Hunderte Familienbetriebe aus dem Norden ziehen seit Jahrzehnten mit ihren Fahrgeschäften und Buden von Volksfest zu Volksfest. Die Corona-Pandemie hat sie lahmgelegt. Wie sieht die Perspektive für den Herbst und Winter aus?
Hannover/Bremen. Dass es irgendwann monatelang keine Volksfeste geben könnte, hätte sich Otfried Hanstein nie träumen lassen. Selbst als die meisten Männer im Krieg waren, reisten seine Mutter und ihre Brüder mit einer Schiffschaukel von Kirmes zu Kirmes. Die Corona-Pandemie hat die mehr als 5000 Schaustellerbetriebe in Deutschland in die größte Krise in ihrer Geschichte gestürzt. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Hanstein. „Das letzte Geld haben wir am 23. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt verdient.“ Dabei hatte der 68-Jährige aus Bremen schon frühzeitig die Initiative ergriffen und in Absprache mit den Behörden seine zwei Riesenräder aufgestellt.
Am Domshof in Bremen können die Gäste aus den Gondeln bis zum Weserstadion sehen, in Bremerhaven eröffnet sich der Blick aus über 30 Meter Höhe bei schönem Wetter bis zur Nordsee. „Es wird einigermaßen gut angenommen, ich kann die zuständigen Mitarbeiter bezahlen, aber es ist kein Ersatz für die großen Volksfeste“, klagt Hanstein. Rund 350 Schausteller leben allein in und um Bremen. Viele betreiben kostenintensive Großanlagen, umso größer sei der Druck, sagt Rudolf Robrahn, Vorsitzender des Schaustellerverbandes des Landes Bremen. „Tagtäglich wird es schwieriger.“ Erste Unternehmen hätten bereits Insolvenz anmelden müssen.