Moscheesteuer – guter Vorstoß oder Scheindebatte?
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Muslime beten beim Freitagsgebet in der Moschee Eyüp Sultan Camii in Ronnenberg in der Region Hannover.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa
Hannover. Den Vorschlag für die Einführung einer Moscheesteuer in Deutschland hält Dirk Toepffer, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, für interessant. „Eine solche Abgabe würde die muslimischen Gemeinden unabhängig von einer häufig nicht sehr transparenten Auslandsfinanzierung machen“, sagte Toepffer am Donnerstag. Auch FDP-Landtagsfraktionschef Stefan Birkner hält den Vorschlag, eine Steuer analog zur Kirchensteuer einzuführen, für „den prinzipiell richtigen Ansatz“, um die Unabhängigkeit von Moscheengemeinden zu gewährleisten. Auf Skepsis stößt der Vorschlag indessen bei Vertretern muslimischer Gemeinden.
Körperschaft des öffentlichen Rechts ist Voraussetzung
Politiker der Union hatten in den Weihnachtstagen die Debatte um eine mögliche Moscheesteuer angestoßen, die die Beschäftigung unabhängiger Imame in den Moscheen gewährleisten könnte. Allerdings hat sich die als liberal geltende Muslima Seyran Ates aus Berlin am Donnerstag etwas von diesem Steuervorschlag distanziert. Der Islam sollte nicht verkirchlicht werden, sagt die Rechtsanwältin, die in Berlin eine liberale Moschee gegründet hat. Ihr schwebe eher eine soziale Pflichtabgabe als Orientierung vor.
Der Staatskirchenrechtler Hans Michael Heinig von der Universität Göttingen hält die Idee einer solchen Steuer für richtig. „Die Grundeinsicht, die dahinter steckt, ist, dass es besser ist von den eigenen Mitgliedern unterstützt zu werden als von reichen Finanziers aus dem Ausland“, sagte Heinig der HAZ. Das sei historisch auch einer der Gründe, warum die SPD nach dem Ersten Weltkrieg der Beibehaltung der Kirchensteuer zugestimmt habe. Doch müssten die Moscheegemeinden als Körperschaft des öffentlichen Rechtes vom Staat anerkannt werden. Aber für diesen Weg seien einige wichtige Voraussetzungen zu klären, die verfassungsmäßig gesetzt und nicht verhandelbar seien. So müsse es klare mitgliedschaftliche Strukturen geben als auch eine verbindliche Vertretung der Gemeindemitglieder nach außen. „Dass sie sich so organisieren, ist eine Bringschuld der Gläubigen und nicht des Staates“, sagte der Jurist. Doch derzeit sei ein Großteil der Muslime nicht verbandsmäßig organisiert.
Die Tatsache, dass die Moscheegemeinden bislang nicht die Voraussetzungen für die Gründung einer Körperschaft öffentlichen Rechts mitbringen wie sie etwa Jüdische Gemeinden aber auch die Bahai haben, war auch ein Haupthindernis vor dem Abschluss eines Staatsvertrages in Niedersachsen. „Erst einmal müssten sich die muslimischen Gemeinden dazu erklären“, findet der SPD-Landtagsabgeordnete Alptekin Kirci, der nicht glaubt, dass man das deutsche Kirchensteuersystem „eins zu eins“ auf die Moscheen übertragen könne. Skepsis herrscht auch bei Avni Altiner vor, der sich derzeit darum bemüht, einen neuen, unabhängigen Moscheeverband in Niedersachsen aufzubauen. „So etwas wie Kirchensteuer zahlen zu müssen, wäre für viele von uns eine ganz große Bürde.“ Die Moscheen lebten von der Arbeit der Ehrenamtlichen. Das betont auch Emine Oguz, Geschäftsführerin der an der Türkei orientierten Ditib-Gemeinden. Auf sie wirkt die nachweihnachtliche Diskussion wie „eine ziemlich deutsche Scheindebatte“.
Von Michael B. Berger