Deutliche technische Probleme

Pokémon Karmesin und Pokémon Purpur im Test: Gut geruckelt!

Karmesin und Purpur sind das erste echte Open-World-Pokémon-Spiel in der Hauptserie.

Karmesin und Purpur sind das erste echte Open-World-Pokémon-Spiel in der Hauptserie.

Früh in Pokémon Karmesin und Pokémon Purpur erleben die frisch gebackenen Schulkinder einen Schlüsselmoment: Die neue Freundin Nemila nimmt uns mit auf einen Aussichtsturm, der Blick geht über die Insel mit spanischem Flair, über Wiesen und Wälder, bis zur Akademie. Beeindruckend ist der Weitblick. Die Spielwelt sieht nicht nur von oben groß aus, sie ist es wirklich. Bestürzend ist aber die Grafik. Nemila schwärmt von „dichten Wäldern“, gezeigt werden aber vereinzelte Bäume, die verwaschen auf grünen Flächen kleben. Mit dem Ausblick zeigen sich die deutlichen technischen Probleme der neuen Pokémon-Spiele.

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Sammeln mit Tradition

Grundsätzlich bleiben Pokémon Karmesin/Purpur typische Abenteuer der Serie. Immer lösen Pokémon-Spiele dabei auch die gleiche kindliche Fantasie ein: Die Welt steckt voller magischer Tierwesen, die sich von Menschen fangen lassen, mit ihnen spielen, für sie arbeiten und kämpfen wollen. Zu Beginn der Abenteuer werden die Trainerinnen und Trainer von ihrer Mutter losgeschickt. Sie fangen und sammeln Pokémon, stellen sie zu Teams zusammen und trainieren die Wesen in rundenbasierten Kämpfen. Auf ihrem Abenteuer schlagen sie acht Arenaleiter im sportlichen Wettkampf und retten in aller Regel gegen Ende des Spiels noch die Welt.

Wenn sie es bis dahin noch nicht getan haben, fangen die Champs anschließend Hunderte Pokémon, um den persönlichen Pokédex auszufüllen. Wie immer in der Serie sind dabei die Karmesin- und Purpur-Spiele über weite Strecken identisch. Nur ein paar Charaktere und Pokémon sind in den Ausgaben verschieden.

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Dichte Wälder werden zwar beschrieben, sind aber nicht zu sehen.

Dichte Wälder werden zwar beschrieben, sind aber nicht zu sehen.

Neue Stärken und Schwächen

Lang und ausladend waren Pokémon-Spiele schon immer, aber sie haben sich nicht besonders groß angefühlt. In der Regel haben sie ihre Trainer einen linearen Pfad entlanggeführt. In früheren Spielen gab es erste Versuche mit einer freieren Spielwelt; aber Karmesin und Purpur sind das erste echte Open-World-Pokémon-Spiel in der Hauptserie. Für viele Fans geht damit ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Endlich wird ihnen das Abenteuer nicht in Häppchen vorgekaut, sondern sie können selbst die Welt erkunden. Jede und jeder kann überall hin, die abwechslungsreiche Landschaft absuchen, zahlreiche Geheimnisse entdecken und dabei Missionen aus drei verschiedenen Storysträngen nach Belieben angehen.

Das zentrale, sofort sichtbare Problem des Spiels bleibt aber bestehen: Pokémon Karmesin und Pokémon Purpur sind technisch am Limit. Aus der Nähe sieht alles matschig und verschwommen aus. Weiter entfernte Objekte ruckeln wie im Daumenkino. Spürbar hängt und stockt das Spiel immer wieder. Natürlich hat die Nintendo Switch nicht das technische Leistungs­niveau von Xbox und Playstation, aber sie hat schon oft bewiesen, dass sie Open-World-Abenteuer schöner und flüssiger darstellen kann als hier.

Altbacken wirkt gleichzeitig vieles an der Präsentation. In Pokémon-Spielen ist Sprachausgabe auch im Jahr 2022 etwas Unerhörtes. Menschen unterhalten sich in langwierigen, umständlichen Textfenstern. Die Inszenierung ist zwar origineller und abwechslungs­reicher als bisher, aber längst nicht modern.

