Grippesaison trifft auf Corona: Ist das gefährlich?

Bei der Grippewelle im Frühjahr sind deutlich weniger Menschen erkrankt als in den Jahren zuvor.

Bei der Grippewelle im Frühjahr sind deutlich weniger Menschen erkrankt als in den Jahren zuvor.

Hannover. In Großbritannien schlugen Wissenschaftler schon vor Wochen Alarm: Es werde gefährlich, wenn im Winter die Grippe und eine zweite Welle des Coronavirus aufeinandertreffen. Dem Gesundheitssystem drohe die Überlastung, wenn es gleichzeitig noch mehr Kranke und Ausfälle beim Personal gebe. Wie das Coronavirus kann die Grippe vor allem bei älteren Menschen schwer oder sogar tödlich verlaufen.

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Auch in Deutschland beginnt im Oktober die Grippesaison, Anlass zur Sorge besteht aber bislang nicht: Von einer Überlastung ist das Gesundheitssystems derzeit wohl weiter entfernt denn je.

Krankenhäuser haben noch jede Menge Kapazitäten

Selbst zum Höhepunkt des Corona-Ausbruchs waren die Intensivstationen nur zur Hälfte gefüllt. Mittlerweile wurden sogar noch zusätzliche Betten geschaffen. Obwohl die Klinken allmählich den Regelbetrieb wieder aufgenommen haben, stehen etliche davon leer. Laut DIVI-Intensivregister sind von fast 30.700 Intensivbetten momentan nur 230 von Covid-19-Patienten belegt, fast 9700 stehen frei (Stand: 8. September).

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Obwohl das Virus weiterhin zirkuliert, werden vergleichsweise niedrige Infektionszahlen gemeldet – und deutlich weniger schwere Verläufe. Eine echte zweite Welle blieb in Deutschland bisher aus. Selbst wenn im Herbst wieder mehr Menschen schwer erkranken sollten, gäbe es in den Kliniken noch genug Platz, um auch die Grippepatienten zu versorgen. Von vielen Fällen ist mutmaßlich ohnehin nicht auszugehen: So war die Grippesaison bereits im Frühjahr mit dem Ausbruch von Corona zusammengefallen, mit kaum spürbaren Auswirkungen.

Corona-Hygieneregeln schützen auch vor Grippeviren

Dass Menschen sich gleichzeitig mit Grippe und Corona infizierten und dadurch womöglich schwerer erkranken, wurde damals nicht beobachtet. Es wurden sogar deutlich weniger Grippefälle bestätigt als noch in den Jahren zuvor. Das “schnelle Abklingen der Influenzaaktivität” und “eine um mindestens zwei Wochen kürzere Dauer der Grippewelle” seien auffällig, schrieb das Robert-Koch-Institut im April im epidemiologischen Bulletin. “Erheblich dazu beigetragen” hätten die Anti-Corona-Maßnahmen.

Influenzaviren werden genau wie Grippeviren durch Tröpfchen übertragen, die beim Niesen, Husten, Atmen oder Sprechen ausgeschieden werden. Auch Aerosole spielen wohl bei der Übertragung beider Erreger eine Rolle: kleinste Flüssigkeitspartikel, die sich in geschlossenen Räumen in der Luft anreichern können. Abstandsregeln, Händedesinfektion, das Meiden überfüllter Orte, oder auch Masken können daher in beiden Fällen Ansteckungen vermeiden.

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Grippeimpfung kann Corona-Infektion nicht verhindern

Die Gefahr, an einer Grippe zu erkranken, ist daher wahrscheinlich auch in diesem Herbst geringer als in den Jahren zuvor. Das RKI hält eine Schutzimpfung von Risikogruppen trotzdem für wichtig und empfiehlt sie wie jedes Jahr für Menschen ab 60 Jahren, chronisch Kranke, Schwangere und Menschen, die engen Kontakt zu Risikogruppen haben.

Bei ihnen werden auch die Kosten einer Impfung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Die Impfung gegen Influenza bietet hierbei keinen vollständigen Schutz. Speziell bei älteren Menschen liegt die Schutzwirkung laut RKI bei nur etwa 50 Prozent. Auch eine Infektion mit dem Coronavirus kann die Grippeimpfung nicht verhindern.

RKI will Impfempfehlung nicht ausweiten

Einige Ärzte hatten gefordert, in diesem Jahr mehr Menschen und vor allem Kinder gegen die Grippe zu impfen, obwohl schwere Verläufe bei Kindern selten sind und sie nicht zu den Risikogruppen gehören. Die Impfung von Kindern wurde aber als Maßnahme vorgeschlagen, um die Verbreitung der Grippe einzudämmen und das Gesundheitssystem nicht unnötig zu belasten. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte dazu aufgerufen.

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Das RKI lehnte aber in einer Stellungnahme klar ab, seine Impfempfehlung auszuweiten und verwies auf die niedrigen Fallzahlen im Frühjahr. Bei einer Impfempfehlung für die gesamte Bevölkerung drohe außerdem eine Unterversorgung der Risikogruppen, sie sei daher sogar “kontraproduktiv”.

Grippe-Impfstoffdosen sollten Risikogruppen vorbehalten sein

Auch der Verband der Kinder und Jugendärzte (BVKJ) rät, sich an die RKI-Empfehlung zu halten. “Wir sind zwar seit Jahren eigentlich für die Impfung aller Kinder. Weil aber nicht genügend Impfdosen zur Verfügung stehen, sollten diese Risikogruppen vorbehalten bleiben,” sagt Jakob Maske, Berliner Sprecher des BVKJ.

Dazu zählten nur Kinder mit chronischer Grunderkrankung, bei denen schwere Verläufe der Grippe wahrscheinlicher sind. Das Argument, ältere Menschen durch eine Impfung von Kindern zu schützen ergibt für Maske keinen Sinn: “Sie sind dann geschützt, wenn sie sich selbst impfen lassen.”

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Für die nächsten Monate gilt: Die Symptome einer Grippe oder Coronavirus-Infektion sind zwar bei den meisten Menschen nicht eindeutig auseinanderzuhalten. Gefährliche Verläufe sind aber außerhalb der Risikogruppen in beiden Fällen sehr selten. Und längst nicht jeder, der im Herbst unter Husten und Schnupfen leidet, muss sich mit der Grippe oder dem Coronavirus angesteckt haben. Oft verbirgt sich hinter solchen Symptomen auch einfach eine normale Erkältung.

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