Warum sich die Vier-Tage-Woche für Unternehmen in vielerlei Hinsicht lohnt
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Mit mehr Leichtigkeit durch den Büroalltag. Die Vier-Tage-Woche könnte dazu einen Beitrag leisten (Symbolbild).
© Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Ist die Fünf-Tage-Woche ein überholtes Modell? Die Initiative „4 Day Week Global“ setzt sich schon länger für eine Vier-Tage-Woche in der Arbeitswelt ein. Und sie unterstützt Unternehmen dabei, diese einzuführen – oder zumindest einmal auszuprobieren. Zusammen mit dem Boston College, dem University College Dublin und der Cambridge University hat „4 Day Week Global“ nun eine großangelegte Studie durchgeführt. 33 Unternehmen mit Beschäftigten in insgesamt sechs verschiedenen Ländern sollten ab Februar 2022 ein halbes Jahr lang die Arbeitszeit ihrer Angestellten reduzieren: Auf vier Tage oder 32 Stunden die Woche, bei gleichbleibendem Gehalt. 27 der teilnehmenden Unternehmen hatten danach an einer Befragung teilgenommen.
Die Arbeitszeit war, wie sich zeigte, während des Modellversuchs nicht ganz auf eine Vier-Tage-Woche reduziert worden, aber dennoch deutlich: von durchschnittlich 40,8 Arbeitsstunden auf 34,8 Arbeitsstunden pro Woche. Und die Auswertung bescheinigt dem Versuch einen „durchschlagenden Erfolg“. Auf einer Skala von eins bis zehn bewerteten die Firmen die Erfahrung durchschnittlich mit einer Neun, genau wie deren Angestellte. 18 Firmen führten die Vier-Tage-Woche auch nach Versuchsende fort, weitere sieben gaben an, dies zu planen. Weitere zwei waren noch unentschieden.
Den Einfluss auf die Gesamtleistung und Produktivität im Untersuchungszeitraum bewerteten die Unternehmen als positiv. Im Laufe der sechs Monate steigerten sich die Einnahmen der Firmen um durchschnittlich rund 8 Prozent. Genutzt wurde das, um mehr Personal einzustellen, die Firmen stellten 12 Prozent mehr Beschäftigte ein.
Angestellte waren gesünder und zufriedener
Auch die Zustimmung unter den Beschäftigten war enorm. Rund 97 Prozent wünschten sich, nach dem Modell der Vier-Tage-Woche weiterzuarbeiten. Die Angestellten waren auch nach ihrer eigenen Einschätzung produktiver gewesen und hatten besser gearbeitet als noch zuvor während der Fünf-Tage-Woche. Ein Drittel der Befragten gab an, dass sie in der verbleibenden Zeit intensiver gearbeitet hätten, ein weiteres Drittel empfand die Arbeitsbelastung als geringer und die restlichen Befragten sahen keine Veränderung. Die Autoren und Autorinnen der Studie interpretierten das so, dass vor allem die unproduktive Zeit am Arbeitsplatz reduziert worden war und nicht etwa die gleiche Arbeit unter mehr Zeitdruck absolviert werden musste. Entsprechend fühlte sich auch nur ein relativ kleiner Anteil von 16 Prozent der Angestellten mehr gestresst, während mehr als doppelt so viele Angestellte weniger Stress empfanden. Andere sahen keine Veränderung des Stresslevels.
Außerdem hatten sich durch die Vier-Tage-Woche die Gesundheit und das Wohlbefinden der Teilnehmenden verbessert. So gab es nun weniger Fehlzeiten: Angestellte meldeten sich seltener krank und nahmen sich nicht so oft frei wie sonst. Zwei von drei befragten Angestellten erzielten niedrigere Werte auf einer Burn-out-Skala und insgesamt waren die Angestellten zufriedener mit ihrer Arbeit. Sie waren seltener erschöpft und hatten weniger Schlafstörungen. Genutzt wurde die neue Freizeit unter anderem dazu, mehr Sport zu treiben – durchschnittlich 23 Minuten mehr pro Woche. Oder die Arbeitnehmenden verbrachten diese mit der Familie. Hatten zu Beginn des Versuchszeitraums noch 45 Prozent der Befragten gesagt, gerne mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen zu wollen, waren es danach nur noch 25 Prozent.
Insgesamt waren die Befragten nach der Einführung der Vier-Tage-Woche auch zufriedener mit ihrem gesamten Leben. In persönlichen Stellungnahmen gab ein Angestellter an, seit Jahren von einer geringeren Arbeitszeit geträumt zu haben. Er habe sich dies aber aus finanziellen Gründen nie erlauben können. Ein weiterer Befragter sagte, es habe eine Weile gedauert, sich darauf einzustellen. Aber nun sei er produktiver und zufriedener mit seinem Job, obwohl er deutlich weniger arbeite als noch vor dem Versuch.
Auf die Kernaufgaben konzentrieren
Die Ergebnisse des Modellversuchs passen zu denen aus früheren Studien. Laut einer Erhebung der Henley Business School sahen etwa zwei Drittel der Unternehmen, die auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt hatten, eine Produktivitätssteigerung. Auch in dieser Untersuchung waren die Angestellten zufriedener, weniger gestresst und fehlten seltener. Knapp zwei Drittel der beteiligten Firmen sahen die Vier-Tage-Woche als Möglichkeit, ihr Unternehmen für besonders qualifizierte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen attraktiv zu machen.
Die Arbeitsmarktexpertin und Buchautorin Sara Weber hält die 40-Stunden-Woche ebenfalls für überholt. Sie selbst hat eine Festanstellung als Redaktionsleiterin des Jobnetzwerks Linkedin gekündigt, um flexibler als Medienberaterin und freie Journalistin zu arbeiten. „Die 40‑Stunden-Woche stammt aus einer Zeit, in der in den meisten Haushalten nur eine Person gearbeitet hat, im Normalfall der Mann. Auch, wenn wir dieses Modell natürlich nicht zurück wollen – es war ein Modell, in dem sich zwei Menschen eine Vollzeitstelle geteilt haben“, sagte Weber im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Viele Menschen verbrächten heute am Arbeitsplatz „viel Zeit mit Dingen, die gar nicht wirklich die Kernaufgabe unserer Arbeit sind“, wie zum Beispiel Meetings und digitaler Kommunikation. Weber sieht „ein wahnsinniges Einsparpotenzial“ an Arbeitszeit. „Wenn man sich auf die Kernaufgaben konzentriert, dann würde man in vielen Jobs zu der Erkenntnis kommen, dass man dafür nicht 40 oder 50 Stunden pro Woche, sondern vielleicht nur 20 braucht“, so Weber. Sie verweist auch auf die Studien zur kürzeren Arbeitszeit, die zeigten, dass Beschäftigte nach dem Vier-Tage-Woche-Modell weniger gestresst seien und mehr schafften. „Allen geht es besser und das Unternehmen ist trotzdem produktiv und kann seinen Umsatz halten.“ Zudem hätten wir heute viel bessere Technologien als noch vor mehreren Jahrzehnten und gleichzeitig mehr Menschen, die erwerbstätig sind, so Weber: „Dass wir trotzdem alle genauso viel arbeiten wie früher, macht überhaupt keinen Sinn.“