Iran droht zweite Corona-Welle – trotzdem kein Lockdown in Sicht
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Seit Wochen liegt die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Iran wieder bei mehr als 2000.
© Quelle: Ebrahim Noroozi/AP/dpa
Teheran. Noch vor einem Monat schien das Schlimmste überstanden, doch nun verzeichnet der Iran mehr als 2000 Neuinfektionen pro Tag. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Samstag gab es im Vergleich zum Vortrag erneut mehr als 2260 registrierte Neuinfektionen und 75 neue Todesfälle.
“Die Menschen sind total leichtsinnig geworden, weil sie denken, das Coronavirus sei verschwunden”, wird der iranische Gesundheitsminister Saeed Namaki von der “Zeit” zitiert. Die Sorge um einen massiven Rückschlag im Kampf gegen das Virus wird größer.
Seit Wochen über 2000 Neuinfektionen pro Tag – doch Maßnahmen werden trotzdem gelockert
Laut Namaki werde kein Abstand mehr gehalten und die Menschen trügen keine Atemschutzmasken mehr. “Wenn das so weitergeht, wird Corona gegen uns in letzter Minute ein Tor schießen.”
Im Iran sind seit Ende Februar laut offiziellen Angaben 8209 Menschen nach einer Infektion mit dem Virus gestorben, die Zahl der nachweislich Infizierten liegt bei fast 170.000. Mehr als 132.000 Patienten gelten als geheilt, sagte Ministeriumssprecher Kianusch Dschahanpur laut Nachrichtenagentur IRNA. Seit mehr als zwei Wochen registriert die nationale Statistik täglich wieder deutlich mehr als 2000 Neuinfektionen.
Trotz steigender Infektionszahlen im Iran will Präsident Hassan Ruhani weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen vornehmen. “Es bleibt uns nichts anderes übrig, als gleichzeitig mit dem Kampf gegen die Pandemie den Menschen auch die Aufnahme ihrer Arbeit zu ermöglichen”, sagte Ruhani.
Daher sollen ab Mitte Juni auch Kitas und Kinos wieder öffnen, eingeschränkt und unter Beachtung von Hygieneauflagen. Konzerte sollen ebenfalls wieder möglich sein. Auch die Moscheen sollten aufmachen und Freitagsgebete wieder veranstaltet werden, kündigte Ruhani auf seiner Webseite an.
Experten: Lockerungen sind Hauptgrund für Anstieg der Infektionen
Seuchenexperten wie Kamiar Alaei vom “Institute for International Health and Education in den USA” betonen, dass die Lockerungen zu früh gekommen sind. Auch für andere Experten und für das Gesundheitsministerium sind die Lockerungen der Hauptgrund für den Anstieg der Infektionen. Wegen der Lockerungen nehmen laut Ministerium auch nur noch 30 Prozent der Iraner die Pandemie ernst und die übrigen halten sich nicht mehr strikt an die Hygienevorgaben wie Schutzmasken und Abstand. Ruhani jedoch erklärt: “Drastische Beschränkungen sind nicht die Lösung.”
Den Menschen müsse vielmehr klargemacht werden, dass das Problem längerfristig bleiben werde und sie lernen müssten, mit dem Virus zu leben und die Vorgaben weiterhin einzuhalten.
RND/bk/dpa