Aussage vor US-Kongress: Sind Amazon, Apple, Google und Facebook zu mächtig?
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Die Chefs von Facebook, Amazon, Google und Apple sagen vor dem US-Kongress aus.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Die großen vier sind versammelt. Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google), Tim Cook (Apple) und Mark Zuckerberg (Facebook) sollen am Mittwoch in einer virtuellen Anhörung vor dem Unterkomitee für Kartellrecht des Justizausschusses im Repräsentantenhaus Fragen zu ihrer Marktdominanz und den daraus resultierenden Folgen für Verbraucher beantworten.
Das klingt sperrig. Doch die simple Frage, ob Amazon, Google, Apple und Facebook zu groß geworden sind, hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Sprengkraft gewonnen – nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Es ist auffällig, wie viele der nun in den USA diskutierten Vorwürfe in Europa schon Teile von Verfahren sind oder waren.
Die Ergebnisse der Anhörung und der monatelangen parteiübergreifenden Untersuchungen könnten dazu führen, dass nun die Macht der Techkonzerne beschnitten wird und es in den USA Anpassungen des Kartellrechts und der Wettbewerbsregelungen gibt. Tatsächlich gehen Experten aber eher davon aus, dass zumindest die Anhörungen weniger aussagekräftig verlaufen werden. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Politiker dazu entschlossen haben, Bezos, Pichai, Cook und Zuckerberg als Gruppe zu vernehmen. Das käme dem Versuch gleich, “vier verschiedene Mordverfahren gleichzeitig zu verhandeln”, findet etwa der “The Verge”-Journalist Casey Newton.
Vier unterschiedliche Unternehmen
Bei Amazon, Google, Apple und Facebook handelt es sich in der Tat um vier verschiedene Unternehmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Amazon verkauft alles vom Klopapier bis zum Gartenhäuschen, Apple stellt Hardware her. Facebook und Google verdienen zwar beide mit Anzeigen ihr Geld, doch Google ist die größte Suchmaschine der Welt und Facebook das größte soziale Netzwerk. Es sei schwer, sich eine einzige Lösung für das Monopolproblem vorzustellen, die auf alle vier Unternehmen gleichzeitig anwendbar wäre, schreibt Newton daher.
Und auch wenn die Tech-Giganten durchaus miteinander in Konkurrenz stehen (Google und Apple entwickeln jeweils ein eigenes Betriebssystem), hat es mehr Sinn, sie getrennt voneinander zu betrachten:
Der Fall Amazon
Amazon ist der weltweit größte Onlinehändler. Im ersten Quartal 2020 machte das Unternehmen aus Seattle 75,5 Milliarden Dollar Umsatz. Ein nicht unbeachtlicher Teil stammt dabei von dem Cloud-Service AWS. Eine Spekulation lautet daher, dass neue Regulationen dazu führen könnten, dass AWS und Amazon in zwei separate Unternehmen aufgetrennt werden – oder Amazon selbst diesen Schritt gehen könnte, bevor es dazu verpflichtet wird.
Das Magazin “Protocol”, das die Argumente gegen die verschiedenen Tech-Unternehmen gesammelt hat, geht davon aus, dass sich Jeff Bezos bei seiner ersten Anhörung vor dem Kongress unter anderem dem Vorwurf stellen werden muss, Daten von Verkäufern dazu zu nutzen, selbst entsprechende Produkte anzubieten. Die Europäische Kommission hat Amazon wegen seiner Doppelrolle als Marktplatz und Einzelhändler schon länger im Visier, 2019 begann eine offizielle Untersuchung. Es sei auch möglich, dass Amazon zu den Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter befragt werde, so “Protocol”. Auch in Deutschland streiken immer wieder Amazon-Mitarbeiter, weil sie bessere Arbeitsbedingungen fordern.
Der Fall Apple
Das iPhone ist Apples Vorzeigeprodukt – doch die Verkaufszahlen schwächeln. Apple setzt daher vermehrt auf weitere Produkte (wie Tablets oder Smartwatches) und digitale Services wie den Streamingdienst Apple TV+. Die Aufmerksamkeit der Wettbewerbshüter hat allerdings vor allem der App Store auf sich gezogen. Wolle man Apple auf irgendeine Weise zerschlagen, würde man wohl hier ansetzen, vermutet das Magazin “Axios”.
Die EU-Kommission hat im Juni angekündigt, zu untersuchen, ob Apple unfairen Wettbewerb in seinem App Store und beim Bezahldienst Apple Pay betreibt, und hat dazu zwei offizielle Verfahren eingeleitet. Unter anderem der Musikstreamingdienst Spotify hatte sich offiziell darüber beschwert, 30 Prozent der Aboeinnahmen (beziehungsweise 15 Prozent bei länger laufenden Abos) an Apple abgeben zu müssen. Im Fall von Apple Pay hatten Banken kritisiert, dass man nur über Apple Pay (und nicht etwa andere Bezahldienste) auf den für die Technologie nötigen NFC-Chip zugreifen könne. Ein anderer Vorwurf gegenüber Apple lautet, dass sie beliebte Apps durch Integration ins eigene Betriebssystem iOS überflüssig machen.
Der Fall Google
Google macht sich gleich in mehrfacher Hinsicht angreifbar. Tatsächlich hat die EU-Kommission den Tech-Riesen aus dem Silicon Valley bereits nach drei verschiedenen kartellrechtlichen Ermittlungen zu Milliardenstrafzahlungen verdonnert. Dabei ging es um Google Shopping, Google AdSense und das Android-Betriebssystem. Die US-Abgeordneten werden sich, laut “Protocol”, nun ähnliche Fragen stellen wie ihre europäischen Kollegen: Bevorzugt Google beim Ausspielen von Suchergebnissen eigene Angebote? Darf Google in den USA das eigene Produkt weiterhin zur Standardsuchmaschine für Android machen? Oder Apple dafür bezahlen, das Gleiche auf den Apple-Geräten zu tun? Dominiert Google durch den Kauf verschiedener Anzeigenfirmen mittlerweile den Onlineanzeigenmarkt?
Der Fall Facebook
Facebook ist das größte soziale Netzwerk der Welt. Im Jahr 2012 kaufte das Unternehmen von Gründer Mark Zuckerberg die Fotoplattform Instagram, 2014 dann den Messenger Whatsapp. Beide Akquisen werden inzwischen zum Teil äußerst kritisch gesehen – teilweise fordern Kritiker daher, den Schritt wieder rückgängig zu machen. Zwar operieren die drei Netzwerke unabhängig voneinander, Facebook hat aber schon seit Längerem angekündigt, sie auf einer technischen Ebene enger verknüpfen zu wollen. Besonders Unklarheiten darüber, welche Nutzerdaten beispielsweise von Whatsapp an Facebook weitergegeben werden, sorgen immer wieder für Fragen.
Des Weiteren wird Facebook immer wieder vorgeworfen, Konzepte und Ideen seiner Mitbewerber zu kopieren oder potenzielle Mitbewerber von der Plattform zu stoßen. Zuletzt kündigte etwa Instagram den Start einer Tiktok-ähnlichen Funktion an.
Weitere Fragen
Neben dem Ziel, herauszufinden, ob Facebook, Amazon, Facebook und Apple in wirtschaftlicher Hinsicht zu groß und mächtig sind, könnten die Abgeordneten zudem noch Fragen stellen, die eher auf die gesellschaftliche Verantwortung abzielen. Zum Beispiel: Schaffen es die sozialen Netzwerke von Facebook und Google (Youtube), effektiv gegen Falschnachrichten, Hass und Propaganda vorzugehen?