Umsteigen auf nachhaltige Energie? „Was jetzt teuer scheint, kann sich später lohnen“
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Fotovoltaikanlagen können für Verbraucherinnen und Verbraucher langfristig kostengünstiger sein (Symbolbild).
© Quelle: picture alliance / JOKER
Der Krieg in der Ukraine sorgt nach wie vor für hohe Energiepreise. Zwar gingen die Kosten für Öl und Gas seit dem Höchststand Mitte März zuletzt wieder zurück, trotzdem liegen sie noch deutlich über dem Vorkriegsniveau. Das treibt die Inflation weiter in die Höhe und lässt auch in anderen Lebensbereichen die Preise steigen. Verbraucherinnen und Verbraucher haben spürbar weniger Geld in der Tasche. Angesichts dieser Lage stellen sich immer mehr Menschen die Frage, ob sich eine Investition in energieeffizientere Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt überhaupt lohnt.
Einige Experten glauben, ja. „Besonders jetzt ist ein guter Zeitpunkt, umzustellen, weil die Energiepreissteigerung durch den Krieg in der Ukraine der erneuerbaren Energie einen wahnsinnigen Dienst geleistet hat“, sagt Arne Rakel, technischer Berater für Energieeffizienz und Klimaschutz von der Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV). „Erneuerbare Energien, die bis vor einem halben Jahr genauso teuer waren wie fossile Energien, werden jetzt noch viel günstiger.“
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Arne Rakel ist technischer Berater für Energieeffizienz und Klimaschutz bei der Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV).
© Quelle: LEKA MV
Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat Deutschland seine Abhängigkeit vom russischen Gas schmerzlich vor Augen geführt. Heizen mit fossilen Brennstoffen birgt eine nicht einschätzbare Kostenfalle: die Preisschwankungen des Marktes. Rakel warnt daher davor, sich von günstigen Anschaffungspreisen – beispielsweise einer Gasheizung – täuschen zu lassen.
Teure Investition kann sich langfristig lohnen
„Was in der Anschaffung günstig erscheint, kann sich über den Lebenszyklus der Nutzung durchaus als teuer erweisen“, erklärt er. Bei den relativ günstigen Energieanlagen, die Energie verbrauchen, mache die Anschaffung etwa 20 Prozent aus, „die Verbrauchskosten dagegen 80 Prozent.“ Andere Konzepte, die am Anfang in der Anschaffung teuer erscheinen, seien aufgrund der niedrigen Verbrauchskosten auf Dauer aber günstiger. „Zum Beispiel Wärmepumpe gegenüber Öl-oder Gasheizung“, so Rakel.
Daher appelliert er: „Je mehr Kontrolle ich über die Herkunft habe, je sicherer die Verfügbarkeit und je unbeeinflussbarer von Interessen anderer die Versorgungssicherheit ist, desto sicherer ist der Preis.“ Die Kosten für den Zugang zu den Wärmequellen seien ausschlaggebend. Es gebe aber Wärmequellen, die keine Zugangskosten hätten. „Zum Beispiel die Außenluft“, erklärt Rakel. „In der Außenluft steckt durch unsere Lebensweise, durch Energieverluste und durch die Sonneneinstrahlung unendlich viel Energie, die wir mit Außenluftpumpen zurückholen können – diese Energie kostet nichts.“ Deswegen schreibt er der Außenluftpumpe, auch Wärmepumpe genannt, die größte Zukunft zu. Kritiker bemängeln oft, dass Wärmepumpen einen hohen Stromverbrauch haben. Experten gehen aber davon aus, dass richtig eingestellte Wärmepumpen in der Gesamtbilanz klimafreundlicher und kostengünstiger sind.
Mögliche Kosten für Klimafolgeschäden
Aber nicht nur Krisen wie der Angriffskrieg gegen die Ukraine verursacht mit den schwankenden Energiepreisen einen nicht absehbaren Kostenfaktor. Auch die Folgen des Klimawandels, die sich in der Bilanz der Naturkatastrophen niederschlagen, werden laut Rakel unkalkulierbare Kosten verursachen. Die Sturzfluten des vergangenen Sommers haben Deutschland und Europa die teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten beschert.
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„Fossile Energien wie Öl und Gas kosten heute nicht das, was sie uns wirklich kosten. Folgekosten für den Ausgleich von Klimawandel und Umweltzerstörung werden eine zunehmende Rolle spielen“, sagt Rakel. „Das merken wir erst nach und nach, während andere das Geschäft machen.“ Grünstrom koste momentan noch mehr, obwohl er unter diesem Aspekt günstiger sein müsste, so Rakel. „Das muss sich aber ändern. Deswegen ist es ein guter Zeitpunkt, schon jetzt massiv auf Erneuerbare umzusteigen, um diese zukünftigen Kosten zu vermeiden.“
Auch Mieter können Energiekosten sparen
Gedanken über neue Heizalternativen oder nachhaltige Energie müssen sich Mieterinnen und Mieter nicht machen. Sie haben wesentlich weniger Einfluss auf ihre Energieversorgung. Allerdings können auch sie Energiekosten sparen. Experte Arne Rakel unterscheidet vier verschiedene Arten der Energieeffizienz. Zum einen die Ressourceneffizienz. Das bedeutet für Konsumentinnen und Konsumenten, darauf zu achten, wo die Produkte, die sie konsumieren, herkommen. „Insbesondere Dinge, die im Moment günstig erscheinen, können Langzeitkosten verursachen, die wir später alle tragen.“ Zum Beispiel: „Klimawandelfolgekosten“.
Den zweiten Punkt betrifft die Verhaltenseffizienz. Hier können Mieterinnen und Mieter einiges rausholen und auch einiges sparen. „Bei Verhaltenseffizienz geht es auch um Raumtemperaturregelung. Das heißt, wir wollen den Wärmeabfluss unseres Körpers begrenzen“, sagt Rakel. In einem kalten Raum gebe der Körper mehr Wärme ab, wir fühlen uns unwohl. „In einem Raum mit etwa 22 Grad findet kaum noch Wärmeaustausch zwischen Körper und Raum statt.“
Ein richtig geheizter Raum könne somit verhindern, dass Energie vergeudet wird. „Ein elektrisches Thermostat mit Zeitregelung kann da ein Hilfsmittel sein.“ So lasse sich die Heizleistung an die Aufenthaltsdauer im Raum anpassen. „Mieterinnen und Mieter können also sparen, indem sie Überversorgung vermeiden, also keine Energie vergeuden.“ Mithilfe von technischen Einrichtungen könne die Energieeffizienz somit positiv beeinflusst werden.
Auf die beiden anderen Punkte der Energieeffizienz, Gebäudeeffizienz – beispielsweise Wärmedämmung – und Alternativeffizienz – also Versorgung aus alternativen Energiekonzepten –, haben Mieterinnen und Mieter deutlich weniger Einfluss. „Eigentümer haben mehr Möglichkeiten, die Energieeffizienz positiv zu beeinflussen. Durch die Auswahl von Heizung, Stromversorgung, zum Beispiel durch Fotovoltaik oder Wärmepumpen“, sagt Rakel. Allerdings empfiehlt er auch Mieterinnen und Mietern, sich aktiv für erneuerbare Energien einzusetzen. „Es hilft auch, Druck aufzubauen. Als Mieter zum Beispiel durch die Entscheidung bei der Wahl des Energieversorgers. Und sie haben auch das Recht, über die Klimafolgen und die Kosten bei jeder politischen Wahl abzustimmen. Jedes Mal.“