Klaus Stöhr soll Christian Drosten im Corona-Rat ablösen – wer ist der Virologe?
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Klaus Stöhr im Oktober 2020 zu Gast bei Markus Lanz.
© Quelle: imago images/teutopress
Ende April hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf Twitter bekannt gegeben, dass der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité den Sachverständigenausschuss zu Pandemiefragen verlässt. Nun soll es einen Nachfolger geben: Auf Vorschlag der CDU soll der Virologe Klaus Stöhr in das Gremium nachrücken, wie der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), am Donnerstag twitterte.
Stöhr stehe „für einen pragmatischen und unaufgeregten Corona-Kurs und für eine transparente, datenbasierte Evaluation der Maßnahmen der letzten 2,5 Jahre“, twitterte Sorge. Auf seinen Rat als „Virologe, Epidemiologe und langjähriger WHO-Praktiker“ sei Verlass.
Corona-Maßnahmen bewerten: große Aufgabe in wenig Zeit
Der Sachverständigenausschuss wurde extra einberufen, um die Wirksamkeit der von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Maßnahmen im Rahmen der mehrere Monate lang geltenden epidemischen Lage zu bewerten. Bis zum 30. Juni soll das Gremium laut Infektionsschutzgesetz einen Bericht dazu vorlegen. Dass Drosten aus dem Gremium zurückgetreten war, erklärte er damit, dass dessen Ausstattung und Zusammensetzung nicht für eine wissenschaftlich hochwertige Evaluierung ausreichten.
Zudem sei die Zeit ein Problem: Die Bundesregierung verlange von dem Ausschuss die „Herkulesaufgabe“, in zu kurzer Zeit Ergebnisse zu liefern. Auch der Vorsitzende des Gremiums, der Jurist Stefan Huster, hatte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt, dass es große Einhelligkeit in der Gruppe gebe, bis Ende Juni „keine wissenschaftliche Vollevaluation aller Maßnahmen“ leisten zu können.
Laut Informationen der „Welt“ sei der Ausschuss über Stöhrs Nachrücken angesichts des Zeitpunktes selbst verwundert gewesen. Denn bis zur Frist sind es nur noch wenige Wochen. Wie weit das Gremium in seiner Arbeit ist, ab wann Klaus Stöhr dort mitwirken werde und inwiefern er dort überhaupt noch unterstützen könne, ist unklar. Stöhr selbst wisse derzeit noch nichts über „das Prozedere zur Bestätigung seiner Berufung“, wie er der „Welt“ am Donnerstag sagte. Gegenüber der „Bild“-Zeitung sagte er, dass dies eine Möglichkeit sei, die Pandemiebekämpfung zu verbessern. „Der Bericht der Sachverständigenkommission wird hoffentlich einige der schweren Defizite der Pandemiebekämpfung in Deutschland aufzeigen.“
Wer ist Klaus Stöhr?
Der Virologe und Epidemiologe Klaus Stöhr hat 15 Jahre lang für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gearbeitet und unter anderem zu Sars- und Influenzaviren geforscht. Anschließend war er in der Impfstoffentwicklung tätig. Während der Pandemie trat er immer wieder als Kritiker von Maßnahmen auf. Beispielsweise sprach sich Stöhr sehr früh gegen das Schließen von Schulen aus und kritisierte, dass die Sieben-Tage-Inzidenz einen zu großen Einfluss auf politische Entscheidungen habe.
Stöhr hatte sich oftmals für weniger strenge Maßnahmen ausgesprochen, da sich ohnehin jeder mit dem Coronavirus infizieren werde. „Die Durchseuchung ist nun mal der Endzustand einer jeden Pandemie, egal ob man das mag oder nicht“, sagte er Mitte März im Gespräch mit RTL. „Die Anzahl der Infektionen, der Hospitalisierung steht letztendlich jetzt schon fest. Die kann man schnell hinter sich bringen, oder man schiebt es auf die lange Bank, dafür hat man sich in Deutschland entschieden.“ Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte er mehrmals für seine Arbeit kritisiert.
Andersherum hatte sich auch Lauterbach selbst abwertend über Stöhr geäußert. In einer Dokumentation des ZDF sagt er, dass in der Wissenschaft niemand auf die Idee käme, zu sagen, dass Stöhr ein Topvirologe sei und mit Drosten verglichen werden könne: „Natürlich ist es so, dass der FC St. Pauli und Bayern München beides Fußballmannschaften sind. Aber man würde doch den Unterschied erkennen können, und so ist es auch in der Wissenschaft.“
RND/mr mit dpa
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