Wenn die Straßen zur Eisbahn werden: Muss ich bei Glatteis zur Arbeit?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/IINFO3CRZJCQ5AQEMQVJG45J7E.jpg)
Temperaturen um den Nullpunkt und Regen oder Schnee: Für Glatteis gibt es keine besseren Voraussetzungen.
© Quelle: Matthias Bein/dpa-Zentralbild/dp
Temperaturen um den Nullpunkt und Regen oder Schnee: Für Glatteis gibt es keine besseren Voraussetzungen. Wenn der Deutsche Wetterdienst Warnungen ausspricht und für viele Kinder sogar die Schule ausfällt, können auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einfach zu Hause bleiben, oder? Leider nicht, sagt Livia Merla, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht aus Berlin.
Muss ich bei Glatteis zur Arbeit?
Im Jahr 2021 gab es dem Statistischem Bundesamt zufolge insgesamt 10.636 Unfälle mit Personenschäden aufgrund von veränderten Straßenverhältnissen durch Regen, Schnee oder Eis. Die Gefahr, sich bei Glatteis im Straßenverkehr zu verletzen, ist also nicht klein. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet das aber nicht, dass sie bei Glatteis zu Hause bleiben können. „Grundsätzlich gilt, dass es Sache der Beschäftigten ist, wie sie zur Arbeit kommen“, heißt es auf den Seiten der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Angestellte schulden ihrem Arbeitgeber demnach pünktliches Erscheinen.
„Auch bei schlechten Wetterbedingungen muss der Arbeitnehmer alles ihm Zumutbare tun, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen“, erläutert Merla. Sei ein gewohntes Mittel des öffentlichen Nahverkehrs wie Bus oder Bahn ausgefallen, obliege es Merla zufolge dem Arbeitnehmer, andere Wege zu finden. „Glatteis rechtfertigt nicht, seine Arbeit zu verweigern“, sagt Merla.
Was passiert, wenn ich wegen Glatteis zu spät zur Arbeit komme?
Wer wegen Glatteis zu spät zur Arbeit kommt, muss nicht gleich mit Kündigung rechnen. Aber: Wer häufiger zu spät kommt, muss mit einer Abmahnung rechnen, heißt es bei der Deutschen Handwerkszeitung. Und nicht nur das. Weil Arbeitnehmende in der Fehlzeit keinen Anspruch auf Lohn haben, kann der Arbeitgeber verlangen, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter die Verspätung „abarbeitet“ – in einigen Fällen kann es sogar zu einer Lohnkürzung kommen.
Übrigens: Dies betrifft auch Arbeitnehmende, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren.
Unwetterwarnung : Gefährliches Glatteis in vielen Teilen Deutschlands
Zum Wochenstart ist es auf Deutschlands Straßen gefährlich glatt geworden. Mancherorts bleiben sogar die Schulen zu.
© Quelle: dpa
Was passiert, wenn ich mich weigere, wegen Glatteis zur Arbeit zu fahren?
„Sofern nicht die Möglichkeit von Homeoffice oder mobilem Arbeiten vertraglich vereinbart wurde, ist der Arbeitnehmer selbst dafür verantwortlich, an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen“, erklärt Merla. Verweigere eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer witterungsbedingt die Arbeit, müsse sie oder er demnach mit Lohnkürzungen rechnen. „Eine Abmahnung ist insbesondere dann denkbar, wenn die schlechten Wetterverhältnisse vorhersehbar waren“, sagt Merla.
Bin ich bei einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit abgesichert?
Wenn auf dem Weg zur Arbeit ein Unfall geschieht, gilt dieser als Arbeitsunfall und ist damit besonders geschützt – auch bei Glatteis. „Man spricht hier von einem sogenannten Wegeunfall“, sagt Merla. Die Behandlungskosten werden laut Verdi von der Berufsgenossenschaft übernommen, diese bezahlt wenn nötig auch eine Verletztenrente. Merla zufolge beginne der Versicherungsschutz mit dem Verlassen des Hauses und bestehe für den gesamten Weg zur Arbeit und zurück nach Hause. „Wer unterwegs noch sein Kind im Kindergarten oder der Schule absetzt, ist auch auf diesem Weg unfallversichert“, erläutert Merla.
Wer wegen Glatteis einen Umweg fahren muss, braucht sich laut Verdi übrigens meistens auch keine Sorgen zu machen. Oft sind dann auch die Umwege mitversichert, die die Arbeitnehmenden fahren müssen, wenn der direkte Weg zur Arbeit etwa unpassierbar ist.
Habe ich bei Glatteis einen Anspruch auf Homeoffice?
„Ein Anspruch auf Homeoffice entsteht nicht automatisch bei Vorliegen von Glatteis oder einem Verkehrschaos“, sagt Merla. Dies gelte auch dann, wenn eine Tätigkeit sich grundsätzlich dazu eignet, auch von zu Hause aus erledigt zu werden. Wichtig: Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer dürfen ohne diesbezügliche Vereinbarung nicht eigenmächtig entscheiden, im Homeoffice zu arbeiten.
Eine Ausnahme war übrigens die Homeofficepflicht, die wegen der Pandemielage galt. Zu dieser Zeit waren Arbeitgeber angehalten, Arbeit von zu Hause aus anzubieten – nach der aktuellen gesetzlichen Lage gibt es aber keinerlei Rechte oder Pflichten auf Homeoffice, sagt Merla.