Stiko empfiehlt neue Omikron-Impfstoffe – bleibt aber bei Altersgrenzen für zweiten Booster
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/QIO55AKHNRA6TG5VYFGYMR4UJE.jpeg)
Spritzen mit dem neuen an BA.1 angepassten Impfstoff von Moderna werden in einem Impfzentrum vorbereitet.
© Quelle: Sina Schuldt/dpa
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt, für weitere Auffrischungsimpfungen vorzugsweise die an Omikron angepassten Corona-Impfstoffe zu nutzen. Eine entsprechende Pressemitteilung hat das Expertengremium am Dienstagnachmittag auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts (RKI) veröffentlicht. An den Altersgrenzen für die Corona-Booster ändert sich dabei nichts. Die erste Auffrischungsimpfung ist nach Einschätzung der Stiko für alle Menschen ab zwölf Jahren ratsam, eine zweite dann für alle über 60‑Jährigen, Risikopersonen mit Vorerkrankungen, Pflegeheimbewohnende und medizinisches Personal.
Es gebe zurzeit keinen Anlass, diese Empfehlungen zu ändern, sagte Christian Bogdan, Mitglied der Stiko und Direktor des Mikrobiologischen Instituts – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene am Universitätsklinikum Erlangen, am Montag im Gespräch bei einer Veranstaltung des Science Media Centers (SMC). Ziel sei es weiterhin, so viele schwere und tödliche Covid‑19-Krankheitsverläufe wie möglich mit den Impfungen zu verhindern. „Dieses Ziel erreichen wir mit diesen gesetzten Altersgrenzen.“ Immungesunde Menschen unter 60 Jahren, die dreimal geimpft sind, bräuchten zurzeit keine weitere Auffrischungsimpfung.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/XOGJIPH4EZHJ5DYEZMXELK7JPY.jpg)
Die Pandemie und wir
Die wichtigsten Nachrichten, Erkenntnisse der Wissenschaft und Tipps für das Leben in der Krise - jeden zweiten Donnerstag.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Lauterbach: „Ab Mitte der Woche“ BA.5‑Impfstoff in den Arztpraxen
Am 1. September hat die EU‑Kommission die ersten Omikron-Impfstoffe der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Es handelt sich dabei um Vakzine, die an die Omikron-Variante BA.1 angepasst sind. Diese hatte noch zu Beginn des Jahres das Infektionsgeschehen in Deutschland dominiert. Mittlerweile ist jedoch der Omikron-Subtyp BA.5 vorherrschend. Auch gegen diese Virusvariante haben die Impfstoffhersteller entsprechende Vakzine entwickelt. Vergangene Woche haben Biontech und Pfizer eine entsprechende EU‑Zulassung für ihren BA.5‑Impfstoff erhalten.
Erste Chargen der BA.1‑Impfstoffe sind in Deutschland bereits verimpft worden. „Ab Mitte der Woche“ solle auch der an BA.5 angepasste Impfstoff in den Arztpraxen verfügbar sein, kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag auf Twitter an. Bis zum 3. Oktober soll Deutschland rund 19 Millionen Dosen des Präparats erhalten.
Bisherige Impfstoffe sind nicht unbrauchbar
Ob Impfwillige nun den an BA.1 oder den an BA.5 angepassten Corona-Impfstoff zum Boostern nutzen, spiele keine Rolle, sagte Stiko-Mitglied Bogdan. Obwohl der BA.1‑Impfstoff nicht auf der aktuell dominierenden Virusvariante basiert, kann auch er die Immunantworten gegenüber Omikron noch einmal deutlich steigern. Er verbessert sogar den Immunschutz gegenüber BA.5, wie die Zulassungsstudien der Impfstoffhersteller zeigen konnten. Unter 30-Jährige sollten dabei bevorzugt die Omikron-Impfstoffe von Biontech/Pfizer erhalten, über 30-Jährigen könnten auch das Präparat von Moderna nutzen.
„Wir müssen die Leute so immunisieren, dass sie nicht mehr schwer erkranken“, machte Bogdan deutlich, „und dafür ist jeder Impfstoff gut.“ Auch die auf dem Wildtyp des Coronavirus basierenden Impfstoffe, mit denen bisher geimpft wurde, könnten weiter verwendet werden. Denn sie schützen weiterhin gut vor schwerer Erkrankung und Tod. „Sie sind nicht verbannt und alles andere als schlecht.“
US-Präsident Biden erklärt Corona-Pandemie in den USA für beendet
Nach Angaben der US‑Gesundheitsbehörde CDC sterben in den Vereinigten Staaten jedoch weiterhin fast 400 Menschen pro Tag an einer Infektion mit dem Virus.
© Quelle: Reuters
Datenlage zu BA.5-Impfstoff ist zu schlecht
Die bisher genutzten Corona-Impfstoffe hatten zudem den Vorteil, dass die Stiko auf eine große Datengrundlage zurückgreifen konnte. Die klinischen Studien, die für eine Zulassung damals notwendig waren, umfassten mehrere Tausend Probandinnen und Probanden. Entsprechend gut konnte das Expertengremium die Wirksamkeit und Verträglichkeit beurteilen.
Bei den an Omikron angepassten Corona-Impfstoffen ist es anders. Die Datenmenge ist kleiner, vor allem beim BA.5‑Impfstoff. Während die BA.1‑Impfstoffe an Hunderten Menschen und mit Kontrollgruppen getestet wurden, stützt sich die Zulassung für das BA.5‑Vakzin von Biontech/Pfizer auf präklinische Untersuchungen mit Mäusen. „Das ist sicherlich ein Schwachpunkt“, merkte Bogdan an. Dass es keine Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit beim Menschen gebe, darüber sei auch die Stiko „unglücklich“. „Und uns ist nicht klar, warum die noch nicht vorliegen.“
Stiko-Mitglied: Weitere Daten notwendig
Doch warum hat die Ema den BA.5‑Impfstoff überhaupt zugelassen? Das hat vor allem einen Grund: Der Impfstoff ähnelt dem an BA.1 angepassten, und dieser hat sich in den klinischen Tests als gut verträglich und wirksam erwiesen. Dementsprechend erwartet die Ema auch vom BA.5‑Vakzin eine gute Wirksamkeit. Die Tests an Mäusen konnten dies bestätigen.
Die mangelhafte Datenlage könne kein Dauerzustand sein, monierte Jörg Meerpohl, Direktor des Instituts für Evidenz in der Medizin am Universitätsklinikum Freiburg, im SMC-Gespräch. Bei einem neuen Virus und einem neuen Impfstoff hätte man auf dieser Basis keine Impfempfehlung aussprechen können, stellte er klar.
„Die Stiko fordert die Impfstoffhersteller ausdrücklich auf, Postmarketing Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit der Varianten-adaptierten Impfstoffe zu liefern und zu veröffentlichen“, heißt es in der Pressemitteilung des Expertengremiums. Die Datenlücke schnellstmöglich zu schließen, ist auch wichtig, um bewerten zu können, wie gut der BA.5‑Impfstoff vor Ansteckungen schützt und mit welchen potenziellen seltenen Nebenwirkungen er einhergeht. Bislang kann das Expertengremium dazu nur begrenzt Aussagen treffen. Sobald neue Daten vorliegen, würden diese genau bewertet werden, kündigte die Stiko an.