Münster, Tübingen, Rostock: Wieso die drei Städte schon Corona-Inzidenzwerte unter 50 haben

Das Tübinger Modell wollen inzwischen viele Landkreise übernehmen: Notärztin Lisa Federle hat mit einem Team Ehrenamtlicher eine mobile Teststation in der Stadt etabliert, damit sich auch asymptomatische Corona-Infizierte ausfindig machen lassen.

Das Tübinger Modell wollen inzwischen viele Landkreise übernehmen: Notärztin Lisa Federle hat mit einem Team Ehrenamtlicher eine mobile Teststation in der Stadt etabliert, damit sich auch asymptomatische Corona-Infizierte ausfindig machen lassen.

Die Deutschlandkarte des Robert-Koch-Instituts (RKI) färbt sich langsam wieder etwas heller – von Tiefrot Richtung Hellrot, Orange und mancherorts auch schon Gelb. Ein Signal dafür, dass der Lockdown und das veränderte Verhalten der Menschen endlich Wirkung zeigen? Bundesweit lag der Inzidenzwert am Sonntag immerhin bei 111, vor einer Woche noch bei 146. Und ein Blick in die Regionen zeigt, dass 20 Landkreise bereits das politisch anvisierte Ziel erreicht haben. Sie meldeten diese Woche weniger als 50 Corona-Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner – und haben damit die politisch festgesetzte Grenze für mögliche Lockerungen überschritten.

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Die Infektionszahlen entwickelten sich in die richtige Richtung – seien aber immer noch auf einem zu hohen Niveau, sagten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und RKI-Präsident Lothar Wieler bei einer Pressekonferenz am Freitag. Die bundesweit sinkenden Zahlen machten Mut: Es zeige sich, dass wie im Frühjahr 2020 die Beschleunigung bei den Virusübertragungen durch menschliches Verhalten gestoppt werden könne.

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Die magische 50 erreichen? Das erfordert noch weniger Kontakte

Es dürfte allerdings in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich schnell erreicht werden.

Thorsten Lehr, errechnet Pandemieszenarien

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Thorsten Lehr, der an der Universität des Saarlandes Prognosen für das Infektionsgeschehen berechnet, prognostiziert: „Wir rechnen damit, dass bei einer erfolgreichen Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen eine weitere Kontaktreduktion um 30 Prozent möglich ist.“ Das sei mindestens erforderlich, um die 50er-Inzidenz bis Mitte Februar in Gesamtdeutschland zu erreichen.

„Es dürfte allerdings in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich schnell erreicht werden“, erklärte der Professor für Klinische Pharmazie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Je nach Ausgangslage könne beispielsweise Bremen bis zu drei Wochen vor Sachsen den Zielwert erreicht haben.

Viele Singlehaushalte in Münster

Inmitten von Gebieten mit hoher Inzidenz fallen derzeit vor allem Kleinstädte mit höherer Bevölkerungsdichte als „gelbe Flecken“ ins Auge. Woran könnte es liegen, dass die Corona-Übertragungen dort bereits weniger stattfinden als anderswo – trotz hoher Bevölkerungsdichte?

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In Nordrhein-Westfalen sticht Münster mit seinen 310.000 Einwohnern hervor, mit einer Inzidenz von 39,6 (Stand: 24. Januar). Das könnte unter anderem an günstigen Voraussetzungen der Universitätsstadt liegen, vermutet der Epidemiologe André Karch von der Universität Münster. „Wir haben sehr viele Singlehaushalte in Münster, sodass dann in diesem Bereich wirklich nur Arbeitskontakte neben anderen sozialen und privaten Kontakten überhaupt zur Übertragung beitragen können“, sagte der Experte dem ARD-Morgenmagazin.

Die notwendigen Schutzmaßnahmen greifen gut, weil die Menschen in Münster mitziehen.

Sprecherin der Stadt Münster

Nach Einschätzung der Stadt selbst „führt die hohe Identifikation vieler Münsteranerinnen und Münsteraner mit ihrer Stadt auch in dieser schwierigen Situation zu einem rücksichtsvollen Miteinander“, wurde dem RND auf Anfrage mitgeteilt. „Die notwendigen Schutzmaßnahmen greifen gut, weil die Menschen in Münster mitziehen.“ Alle Verantwortlichen seien sich aber auch der Tatsache bewusst, dass sich dies schnell wieder ändern kann und es deshalb notwendig sei, weiter vorsichtig zu bleiben.

Tübingen hat ein eigenes Testmodell

In Baden-Württemberg fällt Tübingen mit einer Inzidenz von 45,4 auf (Stand: 24. Januar). Die Stadt mit rund 89.000 Einwohnern macht mit einem eigens entwickelten Präventionsmodell Schlagzeilen. Entwickelt hat das die Notärztin Lisa Federle. Die zentralen Elemente: Die Bevölkerung sensibilisieren, kostenlose Taxifahrten für Risikogruppen, kostenlose FFP2-Masken und in allen Einrichtungen und Arbeitsstätten so viel wie möglich „testen, testen, testen“, betont die 59-Jährige gegenüber dem RND.

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Da filtern wir auch immer wieder asymptomatische positive Patienten heraus, und die stecken schon einmal niemanden mehr an.

Lisa Federle, Initiatorin mobiler Stationen mit kostenlosen Schnell- und PCR-Tests für alle

Seit Monaten biete sie mit einer Handvoll Ehrenamtlichen kostenlose Schnelltests und PCR-Tests für alle Menschen auf dem Tübinger Marktplatz an. „Da filtern wir auch immer wieder asymptomatische positive Patienten heraus, und die stecken schon einmal niemanden mehr an“, betont Federle die Vorteile so einer Teststrategie, die sie auch für andere Landkreise fordert. Man dürfe auch nicht vergessen, dass 90 Prozent der alten Menschen nicht in Heimen wohnten, sondern zu Hause. Beim Testen gebe es bundesweit „absolut noch Luft nach oben“.

Rostock kontrolliert Corona-Schutzkonzepte der Pflegeheime

Eine gelbe Insel in Mecklenburg-Vorpommern ist die Hansestadt Rostock mit ihren rund 208.000 Einwohnern – und einer Inzidenz von 37,3 (Stand: 24. Januar). Der dort amtierende Bürgermeister Claus Ruhe Madsen sorgte bereits Ende 2020 mit seinem „Sonderweg“ für Aufsehen. Er hatte früher als andere Landkreise rigoros mit Maßnahmen durchgegriffen: Schulen geschlossen, Homeoffice angeordnet, Veranstaltungen abgesagt – aber gleichzeitig auch für Öffnungen etwa von Restaurants mit Hygienekonzepten plädiert, bei strengen Kontaktbeschränkungen im Privaten.

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Das ist nun vorerst vom Tisch. Aber auch infolge eines größeren Ausbruchs in einer Pflegeeinrichtung in Warnemünde zeigte sich der Politiker diese Woche als jemand, der schnell durchgreift. Teilweise würden Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen nicht getestet oder wollten sich nicht testen lassen, sagte Madsen der „Ostsee-Zeitung“. „Und wir wissen auch, dass es Einrichtungen gibt, in denen Besucher zwar mit Maske, aber ohne Schnelltest ihre Angehörigen besuchen dürfen.“ Deshalb würde nun stärker denn je kontrolliert – auch unangekündigt.

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