Streit um Patent auf Braugerste
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Kein Patent auf Braugerste: Diese Entscheidung fordern auch die Grünen in Niedersachsen.
© Quelle: Sven Hoppe / dpa
Hannover. Können sich Brauereien speziell gezüchtete Gerste patentieren lassen? Auf diese Frage muss das Europäische Patentamt am Montag eine Antwort finden. Im Juni vergangenen Jahres wurden den Konzernen Carlsberg und Heineken die Rechte an drei bestimmten Sorten Braugerste zugesprochen – was landesweite Proteste auslöste. Nun sind es die Einsprüche von Verbraucher- und Brauereiverbänden, die zur Verhandlung stehen. Auch aus der Politik gibt es kritische Stimmen.
Sollten die Einsprüche abgewiesen und die bereits erteilten Patente somit bestätigt werden, sieht die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Niedersächsischen Landtag, Miriam Staudte, „weitreichende und gefährliche Folgen“ für die bislang unabhängigen Brauereien voraus. „Und für die Landwirte ebenso, die wachsende Zahl an Bio-Patenten in der EU beschränkt sich ja nicht nur auf Braugerste.“ Auch an Tomaten-, Brokkoli- und Melonensorten haben sich Produzenten bereits Rechte gesichert. „Wenn aber Pflanzensorten plötzlich als Erfindungen gelten, an denen Konzerne Rechte haben“, meint Staudte, „gefährden wir nicht nur die landwirtschaftliche Vielfalt, sondern unsere Ernährungssicherheit als Ganzes.“
Kolja Gigla, Geschäftsführer der hannoverschen „Mashsee“-Brauerei, sieht das Thema vorerst gelassen. „Als kleine Brauerei tangiert uns das bislang eher wenig. Braugerste kaufen wir nur in geringen Mengen ein. Zudem zahlen wir ja keine Extra-Gebühr für die Nutzung, nur weil das Korn patentiert ist.“ Gigla glaubt, den Branchenriesen gehe es eher darum, sich einen Wettbewerbsvorteil durch den Einsatz solcher Gerstensorten zu verschaffen, die sich speziell in großen Mengen leichter verarbeiten lassen.
„Natürlich merken die kleinen Brauereien bislang nichts“, sagt dazu Walter König, Geschäftsführer der Münchner Braugersten-Gemeinschaft. Noch könnten Hersteller wie Gigla schließlich unter mehr als 40 Sorten Braugerste auswählen. Bis die Folgen eines neuen Patentrechts kleine Bierbrauer und schließlich auch den Verbraucher erreichten, könnten zehn Jahre vergehen, schätzt König, vielleicht 15. Doch dann wäre die Monopolisierung des Biermarktes nicht mehr aufzuhalten: „Bald bestimmen nur noch die großen Konzerne, wie und womit gebraut wird.“
Das sieht Grünen-Politikerin Staudte ähnlich: „Es geht um die Grundsatzfrage, ob man auf Pflanzen, auf Nahrungsmittel, überhaupt Patente erteilen darf.“ Die heutige Entscheidung des Patentamts „könnte sich auf die gesamte Lebensmittelbranche ausweiten“ und dürfe deshalb aus ihrer Sicht nur in eine Richtung gehen: „Wir erwarten, dass die erteilten Patente vollständig aufgehoben werden.“
Von Kathi Flau