Bauern in Existenznot: Landwirtschaft in Niedersachsen macht in der Krise starke Verluste
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Niedersachsen, Oldendorf: Ein Landwirt erntet Kartoffeln auf einem Feld. Die große Mehrheit der hauptberuflichen Bauern in Deutschland hat nach Schätzung der Landwirtschaftskammern in diesem Jahr Verluste geschrieben.
© Quelle: Philipp Schulze/dpa
Oldenburg. Die Landwirte in Niedersachsen haben als Folge der Corona-Pandemie und aufgrund von Handelsbeschränkungen deutlich weniger verdient. Wie die Landwirtschaftskammer Niedersachsen am Donnerstag in Oldenburg mitteilte, gingen die Unternehmensergebnisse im Wirtschaftsjahr 2020/21 im Durchschnitt um rund 33 Prozent zurück. Im Vorjahr erwirtschafteten die Betriebe im Durchschnitt noch 71 400 Euro, in diesem Jahr lag das Ergebnis bei 48 300 Euro. „Die solide betriebliche Basis ist in vielen Betrieben in größter Gefahr“, sagte Kammerpräsident Gerhard Schwetje. Vor allem Tiermastbetriebe steckten in einer ruinösen Preis-Kosten-Falle.
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In der Tiermast sind die Einkommensverluste laut Kammer besonders dramatisch: Ihr durchschnittliches Jahresergebnis fiel von 129.600 Euro im Vorjahr um rund 100.000 Euro auf 27.900 Euro ab. Hier wirke sich die coronabedingte lange Schließung von Gastronomie und Kantinen ebenso aus wie das Exportverbot nach China und in andere asiatische Staaten aufgrund des Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland, sagte Schwetje: „Wir sind auf einem Niedrigpreisniveau für Schlachtschweine angelangt, das es seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gab.“
Corona-Krise: Die Einnahmen sinken – und der finanzielle Druck steigt
Nicht ganz so dramatisch stellt sich die Lage in anderen Bereichen der Landwirtschaft dar. Der Kammer zufolge schrumpften die Ergebnisse der Ackerbaubetriebe von 73.600 Euro im Jahr 2019/20 auf 62.400 Euro in diesem Jahr. Das entspreche einem mäßigen Durchschnittswert. Der Ackerbau profitiert derzeit von wachsender Nachfrage und steigender Nachfrage bei Getreide und Raps.
Milchviehbetriebe kamen bei einem Milchpreisniveau von rund 33 Cent pro Liter auf ein Ergebnis von durchschnittlich 53.000 Euro - 2019/20 waren es 56.500 Euro. Für die Milchviehhalter bedeute das im dritten Jahr in Folge einen Rückgang der Ergebnisse. Die Milchbauern hoffen nun auf steigende Weltmarktpreise bei Milchpulver und Butter und auf ein besseres Jahr 2022.
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Als Folge der negativen Entwicklung sei der finanzielle Druck auf die Betriebe gestiegen. Die Unternehmen büßten Eigenkapital ein und müssen mit Fremdkapital arbeiten, das bei einer Durchschnittshöhe von 336.000 Euro liege, hieß es. Höhere Anforderungen in Sachen Klima-, Umwelt-, Arten-, Gewässer- und Tierschutz seien bei der schlechten wirtschaftlichen Situation von den Betrieben derzeit kaum zu finanzieren. Viele Bauernfamilien steigen laut Schwetje derzeit zum Teil oder ganz aus der Landwirtschaft aus und suchen andere Einkommensquellen.
Bauern in Niedersachsen: Kosten für die Produktion sind höher als Erlöse
Eine grundsätzliche Trendwende könne die Kammer derzeit nicht erkennen, hieß es. In diesem Jahr schlagen vermehrt stark gestiegene Kosten für Energie, Dünger und Saatgut zu Buche. Mit jedem verkauften Mastschwein oder Ferkel machen laut Schwetje die Landwirte derzeit Verluste. Die Kosten für die Produktion seien deutlich höher als die Erlöse.
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Datengrundlage für die Angaben der Landwirtschaftskammer ist eine repräsentative Stichprobe von 850 Bauernhöfen in Niedersachsen. Deren Jahresabschlüsse wertet die Kammer jährlich im Auftrag der Bundesregierung aus. Das Wirtschaftsjahr läuft vom 1. Juli bis zum 30. Juni, bei Milchviehbetrieben läuft es vom 1. Mai bis zum 30. April.
Von RND/dpa