Covid-19 in Europa: So bereitet sich Deutschland vor

Im Alltag ist es unsichtbar, aber so kann man sich das Coronavirus vorstellen.

Im Alltag ist es unsichtbar, aber so kann man sich das Coronavirus vorstellen.

Die Zahl der mit dem Sars-CoV-2 Infizierten steigt, immer mehr Menschen sind an der dadurch ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 erkrankt. Nicht nur in China, auch in Europa, in den arabischen Ländern, neuerdings auch in Brasilien. Das Coronavirus hat sich weltweit ausgebreitet, wird sich noch weiter ausbreiten – und so schnell auch nicht wieder verschwinden. Das ist inzwischen klar.

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Die deutschen Gesundheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene bereiten sich auf weitere Infektionen hierzulande vor. Ein Überblick darüber, wie sie die derzeitige Lage einschätzen und auf welche Maßnahmen sie setzen.

Droht eine Pandemie, die auch Deutschland betrifft?

Eine Pandemie bezeichnet die Verbreitung eines neuen Virus auf der ganzen Welt. Die Gefahr: Pandemien können zu Erkrankungs- und Sterberaten führen, die saisonale Influenzawellen um ein Vielfaches übertreffen. So steht es im Nationalen Pandemieplan, in dem Bund und Länder Maßnahmen und Strategien zur Bekämpfung von neuartigen Viren festgelegt haben. Inzwischen gibt es Covid-19-Infizierte auf allen Kontinenten.

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Noch (Stand: 26. Februar) bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Lage als Epidemie in einzelnen Ländern. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hält eine weltweite Ausbreitung des Erregers aber für wahrscheinlich. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte bei einer Pressekonferenz am Montag (24. Februar): “Die Infektionsketten sind teilweise nicht mehr nachvollziehbar. Deswegen müssen wir damit rechnen, dass sich das Virus auch in Deutschland weiter ausbreiten kann.”

Welche Gebiete weltweit gelten als Risikogebiete für Covid-19?

Als Risikogebiete bezeichnet das Robert-Koch-Institut Gebiete, in denen eine fortgesetzte Übertragung von Mensch zu Mensch vermutet werden kann. Indikatoren sind unter anderem die Häufigkeit von Erkrankungen und die Dynamik der Fallzahlen. Stand 26. Februar sind das:

  • In China die Provinz Hubei, die Städte Wenzhou, Hangzhou, Ningbo, Taizhou.
  • Im Iran die Provinz Ghom.
  • In Italien die Provinz Lodi in der Region Lombardei und die Stadt Vo in der Provinz Padua.
  • In Südkorea die Provinz Gyeongsangbuk-do.

Wie schätzen die deutschen Behörden das Risiko für Deutschland ein?

Die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung schätzt das Robert-Koch-Institut in Deutschland, Stand 26. Februar, als gering bis mäßig ein. Mit einem Import von weiteren Fällen nach Deutschland müsse gerechnet werden. Auch weitere Übertragungen, Infektionsketten, lokale Infektionsgeschehen und Ausbrüche seien in Deutschland möglich. Auf globaler Ebene handele es sich um eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation. Für eine abschließende Beurteilung der Schwere der neuen Atemwegserkrankung liegen gegenwärtig nicht genügend Daten vor. Bei einem Teil der Fälle sind die Krankheitsverläufe schwer, auch tödliche Krankheitsverläufe kommen vor.

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Wo in Deutschland gibt es bereits bestätigte Covid-19-Fälle?

In Deutschland sind bislang nur wenige bestätigte Infektionsfälle mit dem neuen Coronavirus Sars-CoV-2 aufgetreten. Allerdings sind am Dienstag (25. Februar) neue Erkrankungsfälle in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg bekannt geworden. Sie stehen in Zusammenhang mit den Risikogebieten. In NRW hatte der Patient nach Angaben des Landrats Kontakt mit einem Bekannten, der sich geschäftlich in China aufgehalten hatte. Die Person aus Baden-Württemberg hat sich laut Behörden vermutlich in Mailand bei einer Italien-Reise angesteckt.

