Der Preis ist heiß
Hannover. Das Fest im P.S. Speicher in Einbeck im vergangenen September muss gut gewesen sein. Eine Band spielte zur Verleihung des Worpsweder Kunstpreises auf, Künstler aus dem In- und Ausland und die vielen Gäste tranken aus langstieligen Gläsern.
Und es sollte richtig viel Geld geben. Der Kunstverein Art-Projekt Worpswede-Deutschland hatte geladen, um 20 000 Euro für „herausragende Leistungen der bildenden Kunst zu wirtschaftlich und politisch relevanten Themen“ auszuschütten. 10 000 Euro waren allein für den ersten Preis ausgelobt. Die Veranstaltung im südniedersächsischen Mobilitätsmuseum P.S. Speicher passte zum Thema des Wettbewerbs: Auto – Macht – Mobilität. Die Laune war gut, davon zeugt ein Film, der im Internet zu sehen ist.
Die Laune ist mies
Die Laune ist inzwischen ziemlich mies. Die Künstler wittern Betrug. Das Preisgeld haben sie bis heute nicht erhalten. Außerdem mussten sie für Teilnahmegebühr, Anreise und Übernachtung selbst aufkommen. Sie haben sich vernetzt und sprechen von „Abzocke“, einem „Skandal“ und haben die Polizei eingeschaltet. Und der Sekt ist auch nicht bezahlt. Der Caterer hat einen Anwalt eingeschaltet. Es geht um insgesamt rund 30 000 Euro.
„Es ist ziemlich komplex“, sagt der Mann, der das in erster Linie angerichtet hat. Albin Homeyer räumt ein, dass die Preisgelder noch ausstehen, dazu ein Teil der Summen aus dem Vorjahr. Das hindert ihn aber nicht, bereits den nächsten Wettbewerb auszuloben. 2018 soll es passenderweise um Geld – Macht – Zukunft gehen. „Es muss weitergehen“, sagt Homeyer. Die Wettbewerbe für 2019 und 2020 sind auch schon geplant.
Vielleicht hätten die Künstler gewarnt sein können. Denn viel am Kunstverein Art-Projekt Worpswede-Deutschland ist etwas seltsam. Homeyer hat ihn 2014 in Isernhagen zur Unterstützung junger Künstler gegründet. Dass die berühmte Künstlerkolonie Worpswede bei Bremen 130 Kilometer von Isernhagen entfernt ist, focht ihn nicht an. Auf die Strahlkraft des Ortes kam es ihm an: „Worpswede ist überall.“
Die Worpsweder hatten nichts dagegen. 2016, zur ersten Preisverleihung im Hotel Adlon in Berlin, hielt Bürgermeister Stefan Schwenke eine Rede, und Ministerpräsident Stephan Weil schickte ein Grußwort. Inzwischen will der Bürgermeister mit Verein und Kunstpreis nichts mehr zu tun haben.
Albin Homeyer wirkt derweil beinahe unbekümmert. Er hat einen neuen Verein gegründet. „Sie können sicher sein, dass es 2018 mit den Preisen funktioniert“, verspricht er. Der neue Verein Der Spieker habe mit dem alten nichts zu tun und sei solvent. Das Preisgeld fällt mit 12 000 Euro etwas schmaler aus.
Und überhaupt sieht Homeyer es so: Nicht er schuldet das Geld, „sondern der Verein, der nicht mehr existiert“. Verein weg, Schulden weg? Nachdem ihm zuletzt die Mitglieder davongelaufen waren und irgendwann der Vorsitzende Homeyer das letzte verbliebene Mitglied war, hat er beim Amtsgericht Hannover einen Antrag auf Löschung gestellt.
„Dieselgate“ ist schuld
Dass der Verein nicht zahlen konnte, begründet Homeyer damit, dass das für die Sponsorenacquise zuständige Mitglied aufgegeben habe. Und dann „Dieselgate“ – die Autohersteller hätten, „bis auf Ferrari“, einen Rückzieher gemacht. Weit vor der Verleihung im P.S. Speicher war klar, dass die Künstler ihre Preisgelder nicht bekommen würden. „Aber es gab einen Plan B“, sagt Homeyer. Sein Plan B sah so aus, dass die Vereinsmitglieder für das Preisgeld aufkommen sollten. Stattdessen nahmen sie Reißaus.
Den Künstlern verspricht Homeyer, er sei „dabei zu organisieren, dass sie ihr Geld bekommen“. Die glauben nicht einmal, dass sich der Vereinsvorsitzende auf ihre Kosten bereichern wollte. „Ich glaube, dass er größenwahnsinnig ist und gerne wahrgenommen werden möchte als wichtige Person im Kulturbetrieb“, sagte eine. „Das Traurige ist, dass er von Kunst keine Peilung hat.“
Von Karl Doeleke