Gesundheitsnotstand wegen Coronavirus: Was bedeutet die WHO-Erklärung?
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Vertreter der Weltgesundheitsorganisation haben wegen des weltweit zirkulierenden Coronavirus einen Gesundheitsnotstand ausgerufen.
© Quelle: Jean-Christophe Bott/KEYSTONE/dp
Genf. Ob ein neu entdecktes Virus eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ ist, entscheidet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach Absprache mit Experten. Bei einer Notlage - auch Gesundheitsnotstand genannt - handelt es sich um eine "außergewöhnliche Situation, die mit einer erheblichen überregionalen oder potenziell globalen Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung assoziiert ist", erklärt das Robert Koch-Institut.
Warum ruft die WHO erst jetzt den Gesundheitsnotstand aus?
Im Fall des Coronavirus hat die WHO die Notlage Mitte Januar unter anderem deshalb nicht erklärt, weil zu dem Zeitpunkt im Ausland nur Menschen erkrankt waren, die aus der betroffenen Region in China kamen. Seitdem haben sich aber Menschen auch ohne Aufenthalt in China angesteckt, etwa in Bayern, Vietnam und in Japan.
Welche Folgen hat das Ausrufen des Gesundheitsnotstands?
Wenn jedes Land seine eigenen Maßnahmen verhängt, kann das das Rezept für ein Desaster sein.
WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan
Verbunden mit der Erklärung einer Notlage sind Empfehlungen, wie Länder sich schützen und eine Ausbreitung des Virus verhindern können. Bei einer Notlage sind die WHO-Mitglieder verpflichtet, ihre Maßnahmen zu koordinieren. Die betroffenen Länder sollen außerdem Transparenz in der Berichterstattung zu Krankheitsfällen zeigen und betroffene Patienten isolieren können.
"Wenn jedes Land seine eigenen Maßnahmen verhängt, kann das das Rezept für ein Desaster sein, etwa wirtschaftlich", sagt der WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan. Die WHO setzt nun den Fokus darauf, den Ausbruch an der Quelle einzudämmen. Zur Unterstützung der Länder gegen den Krankheitsausbruch gehören auch Empfehlungen zu Handel und Reisen, einschließlich der Überprüfung von Passagieren an Flughäfen, Gütern und auf Container-Verladeplätzen.
Wer koordiniert das Vorgehen während des Gesundheitsnotstands?
Sobald der Notstand ausgerufen ist, wird ein Notfallausschuss aufgestellt, der International Health Regulations Emergency Committee. Vertreter der Mitgliedsstaaten und internationale Experten beraten sich zum Vorgehen. Daher müssen regelmäßig alle relevanten Informationen zur Situation im jeweiligen Land an die WHO gemeldet werden. Die nationale Anlaufstelle für Kommunikation und Koordination ist in Deutschland das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus hat angekündigt, das Notlage-Konzept reformieren zu wollen. Ihm schwebe eine Art Ampel vor. Dann könne die WHO zum Beispiel bei sich entwickelnden Bedrohungen mit Gelb eine Vorwarnung geben und Länder damit in Alarmbereitschaft setzen und zu Absprachen über koordinierte Maßnahmen drängen, bevor eine Notlage erklärt wird.
Wie oft wurde bereits ein internationaler Gesundheitsnotstand ausgerufen?
Im Mai 2005 wurden die international verbindlichen Vorschriften verabschiedet. An der Versammlung der WHO beteiligt waren 196 Mitgliedsländer. Das Ziel: Die Vorschriften sollen das gemeinsame Vorgehen gegen globale Bedrohungen effizienter gestalten. Die WHO versuche, "unnötige Störungen des internationalen Verkehrs und Handels zu vermeiden", da eine gesundheitliche Notlage wirtschaftliche Risiken berge und sich auf den Tourismus und den Handel auswirken könne.
Bisher wurde fünf Mal der internationale Gesundheitsnotstand ausgerufen. 2004 wurde zum ersten Mal eine internationale gesundheitliche Notlage ausgerufen, als die Vogelgrippe (H5N1) bekämpft wurde. Der Notfallausschuss wurde außerdem 2005 zum Schutz gegen das Schwere Akute Atemwegssyndrom (SARS) und 2014 einberufen, als die Kinderlähmung erneut ausbrach, die man für ausgerottet gehalten hatte.
Gleichzeitig grassierte das Ebola-Fieber in Westafrika. 2016 war der Zika-Virus Grund für eine gesundheitliche Notlage, 2019 gab das anhaltende Ebola-Fieber in der Demokratischen Republik Kongo den Ausschlag.
mit dpa