Unwetter verschont Niedersachsen – und trifft Hamburg
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In Hamburg verlegen Feuerwehrleute einen Tag nach dem Unwetter Sandsäcke am gebrochenen Damm eines Flusses.
© Quelle: dpa
Hamburg/Hannover. Die Wucht der Wassermassen hat den Hamburger Stadtteil Lohbrügge kalt erwischt: Wo bis vor Kurzem noch der Parkplatz eines Mehrfamilienhauses war, klafft jetzt ein riesiges Loch, darin liegt ein umgekipptes Auto. „Man steht so unter Schock“, sagt Anwohnerin Julia Knobloch unter Tränen. Nach einer Geburtstagsfeier, zur der sie bei strahlendem Sonnenschein aufbrach, kann die 25-Jährige nun nicht zurück in ihr Haus, genau wie die anderen 21 Bewohner. Der Starkregen hat am Donnerstagnachmittag eine Keller- und eine Außenwand unterspült, das Gebäude ist einsturzgefährdet. Ihre Nachbarin Alexandra war während des Unwetters zu Hause. „Auf einmal habe ich ein lautes Geräusch gehört und das Haus hat gewackelt“, berichtet sie. Als sie die Treppe herunterlief, war überall Wasser – im Keller und auf den Stufen zum Erdgeschoss. Auch in anderen Teilen von Hamburg standen die Straßen bis zu einem Meter unter Wasser, Feuerwehrleute kämpften in der Nacht auf Freitag bei mehr als 1000 Einsätzen gegen die Fluten.
Hafengeburtstag geht weiter
Im Unfallkrankenhaus Boberg musste der Keller leer gepumpt werden. Die Bundesstraße 5 war komplett gesperrt. Im Stadtteil Berne musste eine U-Bahnstrecke geschlossen werden. Die Veranstalter des 829. Hafengeburtstages hatten derweil Glück: „Es war, als ob ein Schutzschild über dem Hafengeburtstag gelegen hätte“, sagte Meteorologe Robert Scholz vom Deutschen Wetterdienst. Die Landungsbrücken blieben bis auf einige Regentropfen verschont.
In der Gemeinde Oststeinbek (Kreis Stormarn) östlich von Hamburg mussten zwei Bewohner am Donnerstagabend mit ansehen, wie ihr Elternhaus Opfer der Fluten wird. Sie selbst wurden von der Feuerwehr mit Booten evakuiert – nur 15 Minuten später brachten die Wassermassen die Wand im Erdgeschoss zum Einstürzen. In dem 9000-Einwohner-Ort in Schleswig-Holstein seien innerhalb von einer Viertelstunde rund 150 Notrufe eingegangen, sagte ein Feuerwehrsprecher, es habe mehr als 200 Einsätze gegeben. Insgesamt fünf historische Häuser wurden in Oststeinbek evakuiert, darunter auch eine historische Wassermühle. Auch am Freitag waren die Einsatzkräfte noch dabei, dort eine vollgelaufene Tiefgarage leerzupumpen.
80 Liter Regen in zwei Stunden
Mehr als 2000 Mal mussten die Einsatzkräfte im Norden wegen des Unwetters ausrücken, das Straßen unterspülte und Keller vollaufen ließ. Noch sei die Höhe des Schadens nicht absehbar, hieß es bei den Feuerwehren am Freitagnachmittag.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) fiel im Hamburger Osten und bei Quickborn außergewöhnlich viel Regen: „Hamburg-Billstedt hatte maximale Niederschlagsmengen von bis zu 80 Liter pro Quadratmeter innerhalb von zwei Stunden“, sagte DWD-Meterologe Karsten Kürbis.
In Niedersachsen waren besonders Goslar und Lüneburg von Starkregen mit Hagelkörnern mit Durchmessern von bis zu vier Zentimeter betroffen: Dort hat es laut dem DWD in zwei Stunden so viel geregnet wie sonst im ganzen Mai.
22 Einsätze in Goslar
Allein in Goslar musste die Feuerwehr am Donnerstag 22 Mal ausrücken. Dabei pumpte sie Keller leer und sperrte zehn Straßen zeitweise, um etwa Schlamm wegzuräumen. Größere Schäden oder Verletzte gab es laut der Polizei nicht. In Lüneburg pumpten Feuerleute Wasser aus 60 Kellern und sperrten zwei Straßen. In der Altstadt zerstörte das Wasser außerdem die Brandschutzmauer eines Hauses.
Von Stephanie Lettgen