Es gab weiterhin einzelne Fälle in Bayern, die auf die Firma Webasto zurückgeführt werden konnten. Fast alle dieser Patienten wurden inzwischen genesen aus dem Krankenhaus entlassen. Weitere Einzelfälle gab es bei den deutschen Staatsbürgern, die Anfang Februar 2020 aus dem chinesischen Wuhan ausgeflogen wurden.

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Welche Strategie verfolgt Deutschland bei der Viruseindämmung?

Laut RKI gehe es derzeit vor allem darum, Zeit zu gewinnen. Alle Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) verfolgen bislang das Ziel, einzelne Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus dadurch so weit wie möglich zu verzögern. Je mehr Zeit bleibt, umso mehr erfahren Behörden und Forscher über die Eigenschaften des Virus, können Risikogruppen identifizieren und Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Gruppen vorbereiten, Behandlungskapazitäten in Kliniken erhöhen, antivirale Medikamente und die Impfstoffentwicklung vorantreiben.

Wie verändert sich die Strategie bei mehr Covid-19-Fällen in Deutschland?

Sobald in Deutschland mehr Fälle auftreten, die nicht mehr auf einen bereits bekannten Fall zurückgeführt werden können, und deutlich würde, dass die Verbreitung auch in Deutschland auf Dauer nicht zu vermeiden ist, wird die Bekämpfungsstrategie schrittweise angepasst. Wird die Lage ernster, übernimmt die Koordination ein Krisenstab mit Vertretern mehrerer Ministerien, der Kontakt zum Robert-Koch-Institut (RKI), zum Bundesministerium und zur lokalen Ebene hält.

Dann konzentriert sich der Schutz laut RKI stärker auf Personen und Gruppen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe aufweisen. Laut WHO sind das nach derzeitigen Erkenntnissen vor allem ältere Personen und Menschen mit Vorerkrankungen wie hoher Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.

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Plant Deutschland die Abriegelung von Städten wie in China?

Gesundheitsminister Spahn sagte bei der Pressekonferenz am Montag, dass nach derzeitiger Einschätzung immer nur situationsbezogen über solche Maßnahmen nachgedacht werden könne. Etwa bei einzelnen Großveranstaltungen, temporär bei einer Schule oder einem Altenheim. “Von der Absage von Großveranstaltungen bis hin zur Abriegelung ganzer Städte gibt es viele Zwischenstufen”, betonte Spahn.

Aus infektionsepidemiologischer Sicht gebe es nicht sehr viel, was für eine Abriegelung betroffener Städte spreche, sagte Lars Schaade, Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts. Wichtigster Punkt sei, Kontakte zwischen Gesunden und Kranken zu reduzieren. Das sei auch ohne diesen Schritt möglich. Außerdem könne das Virus auch aus anderer Richtung als aus der Stadt kommen, es sei von einer weltweiten Verbreitung auszugehen.

Sind Reisesperren geplant?

Nach einem Krisentreffen in Rom sagte Spahn am Dienstag: “Wir sind gemeinsam der Meinung, dass zu diesem Zeitpunkt, jetzt, Reisebeschränkungen oder gar das Schließen von Grenzen keine angemessene, verhältnismäßige Maßnahme wären.” Ein Virus mache an Landesgrenzen keinen Halt. Fieberscanner an Flughäfen, mit denen unter anderem in Italien bei Einreisenden die Temperatur geprüft wird, halte er nicht für sinnvoll. Allerdings würden Reisende in Zügen, Bussen, Flugzeugen, an Flughäfen und Bahnhöfen Informationen zum Virus ausgeteilt.

Was sagt die Regierung zur medizinischen Versorgung?

