen Trainingslager und wollte deshalb keine Zeit verlieren. Der Plan: täglich zweimal schwitzen, entweder im Training oder in den Testspielen gegen den 1. FC Köln und den niederländischen Erstligisten aus Heerenveen. Nur ein freier Nachmittag ist bis zum 15. Januar geplant. Slomka wird seine Truppe triezen. Das hat sich bewährt: Denn nach den drei Trainingslagern, die der Coach bisher mit den „Roten“ absolviert hat, starteten diese bisher immer mit einem Sieg.
Ob sich auch das Gesicht der Mannschaft ändert? Darauf wird in den nächsten Tagen mit Spannung geschaut. Neue Spieler gibt es einstweilen nicht. „Wir haben keine Baustellen im Kader“, hatte Manager Jörg Schmadtke vor wenigen Tagen gesagt. Was nicht heißt, dass es für ihn nichts zu tun gäbe. Ein paar Tage Büroarbeit hat er noch vor sich, erst am Sonnabend will er an die Algarve nachreisen.
Dann wird er sich schon ein Bild machen können, wie die „Roten“ zwei absehbare Ausfälle im Aufgebot mit Bordmitteln kompensieren. Für Innenverteidiger Karim Haggui, nun erst einmal für Tunesien beim Afrika-Cup im Einsatz, soll der „Schweizer Bankangestellte“ Mario Eggimann der Ersatz sein. Große Verantwortung statt bisher kleiner Einsätze, das ist für ihn die Herausforderung. Außerdem steht Didier Ya Konan, ebenfalls bei der afrikanischen Kontinentalmeisterschaft engagiert, nicht zur Verfügung. Moritz Stoppelkamp, zuvor schon hier und da als Kandidat für eine Ausleihe an einen anderen Klub gehandelt, wird erneut seine Chance suchen, sich aufzudrängen. Läuft’s wie gewohnt, schlägt bei den Spielen der Vorbereitung seine Stunde. Testspiel-Torjäger von 96 ist er bereits. Aber wirklich wichtig ist nur die Liga – für Stoppelkamp und die „Roten“ insgesamt.