Marineschiff läuft zur Ägäis aus: Ein einsamer Abschied in Corona-Zeiten
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Der Einsatzgruppenversorger "Berlin" trifft im Marinestützpunkt von Wilhelmshaven ein und macht an seinem Liegeplatz fest.
© Quelle: dpa
Wilhelmshaven. Der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ läuft am Donnerstag zu einem gut fünf Monate dauernden Einsatz in der Ägäis aus. Das Schiff wird den Stützpunkt Wilhelmshaven wegen der Corona-Pandemie nach Angaben der Marine ohne Publikum verlassen. Die rund 190 Besatzungsmitglieder mussten sich vorab von ihren Angehörigen verabschieden.
Das Schiff soll die Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ als Teil eines ständigen Nato-Verbandes ablösen und die griechische und türkische Küstenwache sowie die europäische Grenzschutzagentur Frontex bei der Überwachung des Seeraums unterstützen.
Voraussichtlich Mitte September kehrt die „Berlin“ in ihren Heimathafen zurück. Die Marine hofft dann wieder auf den „üblichen großen Bahnhof“.
„Große Zusatzbelastung“: Interview mit dem Kommandanten
Mit knapp 200 Menschen an Bord wird Abstand halten schwer. Während der Corona-Pandemie startet der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ Richtung Mittelmeer. Kommandant Stefan Klatt (51) erwartet besondere Belastungen, wie er im Interview erzählt. Sie laufen in der Corona-Krise zum Einsatz aus. Gibt es da spezielle Maßnahmen an Bord? Die „Berlin“ ist ein recht großes Schiff, das größte Schiff, das die Deutsche Marine hat. So haben wir ein bisschen mehr Platz, aber ganz umsetzen wie draußen können wir Abstandsregelungen nicht. Wir halten so gut es geht zwei Meter Abstand. In den Räumlichkeiten zum Essen essen wir in Schichten und lassen immer einen Stuhl frei. Was wird in Sachen Hygiene gemacht? Wir desinfizieren alle Handläufe und Klinken und alles, was so angefasst wird, dreimal am Tag. Ansonsten sind wir sowieso sehr saubere Menschen, wir machen zweimal am Tag „Reinschiff“, also wir putzen. Eine belgische Fregatte musste wegen eines Corona-Falls zu ihrem Heimathafen zurückkehren. Wie wird sichergestellt, keine Infizierten an Bord zu lassen? Wir könnten an Bord Menschen isolieren, dafür ist Platz. Wir hoffen, dass wir möglichst gesund losfahren, weil wir uns möglichst an die Regeln gehalten haben. Aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Wenn es schlecht läuft, das will ich auch nicht verhehlen, kann es sein, dass wir zurückkehren müssen. Gibt es weitere Besonderheiten? Normalerweise gehen wir alle sieben bis zwölf Tage an Land. Wir können uns da auch mal die Beine vertreten, einen Cappuccino oder ein Glas Rotwein trinken. Diesmal werden wir wie zu Segelschiffzeiten wahrscheinlich die gesamte Zeit an Bord verbringen, je nachdem, wie sich die Pandemie entwickelt. Wenn Menschen wieder einreisen dürfen in Griechenland, können wir sicherlich auch wieder von Bord, aber im Moment ist das alles nicht möglich. Das ist eine große Zusatzbelastung. Aber alle sind gelassen, motiviert und trotz allem gut gelaunt.
Von dpa/Linda Vogt