Eine Coronavirus-Infektionswelle würde das medizinische Versorgungssystem in Deutschland zu spüren bekommen. Spahn zeigt sich dabei aber optimistisch. “Das Gesundheitssystem in Deutschland ist eines der besten weltweit”, betonte er bei der Pressekonferenz am Montag. Auf europäischer Ebene sei geplant, Schutzausrüstung für medizinisches Personal zu beschaffen.

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Eine Herausforderung ist laut RKI das Zusammentreffen der Ausbreitung des Coronavirus mit der zeitgleich in Deutschland laufenden Grippewelle. Fällt die Grippewelle mit einer erhöhten Zahl an Coronavirus-Patienten in Deutschland zusammen, könne das laut RKI zu einer maximalen Belastung der medizinischen Versorgungsstrukturen führen.

Wo sehen Ärzte und Virologen Schwachstellen?

Laut dem Charité-Virologen Christian Drosten könne in den Arztpraxen und Kliniken mit vollen Wartebereichen gerechnet werden, ausgewählte Operationen müssten eventuell verschoben werden. “Da müssen wir uns einfach darauf einstellen, wenn es zu einer Infektionswelle kommt”, sagte Drosten bei einem vom Science Media Center organisierten Podiumstreffen Mitte Februar. Außerdem sieht er eine Schwachstelle bei den Gesundheitsämtern, weil sie personell schlecht besetzt sind. Dabei sind sie die ersten Ansprechpartner für Ärzte, die bei Patienten eine Covid-19-Infektion vermuten.

Einige Ärzte zweifeln an einer guten Vorbereitung. “Meine schon länger vorhandene Sorge über eine sehr wahrscheinliche Pandemie mit Covid-19 ist aufgrund des Abwiegelns und der Untätigkeit deutscher Behörden langsam in pure Verzweiflung umgeschlagen”, sagte etwa der Chefarzt einer Lungenklinik in Sachsen-Anhalt am Montag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Bis auf wenige hoch spezialisierte Zentren mit universitärer Medizin seien wahrscheinlich die meisten Krankenhäuser in Deutschland nicht auf einen möglichen Ansturm von Covid-19-Patienten vorbereitet, warnte der Arzt Steffen Frese.

Worauf sollte jeder Einzelne vorbeugend achten?

Die Menschen in Deutschland könnten laut Gesundheitsbehörden und Gesundheitsminister Jens Spahn auch durch das eigene Verhalten dazu beitragen, dass es in Deutschland und Europa nicht zu weiteren Infektionsketten kommt: zum Beispiel mit einer Grippeimpfung, regelmäßigem und mindestens 20 Sekunden andauerndem Händewaschen. Sie sollten zudem darauf achten, sich möglichst wenig ins Gesicht zu fassen. Hilfreich kann sein, belebte Orte zu meiden, benutzte Taschentücher schnell zu entsorgen, in die Armbeuge statt in die Hand zu niesen.

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Welche Empfehlungen gibt es zu Mundschutz und Atemmasken?

Bislang gibt es laut WHO keine Hinweise darauf, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person verringert. Bei Erkrankten kann es laut RKI hingegen sinnvoll sein, um das Risiko einer Ansteckung anderer Personen durch Tröpfchen zu verringern. Für medizinisches Personal gelten andere Regeln im Sinne des Arbeitsschutzes.

Was tun bei einem Verdacht?

Wer Kontakt zu Infizierten hatte, sollte sich unabhängig vom Auftreten von Symptomen beim eigenen Gesundheitsamt melden. Gleiches gilt für Reisende aus Risikogebieten, bei denen Symptome auftreten. Alle anderen wenden sich an das Amt oder den Hausarzt, der bei Verdacht auf Sars-CoV-2 eine Laboruntersuchung veranlassen kann. Allerdings sollten Betroffene vor dem Gang in die Praxis unbedingt dort anrufen. Wer einen begründeten Verdacht hat, mit Sars-CoV-2 infiziert zu sein, sollte unnötige Kontakte meiden und zu Hause bleiben – wie auch bei der Grippe.

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