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Ein Spiel zum Lesen

Ein kleineres Problem wächst aus den Innovationen, die sich viele Fans lautstark seit Jahren wünschen. Ein offeneres Pokémon-Spiel ist auch schwieriger. Doch Kinder im Grundschulalter sind eine Kernzielgruppe der Serie. Sie müssen jetzt mehr Text lesen und dabei gut aufpassen, müssen sich selbständig zurechtfinden. Zwei sechsjährige Kinder waren davon in unserem Test überfordert – vor allem die Orientierung ist ein Problem. In anderen Pokémon-Spielen ist meistens klar, wo es langgeht. In den neuen Spielen kann man sich jedoch völlig verlaufen und dann auf zu starke Monster treffen, bei denen höchstens noch die Flucht hilft. Karmesin und Purpur sind etwas leichter als das Spin-off-Abenteuer Arceus, aber fordernder als die vorangegangenen Hauptabenteuer Schwert und Schild.

Spaß am Lesen wird auf der anderen Seite sogar belohnt. Die Akademie ist in Paldea überraschend ernst gemeint. Wer sich durch die authentisch zähen Vorträge drückt und anschließend Multiple-Choice-Tests besteht, der bekommt überraschend viele Hintergrundinfos zum Spiel, zur Taktik und zur Geschichte. Außerdem gibt es Belohnungen.

Eine Insel voller Möglichkeiten

Unter den technischen Schwierigkeiten verbergen Pokémon Karmesin und Pokémon Purpur viele Stärken, die sich erst beim Spielen offenbaren. Vor allem das Freiheitsgefühl hat viele Facetten. Schnell bekommen die Trainerinnen und Trainer ein mächtiges Reittier, mit dem sie die Welt besser erkunden können. Die acht Arenaprüfungen sind diesmal leichter zu absolvieren, setzen auf nicht besonders schwierige, aber abwechslungsreiche Rätselaufgaben und Minispiele. Die offene Spielwelt, üppig belohnte Spezialkämpfe („Tera-Raids“) und die Möglichkeit, Pokémon herumlaufen und selbst kämpfen zu lassen, machen das Training schneller und abwechslungs­reicher.

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Überhaupt geht die Handhabung der zahlreichen Menüs im neuen Pokémon-Abenteuer deutlich schneller von der Hand. Sie wurden an vielen Stellen verschlankt und machen das Trainerleben jetzt etwas einfacher. Komplexer ist das Lernen neuer Attacken geworden – die altbekannten „TMs“ können jetzt auch selbst hergestellt werden. Und mit der „Terakristallisierung“ kommt eine interessante Attackenart ins Spiel, die das Taktieren mit Typen um eine Variante bereichert.

Ein Triumph, der ruckelt

Solche überraschend komplexen Möglichkeiten richten sich eher an ältere Fans der Serie. Gerade sie werden in Pokémon Karmesin und Pokémon Purpur viel Gutes finden – ihnen dürften die technischen Schwierigkeiten aber deutlich auffallen.

Vier Grundschulkinder verschiedener Klassenstufen haben in unserem Praxistest dagegen ein deutliches Urteil gefällt: Das neue Spiel ist toll. Hier können sie endlich frei herumlaufen und sehen alle Pokémon lebendig in der Welt. Das ist wichtig und neu. Die technischen Mängel wurden von der Kernzielgruppe mit einem Achselzucken quittiert.

Gerade für Kinder im Lesealter sind Pokémon Karmesin und Pokémon Purpur damit ein voller Erfolg. Erwachsene Fans sollten sich gut überlegen, ob und wie sehr sie sich an technischen Mängeln stören. Vielleicht sollten sie abwarten, ob das eine oder andere Update wenigstens ein paar Stellen verschönern oder der Bildrate nachhelfen kann. Jüngere Kinder sollten warten oder mit einem einfacheren Abenteuer einsteigen.

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